9. Kapitel

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Ria

Mein Ausbruch ist mir mega peinlich. Aber es ist gerade einfach alles zu viel. Meine Großmutter, Nathan und dieses Gespräch hier und diese unheilvolle Überraschung heute Morgen im Briefkasten. Zusätzlich bekomme ich in ein paar Tagen auch noch meine Periode. Ich bin nervlich am Ende. Warum habe ich noch mal das Gespräch mit Nathan so lange herausgezögert? Es war eine saublöde Idee. Ich brauche jetzt erstmal etwas Süßes. „Weißt du welchen Nachtisch sie hier haben?", frage ich Nathan. Ich sehe an seiner Mimik, dass er mit unserem Gespräch weiter machen will. Die Unterbrechung will er nicht. Aber ich brauche das jetzt.

„Hausgemachtes Tiramisu. Wirklich lecker. Aber die Portionen sind wirklich groß.", antwortet er mir dennoch. Er schielt auf meinen Rest Pizza. Es leuchtet ihm vermutlich nicht ein, dass ich einen Nachtisch haben will, wenn ich noch nicht mal meine Pizza aufgegessen habe. „Teilen wir uns eine Portion?", frage ich hoffnungsvoll. Nie im Leben packe ich eine alleine. Er nickt und winkt die Bedienung heran. Ich male Linien in das Kondensationswasser auf meinem Wasserglas. Am liebsten würde ich mir noch einen Wein bestellen, aber ich habe Nathans warnenden Blick gesehen. Es ist auch besser, wenn ich nicht vollkommen betrunken bin.

Die Stille, die sich zwischen uns ausbreitet, ist schon beinahe grausam. Ich weiß absolut nicht, was ich sagen könnte. Meinerseits habe ich alles gesagt. Nathan räuspert sich. „Also...wollen wir erst essen, oder kann ich anfangen?", fragt er. Ich weiß nicht, ob ich dafür bereit bin. „Wenn ich ehrlich sein soll, kommt es mir vor, als würdest du Zeit schinden.", fügt er hinzu. „Wovor hast du Angst, Ria?" Ich schlucke einmal. Ich fühle mich in die Enge getrieben. Wovor ich Angst habe? Vor einer Menge. Davor, dass er plausible Erklärungen für sein Verhalten hat, davor, dass er mich doch noch abserviert und die lass-uns-Freunde-sein-Karte ausspielt. Und ich habe Angst davor, was der Brief noch alles zum Rollen bringt.

Ich atme einmal tief durch. Es macht keinen Unterscheid, ob er jetzt oder in zehn Minuten anfängt. Es führt kein anderer Weg vorbei. Ich muss hier durch. „Schieß los." Ich versuche es mit einem Lächeln. „Okay." Er nickt und deutet auch ein kleines Lächeln an. „Unser Moment, unser Kuss in meinem Garten hat mir die Augen geöffnet. So etwas hatte ich davor noch nie erlebt und ich habe ein paar Tage gebraucht, um es zu verstehen. Es wurde mir klar, dass ich nicht ehrlich zu dir war. Und zu mir selbst auch nicht.", sagt er. Was will er damit sagen? Kann er nicht einfach Klartext reden? „Komm auf den Punkt Nathan.", sage ich barscher als beabsichtigt.

Er kneift für einen kurzen Moment die Augen zusammen. Ich bekomme sofort ein schlechtes Gewissen. „Es...es tut mir leid. Ich wollte nicht...Ich werde dir zuhören.", entschuldige ich mich. Ich fahre mir über die Stirn. Mann, ich bin sowas von am Ende. Zum Glück kommt in diesem Moment das Tiramisu. Ich schöpfe mir ein paar volle Löffel hintereinander in den Mund, bis ich wohlig aufseufze. Gott, ist das gut. Eine Wohltat für die Seele. Ich entspanne mich ein bisschen. „Langsam, Ria. Die Mascarpone haut richtig rein.", warnt mich Nathan. Ich schlucke den letzten Bissen herunter und nicke. Ich zeige mit dem Löffel auf ihn. „Rede weiter.", fordere ich ihn auf.

„Rückblickend kann ich sagen, dass ich mich in dich verliebt habe. Diese Gefühle waren schon länger da, als ich wahrhaben wollte.", sagt er. „Und seit wann soll das gewesen sein?", frage ich. Nur, falls er die Wahrheit sagt. Nathan fährt sich durch die Haare. „Ich weiß nicht so genau. Aber es muss zwischen Ivonnes Abgang und den Qualifies gewesen sein. Da bin ich mir sicher." Jetzt lege ich den Löffel doch weg und verschränke die Arme vor der Brust. Er will mich verarschen, oder? „Hör mit bitte weiter zu.", sagt er, als er meine ungläubige Miene sieht.

„Du hattest diese Stromaggregat angemacht, das hat mich beeindruckt und dann haben wir das Wochenende mit Emily verbracht. Und dann haben wir das Geheimnis des Chiefs herausgefunden. Ich verbringe so gerne Zeit mit dir Ria." „Bei mir auf der Couch, war das für dich mehr als nur ein Spiel?", frage ich. Ich weiß noch nicht, wie ich seine Worte einordnen soll. Das macht alles keinen Sinn. „Rückblickend betrachtet, ja. Aber zu diesem Zeitpunkt habe ich diese Anziehung zwischen uns als Grund vorgeschoben. Hätte mir jemand gesagt, ich wäre in dich verliebt, ich hätte ihm den Vogel gezeigt."

Inmitten... Teil 3 - Nathan & RiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt