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Ich sitze auf dem karamellfarbenen Samtsofa in Stefanos Wohnzimmer und höre meinen Brüdern dabei zu, wie sie sich in der Küche über meine Zukunftspläne streiten.

Obwohl Stefanos Openrsängerstimmte eindeutig mehr Klangfülle besitzt, ist es Armando den man am lautesten schimpfen hören kann. Als etwas klirrend zu Bruch geht zucke ich nichtmal zusammen, sondern stehe auf und schleiche mich in Richtung Küche.

"Lonia. Bleib im Wohnzimmer." Stefano stellt sich auf Zehenspitzen um über Armandos Schulter blicken zu können. Doch der drängt ihn erbarmungslos Richtung Fenster. Stefano ist um Einiges kleiner und schmächtiger als er. "Hör auf," brülle ich viel zu laut. Armando fährt herum." Da siehst du wozu du mich treibst." Die Ader an seiner Stirn droht jeden Moment zu platzen, so stark ist sie hervorgetreten.

"Was bringt es, wenn du ihn verprügelst?"

Armando hält inne." Denkst du etwa, ich würde meinen eigenen Bruder verkloppen? Noch dazu wo er so ein wehrloser Zwerg ist? Nicht jeder ist bereit, seine Ehre so schnell zu opfern wie du Schwesterherz. "

Stefano nutzt die Gelegenheit, um sich an ihm vorbeizudrängen. Er zieht mich an sich. Sein Oberkörper ist schweissnass. "Du bist Irre," keucht er. Einfach nur Irre. Was ist dein verdammtes Problem? Sie will nur in eine WG ziehen und studieren, so wie jeder normale Mensch irgendwann seinen eigenen Weg einschlägt."

"Ich habe kein Problem. Ich möchte nur nicht das sie etwas tut das sie später bereuen wird." Armando deutet mit dem Kinn auf mich.

"Sie ist erwachsen, verdammt." Stefano betont das Wort wie eine Vokabel die unser Bruder sich einfach nicht merken kann.

"Ja, Ja. Erwachsen. " Armando winkt ab. "Erst wollen sie unbedingt älter werden und dann verkehrt sich das Ganze ins Gegenteil . Sie wünschen sich ihr jüngeres ich herbei um es davon abzuhalten all die Fehler zu begehen die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Das Leben ist so verdammt deprimierend, wisst ihr das eigentlich?" Er holt tief Luft und öffnet eine Tür zum Gläserschrank um ein Weinglas herauszunehmen. Herausfordernd zieht er die Augenbrauen hoch und hält es Stefano unter die Nase.

"Wein, bitte".

"Du musst noch fahren. Denk nicht, das ich dich hier pennen lasse nach der beschissenen Aktion."

"Ich schlafe bei Lilly. Sie holt mich ab. "

"Wow," stosse ich hervor. "Du hast echt nerven."

"Nein hab nicht nicht , du hast sie mir allesamt geraubt." Er schiebt sich eine geelharte Strähne aus der Stirn, die sofort wieder zurückfällt.

Plötzlich empfinde ich Mitleid mit ihm. Er will nur das Beste für mich. Doch er begreift nicht, das er mir damit mehr schadet als er ahnt.

Ich nehme ein Kehrblech aus dem Schrank unter der Spüle und beginne die Scherben der chinesischen Vase zusammenzukehren, die Stefano von unserer Mutter geerbt hat. Das zweite Mal in zwei Tagen, das etwas meinetwegen in Scherben zerfällt. Entweder ich habe bald großes Glück, oder das Ganze ist nur der Auftakt zu einer Misere, an der ich selbst irgendwann zerbrechen werde.

Mit einem Seufzer geht Stefano zum Weinschrank und holt eine Flasche heraus. Ich lasse die Scherben vom Kehrblech in den Mülleimer gleiten. Meine Brüder folgen den verschwindenden Scherben mit den Augen . Schweigen jedoch. Kein Vorwurf, aber auch kein Wort des Bedauerns wird ausgesprochen. Und erst Recht keine Entschuldigung.

"Ein Sizilianer?" Armando greift nach der Flasche und studiert das Etikett. Dann nickt er, nimmt den Korkenzieher den Stefano ihm reicht und dreht den Korken heraus .

Wie ein Alkoholiker nimmt er zuerst einen großen Schluck direkt aus der Flasche, bevor er sich gluckernd einschenkt .

"Ahhh, der ist gut." Mit Flasche und Glas geht er voraus ins Wohnzimmer und lässt sich auf dem Sofa nieder .

PromiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt