26. Kapitel

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Einige Herzensschläge später beschloss ich schließlich das Zimmer zu betreten, nachdem er mich eh schon bemerkt hatte, und schloss die Tür hinter mir. Zuerst standen wir uns nur schweigend gegenüber, glücklich darüber den jeweils anderen wieder zu sehen, bis Tertius auf mich zu kam und mich in seine Arme schloss. Erleichtert erwiderte ich die Umarmung. "Lucy.. ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist.", murmelte er erleichtert an mein Ohr. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Doch dann fiel mir das mit dem Dämon vor dem Fenster wieder ein und ich verstand. Tertius wusste bereits, dass Dämonen hier ihr Unwesen trieben. Deshalb war er ja auch hier. "I-Ich musste heute Nachsitzen.. und als ich mal aus dem Fenster geschaut habe, hab ich draußen einen Dämon gesehen..", begann ich stotternd zu erzählen. Tertius nickte nur wissend. "Was hatte das zu bedeuten? Weshalb sind die wieder in der Menschenwelt?", harkte ich fassungslos nach. Tertius sog scharf die Luft ein. "Lucy setz dich mal bitte..", meinte er dann, ging auf mein Bett zu, ließ sich nieder, bevor er schließlich auffordernd mit einer Hand neben sich klopfte. Zögernd gehorchte ich und setzte mich neben ihn. "Also.. Luzifer, du weißt schon der Dämonenkönig, der Teufel...", fing er an, bevor er eine längere Pause machte. Ungeduldig nickte ich. "Ja, und weiter? Komm zum Punkt!!, drängte ich nervös. "Na ja...", erwiderte er unsicher und kratzte sich ratlos am Hinterkopf. "Jetzt sag schon!!", drängte ich nun nur noch mehr und schlug ihn leicht gegen den Oberarm. "Ist ja gut.", gab er sich schließlich seufzend geschlagen. "Aber das was jetzt kommt wird dir nicht gefallen.", warnte er noch und ignorierte absichtlich meinen inzwischen ziemlich verärgerten Blick. "Luzifer hat uns mitgeteilt, dass sie nun auf der Suche nach einem anderen Menschenmädchen sind.", erzählte er ernst. "Und welches wäre das?", fragte ich. Nachdem ich das sagte, musterte er mich lange Zeit schweigend. Das machte mir Angst...
"Deine Freundin Sophie.", verkündete er nach einer Ewigkeit ruhig. Ich fiel aus allen Wolken. Entsetzt starrte ich ihn an. "WAS?!", schrie ich ebenso. Sofort legte er mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. "A-Aber wieso war dieser Dämon dann noch um diese Uhrzeit vor der Schule? Sophie musste doch garnicht Nachsitzen!", fiel mir ein. "Das weiß ich nicht. Vielleicht war er dort auf der Suche nach ihr.", erwiderte Tertius. "Und was ist, wenn..", fing ich an, doch ich konnte den Gedanken nicht zu ende sprechen, da er einfach zu schrecklich war. Augenblicklich wurde mir schlecht vor Angst. Was ist wenn sie Sophie bereits geschnappt haben? Doch als ich diese anrief, um zu checken, ob alles in Ordnung war, ging es ihr gut und war wohlauf zu Hause. Erleichtert darüber ließ ich nach dem Telefonat mein Handy sinken. Tertius, der wohl merkte, dass mir das Ganze ziemlich zu schaffen machte, schloss mich behutsam in die Arme. "Mach dir keine Sorgen. Zusammen schaffen wir das. Wir lassen die Dämonen ganz bestimmt nicht an deine Freundin. Diesmal sind sie definitiv zu weit gegangen.", versuchte er mich aufzumuntern. Leise schniefte ich. "Und wie. Die spinnen doch total.", schnaubte ich dann. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. "Da hast du recht.", stimmte er mir zu. Und so fingen wir an Pläne zu schmieden, wie sie Sophie nicht bekommen konnten.

Doch so sehr wir uns auch anstrengten, irgendwie fiel uns einfach kein guter, geschweige denn ansatzweise sinnvoller Plan ein. So gaben wir nach einer Weile auf, so wie ich meinen Aufsatz aufgab, und sahen uns stattdessen einfach nur an. "Was machen wir jetzt?", brach Tertius schließlich die Stille. Und dann kam mir eine Idee. "Ich könnte dich meiner Mum vorstellen und wir könnten ihr die jetzige Lage schildern. Und dann könnten wir uns gemeinsam was überlegen.", sprudelte ich also hervor. "Hmm.." Tertius schien zu zögern. "Komm schon! Meine Mum weiß über euch Bescheid und nur zu zweit schaffen wir das nicht!", quengelte ich eindringlich. "Ich weiß.", erwiderte er. Ob er damit jetzt das mit Mum oder das, dass wir es nicht alleine schaffen konnten meinte, wusste ich nicht. "Na schön.", gab er aber dann nach und seufzte.
Und so gingen wir schließlich runter und ich stellte Tertius meiner Mum vor. Zuerst war sie überrascht von seiner Anwesenheit, doch nach einer Weile gewöhnte sie sich an ihn. Nachdem wir ihr dann das mit Sophie erzählten, war sie genauso entsetzt wie ich und versprach sofort uns zu helfen. Und so überlegten wir gemeinsam weiter was wir unternehmen könnten.

Zwei Stunden später standen wir vor Sophie's Haus und suchten die Umgebung nach Dämonen ab. Mum war auch mitgekommen, obwohl sie außer Tertius keine anderen Feenwesen, geschweige denn Dämonen, wahrnehmen konnte. Aber sie bestand darauf, uns bei dieser äußerst heiklen Mission behilflich zu sein. Und außerdem war es ja meine Idee gewesen sie in diese Sache miteinzubringen. "Sind irgendwelche Dämonen in Sicht?", fragte sie schließlich und reckte den Kopf in alle möglichen Richtungen. "Nein.", gab ihr Tertius Auskunft und ich bestätigte dies mit einem Kopfschütteln. Gerade waren wirklich keine in Sicht und im Haus ist es auch vollkommen ruhig. Das wirkte beinahe verdächtig. "Denkt ihr, sie wissen wo Sophie wohnt?", fragte ich nach einer Weile. "Ganz sicher. Dämonen informieren sich bei sowas ziemlich gründlich. Als sie dich wollten, wussten sie schließlich auch wo du wohnst.", erwiderte Tertius und sein Gesicht verdunkelte sich schlagartig. Ich musste schlucken, und gleichzeitig merkte ich, wie Mum sich verkrampfte. "Ich werde nicht zulassen, dass die meine Freundin kriegen. Ich gehe jetzt da rein und warne Sophie.", verkündete ich entschlossen, und wollte gerade losmarschieren, als mich Tertius plötzlich am Arm packte und mich somit zurück hielt. "Nein. Das wirst du nicht tun. Nämlich wenn sie das weiß, würde sie Angst bekommen und wohlmöglich durchdrehen. Und sobald wir die Dämonen davor irgendwie aufhalten können, wäre all die Angst umsonst gewesen. Also lassen wir sie lieber unwissend, als ängstlich, verstanden?", erklärte er mir eindringlich. Zuerst zögerte ich. Doch dann gab ich schließlich nach und nickte entschlossen. So schenkte er mir ein zufriedenes Lächeln, welches abrupt verblasste, als ein lautes, dämonenartiges Fauchen erklang. Ruckartig drehte ich mich in die Richtung, von der es kam und tatsächlich: Mitten im Garten in einem Gebüsch versteckt funkelten mir zwei rote Augen entgegen. Sie waren hier...

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