ACHT

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SARINA

 Mein Blick flog über das köstliche Essen auf dem Tisch. Der Geruch stieg mir permanent in die Nase. Spaghetti Bolognese mit Caesar Salad und zum Nachtisch Schokoladenpudding, auf dem sich zur Deko ein Häufchen Sahne befand. Mein Appetit stieg weiter an. Fast ununterbrochen knurrte mein Magen. Bis sich die beiden Frauen blicken ließen, konnten wir leider nicht anfangen.

Aus Höflichkeit wartete man normal mit dem Essen.

Sofia neben mir schien es nicht anders zu gehen. Nicht mehr lange, dann stand sie auf, um ihre Schwägerinnen zu holen. Ungeduld lag definitiv in dieser Familie. Obwohl ich sagen musste, in diesem Fall lag es auch am Hunger.

Dass Sofia die Frauen holen ging, dazu würde es nicht kommen. Die Doppeltür ging auf. Eine dunkelbraunhaarige Frau betrat das Esszimmer. Ihrem Aussehen nach zu urteilen, kam sie aus Südamerika, Mexiko, Italien, Portugal oder auch aus Spanien.

Die junge Frau war eine echte Naturschönheit, das stand außer Frage. Volle Lippen, perfekte Nase, keine Unreinheiten auf ihrer sonnengeküssten Haut, keine Augenringe und dichte Wimpern um ihre dunkelbraunen Augen. Ihre Figur, von der konnte man nur träumen. Ungefähr meine Größe, vielleicht etwas kleiner. Kurven. Größere Brüste als der Durchschnitt.

Eine Frau mit hellen kupferroten Haaren folgte ihr. Als diese mich entdeckte, spiegelte sich in ihren hellblauen Augen Neugierde.

Ich konnte nicht genau einschätzen, ob sie aus den USA, Irland, Schottland oder Osteuropa kam. Rotes Haar. Blasse Haut. Sommersprossen. Alles konnte auf Irland, sowie Schottland hinweisen. Ihre ausgeprägten Wangenknochen, ihre vollen Lippen und ihre schlanke Figur ließen mich wiederum glauben, sie käme aus Russland. Egal, aus welchem Land die Rothaarige stammte, sie erinnerte mich an Sophie Turner, als sie rote Haare hatte und Irina Shayk zusammen.

Beide Frauen kamen zu uns an den Tisch gelaufen. Sie setzten sich auf die Plätze gegenüber von Sofia und mir.

Als sich die Rothaarige leicht zur Seite drehte, fiel mir wegen ihres Schlauchkleides eine Wölbung auf. Durch ihren schlanken Körper konnte man eine Schwangerschaft vermuten. Nur hieß es nicht gleich immer, dass eine schlanke Frau mit einer Wölbung schwanger war. Trotzdem sah ihr Bauch in diesem Fall aus, als wuchs ein Baby in ihm.

Sie lächelte mich freundlich an. »Carlotta«, stellte sich die Rothaarige bei mir vor. Ihre Stimme klang aufrichtig, nicht falsch. Schon mal keine hinterhältige Bitch, die mir etwas Schlechtes wollte. Sonst würde mein Leben hier noch beschissener werden. »Sarina, aber jeder nennt mich Sina«, erwiderte ich genauso freundlich. Wer mich nett behandelte, der wurde ebenfalls nett von mir behandelt.

Mein Blick wanderte zu der Braunhaarigen. Sie sah es als stille Aufforderung, mir ihren Namen zu verraten. »Marife.«

»Freut mich. Irgendwie.« Mist, das kam falsch rüber.

Marife zog fragend die Augenbraue in die Höhe. »Das sollte nicht so klingen und war erst recht nicht persönlich gegen dich – euch – gerichtet. Das hier fühlt sich alles so surreal an. Gestern war mein Leben noch normal. Jetzt sitze ich an einem Tisch mit drei fremden Frauen und soll ein Kleid für meine Hochzeit aussuchen. Eine Hochzeit, die ich nicht will.« Meine zukünftigen Schwippschwägerinnen rissen geschockt ihre Augen auf. Sie wussten wohl bis gerade nichts davon.

»Warte mal. Du willst Iván nicht heiraten?«, fragte mich Carlotta ungläubig. Ich nickte stumm. Der Appetit verging mir schlagartig. Plötzlich war da nur noch Übelkeit.

»Wusstest du die ganze Zeit davon?«, sprach Marife Sofia im selben fassungslosen Ton an. »Na ja, über die Monate bekam ich mit, wie er das ein oder andere Mal über Sina sprach. Letzte Nacht kam Iván dann mit einer bewusstlosen Frau nach Hause. Ich wusste sofort, wer die Frau war. Sina.«

»Und da dachtest du nicht einmal daran, uns etwas zu erzählen?«, kam es von Carlotta. »Enrique hatte dir doch auch nichts erzählt. Er ist mehr derjenige, der dir solche Sachen erzählen sollte. Nicht ich.« Carlotta war also Enriques Ehefrau. Vom Optischen passten sie zusammen. Wie das im Inneren aussah, konnte ich nicht einschätzen. Die beiden waren freiwillig miteinander verheiratet, somit mussten sie ja auf irgendeine Weise zusammenpassen.

»Этот мудак. Er sollte hoffen, dass ich meine nervigen Hormone später im Griff habe. So etwas verschweigt man seiner Ehefrau nicht.« Dieses Arschloch.

Egal auf was für einer Sprache sie ihren Mann sehr wahrscheinlich beleidigt hatte, es bestätigte meine Vermutung, sie stammte aus einem osteuropäischen Land. Mit den anderen Worten außerdem ihre Schwangerschaft.

Marife schaute die Rothaarige amüsiert an. »Ich finde ja, du übertreibst ein wenig. Hast du schon mal daran gedacht, dass Iván sein Vorhaben einfach geheim halten wollte? Enrique hat seinen Wunsch respektiert.«

»Das liegt an der Schwangerschaft«, giftete Carlotta. Nur wenige Wimpernschläge vergingen, da bemerkte sie ihren zickigen Ton. »Tut mir leid. Momentan bin ich nicht ich selbst. Ich bin dauerhaft müde, habe immer schlecht Laune, dasselbe gilt für Hunger. Durch den Geruch von Essen wird mir trotz des Hungers schlecht. Ein ewiger Kreislauf, der nicht aufhören will. Und dann noch die Suche nach einem neuen Haus, was sich als schwierig herausgestellt hat. Lasst das bloß sein, mit dem Kinder bekommen.« Sie fuhr sich vom Kopf aus durch ihr langes Haar. »Ich finde, ihr solltet alle viele Kinder bekommen. Je mehr, desto besser.« Mein Magen zog sich zusammen. Ich würgte, konnte gerade noch so den restlichen Mageninhalt in mir behalten. Nun war das Essen ganz für mich gelaufen. Würden sie nicht gleich aufhören, über das Thema Kinder zu reden, übergab ich mich auf dem Tisch.

»Verdammt Sina, ich habe nicht daran gedacht.« Sofia wandte sich mir zu, schaute mich besorgt an. »Du wirkst für mich wie eine starke Frau, wie jemand, der sich nicht schnell unterkriegen lässt. Trotzdem hätte ich feinfühliger sein sollen. Was mein Bruder macht, ist nicht richtig. Wenn es eine Möglichkeit gebe, ihn davon zu überzeugen dich in Ruhe zu lassen, würde ich sie sofort ergreifen. Die gibt es aber nicht. Er will dich als seine Frau, egal wie und daran wird niemand etwas ändern können. Deshalb habe ich dich einfach mit einbezogen«, versuchte sie sie zu erklären.

»Schon okay, ich will einfach nicht weiter darüber reden. Essen und danach schnell nach Kleidern suchen, klingt besser.«

Señora Hernández - Der Anfang vom EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt