7. Kapitel

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Ria

Nervös trommle ich mit den Fingern auf den Tisch. Nachdem der gestrige Schock überwunden ist, müssen meine Eltern und ich entscheiden, wie es nun mit meiner Großmutter weitergeht. Ihr Auftauchen hat uns alle überrascht und durcheinandergebracht. Nur Nathan spielt das alles in die Karten. Er lacht sich wahrscheinlich ins Fäustchen, weil ich jetzt gezwungen bin mit ihm zu reden. Ich konnte am Montag ihm nicht länger zuhören, weil...weil es einleuchtend war, was er gesagt an. Es gab überhaupt keine Wette, mich flachzuglegen. Und da stellt sich mir jetzt die Frage, wofür hat er noch eine logische Erklärung? Ich komme mir so blöd dabei vor. Habe ich ihn zweieinhalb Wochen grundlos auf Abstand gehalten? Kann ich ihm vertrauen, wenn er mir irgendwelche Geschichten erzählt?

Ich schaue ungeduldig auf die Uhr. Viertel vor drei. Nur einen kurzen Moment später kommt schon meine Mum ins Sunny's. „Wie geht es dir?", frage ich sie und ziehe sie neben mich auf den Stuhl. Ich will damit verhindern, dass sich Nathan neben mich setzt. Mum streicht sich die Haare aus dem Gesicht. „Es geht schon. Ich habe das Gefühl, meine Mutter will uns wirklich einfach nur mal sehen. Solange wir es vermeiden können Themen anzusprechen, die sie nutzen könnte, uns schlecht zu machen, sollte das doch eigentlich funktionieren.", antwortet sie mir. Sie versucht es mit einem halbherzigen Lächeln. Ich drücke ihre Hand. „Ja, das müsste funktionieren.", sage ich. Immer positiv denken. Ich will meiner Mum nicht die Hoffnung nehmen.

Ich dachte es wäre am schwersten, wenn Nathan neben mir sitzt. Doch als er sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen lässt, wird mir klar, dass ich ihn die ganze Zeit anschauen kann. Und ich sehe ihn heute mit ganz anderen Augen als die letzten zwei Wochen. Er sieht unheimlich gut aus. War er schon immer so sexy? Er sieht mich reserviert an und begrüßt mich kurz. Sein Unbehagen könnte aber auch daran liegen, dass Mum ihn nicht sonderlich freundlich gestimmt ist. Sie hatte ihn wirklich gemocht und dann bricht er mir das Herz. Sie ist von ihm enttäuscht. Und sie will mich beschützen.

Genauso wie Dad. Allerdings irritiert es mich, dass er Nathan nur auf die Schulter klopft und sich neben ihn setzt. Hallo? Wo ist seine Wut auf ihn hin? Er hat ihn in den Innendienst versetzt. Er hätte ihn am liebsten auf eine andere Wache verfrachtet. Und jetzt begrüßt er Nathan mit einem freundschaftlichen Schulterklopfen? Was läuft hier schief? „Alles in Ordnung, Mäuschen?", fragt mich Mum. Nathans Mundwinkel zucken leicht. Ich starre ihn finster an. Ich kann doch auch nichts für diese blöden Spitznamen.

Ich nicke. Sie ist vermutlich viel zu sehr mit Großmutter beschäftigt und merkt diese Harmonie zwischen Dad und Nathan nicht. „Also, Meggi und ich sind uns einig, dass wir diese zwei Wochen über uns ergehen lassen. Wir teilen die Tage auf, sodass jeder ein bisschen Zeit mit ihr verbringt. Und wenn sie wieder weg ist, dann werden wir feiern, dass wir noch am Leben sind.", sagt Dad. Das wäre vermutlich das Vernünftigste. „Wie jetzt? Ich dachte wir schmieden einen Plan, wie wir sie so schnell wie möglich loswerden.", wirft Nathan verwirrt ein.

„Nein, das werden wir nicht. Das wäre unreif.", faucht meine Mum beinahe. Ihr Ton klingt kalt und sie schaut ihn einen Moment länger als nötig an. Sie hat ihn gerade als unreif bezeichnet. Nathan ist das auch aufgefallen und ihm steht für einen kurzen Moment der Mund offen. Dann huscht sein Blick zu mir und ihm scheint einzuleuchten, warum meine Mum nicht mehr über seine Bemerkungen kichert, als wäre sie ein Teenager. Unter dem Tisch drücke ich ihre Hand. Dad räuspert sich.

„Dann wäre das geklärt. Wo befindet sich Felicitas gerade?", fragt er. „Ich habe Ms. Franklin gebeten sie zu Kaffee und Kuchen einzuladen.", erklärt Mum. „Dann dürfte sie da nicht so leicht wegkommen.", bemerkt Nathan. Kann er nicht irgendwas Hilfreiches sagen? Ich suche einen Zettel und Stift aus meiner Handtasche. „Ich übernehme sie morgen Nachmittag.", opfere ich mich. „Ich habe ihr gesagt, du arbeitest morgen lang.", sagt Nathan und schaut mir ins Gesicht. Sein Blick ist sachlich, aber es liegt noch etwas anderes darin, dass mich meinen Blick abwenden lässt. Ist es Offenheit?

Inmitten... Teil 3 - Nathan & RiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt