Inmitten... Teil 3 - Nathan & Ria

21. Kapitel

Ria

„Und willst du noch mal mit ihm reden?", fragt Anne Ella. Unsere Sportstunde fällt heute aus und stattdessen machen wir einen Mädels-Abend. So richtig mit Süßigkeiten und Klatsch. Und so, wie es aussieht, haben ihn Ella und ich bitter nötig. Sie hat uns erzählt, wie Jonas mit ihr Schluss gemacht hat. Meine Wut auf Nathan hat das keinesfalls gemindert. Im Gegenteil. Ich bin froh, dass ich ihn noch zappeln lasse. Da hilft auch nicht der schöne Blumenstrauß, den er mir heute geschickt hat.

„Nathan hat sich heute noch mal bei mir mit Blumen entschuldigt und angeboten sich auch bei Jonas zu entschuldigen, aber..." „Aber was?", frage ich nach. Sie zuckt zögernd mit den Schultern. „Ich hatte den hier heute im Briefkasten und ich glaube irgendwie, dass es Schicksal ist." Ella zieht einen Brief aus ihrer Handtasche. „Was ist das?", fragt Jenny neugierig und wirft sich ein paar Gummibären in den Mund. „Als das mit Nick aus war, habe ich mich im zweiten Standort der Kanzlei für ein Austauschprojekt beworben. Für ein Jahr würde ich weggehen und mein Leben auf die Reihe kriegen. Da die Bewerbungsfrist knapp war, habe ich schnell meine Bewerbung abgeschickt. Eigentlich war es eine Kurzschlussreaktion. Und ich habe das auch nicht weiter verfolgt.", erzählt sie.

„Und das hier ist eine Zusage?", fragt Anne und deutet auf den Brief. „Ja, ist es.", sagt Ella. Für einen kurzen Moment ist es still, indem jeder von uns überlegt, was das jetzt genau bedeutet. „Du willst also aus der Situation fliehen?", fragt Jenny schließlich. Ella schüttelt wild mit dem Kopf. „Es ist keine Flucht. Ich brauche einfach einen Neuanfang. Ich habe es hier wirklich versucht, aber Nick ist überall. Ich kann nicht nach vorne blicken, wenn er ständig da ist. Dafür haben wir zu viel zusammen erlebt. Und ich glaube, es ist Schicksal. Jonas schießt mich ab und beinahe zeitgleich kommt dieser Brief. Das muss doch ein Zeichen sein."

„Ziest du das wirklich in Erwägung?", frage ich geschockt. Ich will nicht, dass sie geht. Sie ist mir in diesen paar Monaten zur richtigen Freundin geworden. Ella sieht mich schuldbewusst an. „Ich glaube schon." Jenny stößt mir einen Ellenbogen in die Rippen. Ich weiß, dass ich egoistisch bin, aber... „Ella, das musst du für dich selbst entscheiden. Und wir wollen dich hier auch nicht beeinflussen. Wenn du denkt, dass es der nächste Schritt für dich ist, dann solltest du das machen.", sagt Anne mitfühlend. Sie ist die Älteste hier und schlägt einen vernünftigen Tonfall an. „Aber wir würden dich alle schrecklich vermissen.", fügt sie lächelnd hinzu.

„Das macht es mir nicht gerade einfacher.", sagt Ella seufzend. Sie hat dennoch ein leichtes Lächeln auf den Lippen. „Danke, dass ihr das so gut aufnehmt." Ich nehme eine Hand voll Chips, um nichts Falsches zu sagen. Besser ich kaue auf etwas herum. „Ich weiß ja, dass Nick immer noch hier ist, wenn ich wieder komme, aber ich muss einen freien Kopf bekommen. Nick und ich...wir werden für immer miteinander verbunden sein. Keine Frage.", versucht sich Ella zu rechtfertigen.

„Weil ihr so lange zusammen wart?", fragt Jenny zweifelnd. Das ist mal wieder so typisch Jenny. Anne und Ella sehen sie verständnislos an. „Was?", fragt Jenny unwissend. Sie hatte noch nie eine ernste feste Beziehung mit einem Mann. Bei dieser Unterhaltung sollte sie sich lieber zurückhalten. „Ich werde immer eine Verbindung zu Nick haben. Zum einen, weil ich über zehn Jahre eine Beziehung mit ihm geführt habe und weil ich mein erstes Mal mit ihm hatte. Das wird uns für immer verbinden.", sagt sie. Es schwingt ein scharfer Unterton mit. Jenny muss jetzt aufpassen, was sie sagt.

„Ich verbinde nichts mit dem Typen, mit dem ich mein erstes Mal hatte. Ich glaube, ich kann mich noch nicht mal an sein Gesicht erinnern.", sagt Jenny teilnahmslos. Ich kaufe ihr das nicht ab. Sie kann sich mit Sicherheit an ihn erinnern. Ella holt empört Luft. Bevor ich eingreifen kann, geht Anne dazwischen. „Es gibt tatsächlich beide Szenarien. Ella dich verstehe ich vollkommen, ich verbinde auch romantische Gefühle mit dem ich mein erstes Mal hatte. Aber es gibt eben auch Fälle wie Jenny oder Jonny..."