36. Kapitel

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Es war kalt. Arschkalt. Einfach überall...
Konnte Luzifer nicht mal eine einzige Heizung irgendwo einbauen lassen?, dachte ich entnervt, während ich meinen Freunden weiter durch finstere Flure folgte. Schon gefühlte Stunden irrten wir so im Schloss umher, doch von Luzifer fehlte nach wie vor jede Spur. Na ja, man musste bedenken, dass es auch ziemlich schwierig war jemanden zu suchen, wenn es so gut wie überall stockdunkel war...

Wir konnten von Glück sprechen, dass ab und zu ein einzelner Lichtstrahl durch einen der Fenster fiel, womit wir uns wenigstens ein bisschen orientieren konnten.
Dank jener Lichtstrahlen, bekamen wir auch etwas der Inneneinrichtung des alten Schlosses mit. Zum Beispiel hingen dutzende Gemälde sowie große Portraits an den Wänden, welche blutrot gestrichen waren. Ebenfalls sind wir bereits zwei breite, geschwungene, pechschwarze Treppen hinauf gegangen. Weinrote Samtvorhänge zierten die großen Fenster. Man merkte, dass Luzifer die beiden Farben schwarz und rot sehr bevorzugte. Vielleicht war deswegen das komplette Dämonenreich in genau diesen beiden Farben gehalten?, schoss es mir durch den Kopf.
"Wo gehen wir am besten als nächstes hin, Tertius?", unterbrach Sophie meine Überlegungen. Wütend starrte ich sie an. Hab ich dir erlaubt mit ihm zu reden?, dachte ich aufgebracht. Ups, richtig verboten hab ich's ihr aber auch nicht..., stellte ich kurz darauf beschämt fest. "Ich würde jetzt den Flur weiter entlang gehen und anschließend rechts abbiegen. Da waren wir nämlich noch nicht.", erwiderte Tertius.
Und genau so kam es. Wir gingen also den Flur weiter entlang, doch kurz bevor wir rechts abbiegen konnten, ertönte parallel von uns plötzlich ein Geräusch. Dieses hörte sich ziemlich so an, als ob jemand mit voller Wucht gegen eine Tür schlagen würde... Und zwar mit beiden Fäusten. Sophie, Tertius und ich sahen uns an. 'Wir haben ihn gefunden' sprachen unsere Blicke. Unsere Vermutung bestätigte sich, denn kurz darauf ertönte ein sehr wütender Hilfeschrei.

"Lasst mich endlich hier raus, ihr kleinen Mistkröten!", brüllte die unheilvolle Stimme des Teufels und schlagartig wurde das ewige Hämmern gegen die Tür lauter. Dadurch, dass dieses Gehämmere so laut war, konnten wir genau ausmachen, wo sich in etwa diese Tür befand, hinter der Luzifer gefangen genommen wurde. Also brauchten wir nur noch den Schlüssel. "Kommt schon, suchen wir den Schlüssel! Das wird doch wohl nicht so schwer sein!", forderte ich die anderen auf und gemeinsam fingen wir an, in dem relativ finsteren und nur spährlich beleuteten Flur, nach dem Schlüssel zu suchen. Wir werden ihn schon finden...
Außer Bastian und Lilith tragen ihn bei sich, das wäre dann blöd. Aber davon gingen wir jetzt einfach mal nicht aus.
Dutzende Regale durchsuchten wir, welche so im Flur rumstanden, bis Tertius ihn einige Zeit später unter einem kleinen Teppich vor der Tür vor fand. Toll. Ihn dort zu suchen, hätte uns auch früher einfallen können.

Langsam trat ich vor und steckte den Schlüssel ins Loch und wartete einige Sekunden. Erst als mir Tertius aufmunternd zu nickte, drehte ich den Schlüssel in die mir entgegengesetzte Richtung. Kurz darauf machte es Klick. Es war aufgesperrt.

Keine Sekunde später wurde die Tür auch schon aufgerissen und ein ziemlich fertig aussehender, zerzauster und wütender Teufel kam zum Vorschein und starrte uns perplex an. Aus Ehrfurcht traten wir alle einen Schritt zurück. "Prinz des Feenreichs.. das Menschenmädchen? Und du musst wohl...", Sein Blick blieb an Sophie hängen. "..die Freundin des Menschenmädchens sein." Sophie nickte zögerlich. "Wenn dem überhaupt noch so war.", flüsterte sie so leise, dass nur ich es hören konnte. Innerlich schnaubte ich. "Was macht ihr hier?", nahm Luzifer den Faden wieder auf und bedachte uns alle mit einem äußerst misstrauischen Blick. Tertius räusperte sich und trat wieder einen Schritt vor. "Verzeiht, Eure Hoheit. Wir haben den Auftrag bekommen, von meinen Eltern persöhnlich, ins Dämonenreich zu reisen und Euch aus Eurer Gefangenschaft zu befreien. Auch wenn es manchmal nicht so einfach war, haben wir nicht aufgegeben und letzten Endes sogar geschafft.", erklärte er und verbeugte sich kurz. "Wartet mal... ihr habt es einfach so über die Grenze geschafft?!", warf Luzifer mit hochgezogenen Augenbrauen ein. "Na ja...", Tertius kratzte sich zögerlich am Hinterkopf. "So einfach war es nun auch wieder nicht. Immerhin mussten wir einen halben Tag lang warten, bis wir überhaupt drüber konnten, da die ganze Zeit irgendwelche Wachen davor standen. Und ich denke nicht, dass die uns einfach so weiter gelassen hätten. Aber als wir es endlich geschafft hatten, war es nicht mehr all zu kompliziert, da wegen Bastian und Lilith sowieso alles auf dem Kopf..." Tertius hielt inne, da sich Luzifers Blick bei den beiden Namen 'Bastian und Lilith' um einiges verfinstert hatte. "Was haben die beiden Missgeburten von Dämonen so alles angestellt?", hakte der Teufel mit seiner unheimlichsten Stimme nach und ich sah, wie er die Hände zu Fäusten ballte. So legten wir also los. Wir erzählten ihm wie die beiden nach seiner Gefangennahme auf die Erde kamen, da sie ja so dringend Sophies Blut brauchten und diese entführen wollten, wie sie genau deshalb eine ganze Armee an Dämonen aufgestellt hatten und es so zu einem Krieg führte, den zum Glück wir gewonnen hatten. Zu guter letzt erwähnten wir noch, dass es einigen Dämonen danach sehr schlecht ging, einige waren immerhin schwer verwundet, Kämpfe ausgetragen wurden und sie so gut wie ihre ganze Stadt zerstörten. Sobald wir fertig mit Erzählen waren, bemerkten wir, dass Luzifer förmlich kochte vor Wut. Das erkannte man vor allem daran, dass die Luft um ihn herum zu flimmern schien und sein sonst so blasses Gesicht knallrot angelaufen war. "WO SIND SIE?!", brüllte er so laut, dass die Wände förmlich bebten. Tertius wollte schon den Mund aufmachen, doch ich kam ihm zu vor. "Sie sind draußen. Neberhalb des Schlosses in einem Käfig gefangen. Zwei Feenritter kümmern sich bereits um sie.", erklärte ich ungerührt. "Die können was erleben.", zischte Luzifer und machte sich festen Schrittes Richtung Treppe. Sein schwarzer langer Umhang schlug mir dabei, Dank des Luftzugs, direkt ins Gesicht. Eilig hasteten wir hinter ihm her, da wir 1. nichts davon verpassen wollten und 2. alleine da nie im Leben rausfinden würden.
Gemeinsam folgten wir Luzifer also durchs Schloss, was gar nicht so einfach war, da es einerseits immer noch ziemlich dunkel war und andererseits der Teufel tempomäßig ganz schön was drauf hatte. Doch Gott sei Dank schafften wir es immer dicht hinter ihm zu bleiben. Weshalb wir auch schon nach wenigen Minuten die große Eingangstür erreichten.

"Oh Bitte, Luzifer! Wir haben unsere Fehler ja eingesehen und uns tut es wirklich leid, aber bitte hört damit auf!", flehten Bastian und Lilith im Chor, welche von Luzifer immer wieder heftige Stromschläge abbekamen, die nur so aus seinen Fingerspitzen schossen und durchaus nicht gerade leicht waren. Tertius, Sophie und ich standen hingegen einfach nur daneben und amüsierten uns. Die Feenritter waren gegangen. "Das hättet ihr euch vorher überlegen sollen! Der Prinz und die zwei Mädchen haben mir alles erzählt! Ihr bleibt hier jetzt mehrere hundert Jahre gefangen, nur damit das klar ist!", donnerte Luzifer und schickte immer stärkere Stromschläge auf die beiden Dämonen. Erst als beide stöhnend zu Boden fielen, hörte er auf und wendete sich stattdessen uns zu. "Ich danke euch, dass ihr mich frei gelassen habt. Wenn ihr nicht gekommen wärt, wäre ich wahrscheinlich noch viel länger dort eingesperrt gewesen. Nachdem ihr gekommen seid, wurde mir auch so einiges klar. Zum einen, dass ich zu euch Feen gegenüber loyaler sein muss und zum anderen, dass ihr garnicht so schlimm seid, wie ich immer dachte. Ich hoffe wirklich, dass wir in Zukunft in Frieden miteinander leben können.", beendete der Teufel seine Rede und lächelte. Ja, ihr habt richtig gehört, er lächelte, sogar ziemlich freundlich lächelte er uns entgegen. Auf Tertius' Gesicht breitete sich ebenfalls ein Lächeln aus. "Keine Ursache, Luzifer. Das haben wir gern getan. Und ich hoffe ebenfalls, dass wir in Zukunft in Frieden miteinander leben können."
"Wenn ihr wollt, könnt ihr eine Nacht hier im Schloss übernachten. Ihr müsst sicher total kaputt von der Reise sein.", bot uns Luzifer an, doch Tertius schlug sein Angebot aus. "Danke, das ist zwar sehr nett, aber ich denke wir brechen gleich auf. Schließlich wollen die beiden wieder nach Hause in ihre Welt und ich will wieder in mein Reich zurück. Und davor will ich mich immerhin noch von ihnen verabschieden.", erklärte er ernst. Nachdem Tertius das mit seinem Reich sagte und wieder dorthin zurück wollte, musste ich schwer schlucken und Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich werde ihn sehr vermissen...
Luzifer nickte verständnisvoll und hob eine Hand zum Abschied. "Na dann. Eine gute Reise und grüß deine Eltern von mir, ja?"
"Das werde ich.", erwiderte Tertius und gemeinsam winkten wir noch zum Abschied, solange, bis wir den Schlossgarten vollkommen hinter uns ließen und weiter Richtung Norden marschierten. Nun mussten wir erneut das komplette Dämonenreich durchqueren, durch die Wälder des Feenreichs und dann wären wir endlich wieder zu Hause. Ich freute mich schon darauf.. endlich Mum wieder sehen.. ein soweit ganz normales Leben führen. Doch das hieß gleichzeitig auch, dass ich mich von Tertius verabschieden musste.. für eine sehr lange Zeit... vielleicht auch für immer.

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