33. Kapitel

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Unangenehm warm prallte die Sonne, die inzwischen hoch oben am Himmel stand, auf uns herunter. Mit einer Hand schützte ich meine Augen, als teilweise auch mein komplettes Gesicht, vor den erbarmungslosen Sonnenstrahlen. Wir gingen schon seit Tagen, so fühlte es sich zumindest an, ohne irgendeine Pause dazwischen. Doch die konnte ich langsam echt gebrauchen, da meine Beine schmerzten wie nochmal was, und ich drohte, jede Sekunde umzukippen. Was das ganze noch schlimmer machte war, dass es schon seit einer Ewigkeit, von Stunde zu Stunde immer wärmer wurde... Aber zum Glück wehte hin und wieder ein kühler Luftzug, was die ganze Sache schon wesentlich erträglicher machte.

"Wo sind wir hier?", fragte Sophie neugierig, nachdem Tertius beschloss endlich eine Pause zu machen, und wir uns darauf auf einigen Felsbrocken, nahe eines kleinen Bachs, bei dem wir uns leicht erfrischen konnten, niederließen.
"Wir sind hier mitten in der Wildnis des Feenreichs. In der Nähe fängt schon bald der große Wald an, den wir früher oder später durchqueren müssen, und südöstlich von hier befindet sich das Schloss, indem ich wohne und unteranderem auch herrsche. Ich bin schließlich der Prinz dort.", gab ihr Tertius als Antwort. "Ahh, ich verstehe.", erwiderte Sophie nachdenklich und musterte ihn bewundernd. Ich hingegen hatte die ganze Zeit über kein einziges Wort gesagt, sondern eher teilnahmslos den Gesprächen der beiden gelauscht, bis ich plötzlich zusammen zuckte, da mir was wichtiges aufgefallen war.
"Sag mal... wenn wir hier mitten in der Wildnis sind, wo bleiben dann die ganzen Feenwesen? Müsste es hier normalerweise nicht nur so von denen wimmeln?", fragte ich an Tertius gewandt, und verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust. "Stimmt, ich hab mich auch schon gefragt wo die bleiben.", fuhr Sophie dazwischen. Tertius lächelte. "Wisst ihr, dafür gibt es eine ganz simple Erklärung. Bestimmte Feenwesen, hauptsächlich die, die hier wohnen, wie Kobolde, Oger oder Trolle, lassen es Mittags immer etwas ruhiger angehen. Das heißt entweder halten sie Mittagsschlaf oder sie ruhen sich einfach nur aus. Damit sie Abends gestärkt sind, versteht ihr?" Sophie und ich nickten langsam. "Gut."

Kurz darauf aßen wir noch eine Kleinigkeit und erfrischten uns noch etwas an dem kleinen Bach, bevor wir unsere Reise letzendlich fortsetzten. Nächstes Ziel: der große Wald. Bei diesem Gedanken musste ich schlucken, da ich stets wusste, dass dieser Wald keineswegs ungefährlich war und, dass durchaus viele Gefahren darin lauern konnten...

Das beruhigende Grün der hochwachsenen Bäume und die plötzlich angenehm kühle Luft, die im Wald herrschte, ließ uns alle erleichtert aufatmen. Nach ungefähr sechs weiteren qualvollen Stunden des ewigen Dahingehens in der kaum ertragbaren Hitze, hatten wir nun endlich den kühlen, feuchten Wald erreicht. Gerade befanden wir uns in einem recht ruhigen, verlassenen und ungefährlicheren Teil des Waldes, indem es allerdings extrem finster war. Und war dieser, wie mir auffiel, ganz anders als der bei mir zu Hause in Denver... Denn erstens war dieser mindestens dreimal so groß, und zweitens lag überall magischer Glanz in der Luft, welcher eine teilweise angenehme, als auch komische Atmosphäre ausstrahlte.

Wir wollten gerade weiter gehen, als plötzlich ein lautes Rascheln in den Zweigen erklang.
"W-Was war das?!", fragte Sophie verängstigt und drehte sich hektisch nach allen Seiten um. Im Gegensatz zu ihr, blieb ich ganz ruhig. "Das war bestimmt nur der Wind oder so.", versuchte ich sie zu beruhigen, worauf ich auf sie zu kam und ihr fürsorglich einen Arm um die Schultern legte. Tertius stimmte mir zu. "Ja, Lucy hat recht. Hier in diesem Teil hält sich normalerweise keiner auf." Sophie und ich atmeten erleichtert aus. "So müsste es jedenfalls sein.", fügte er, nach kurzem Überlegen und zu unserem Entsetzten, hinzu. "Na ja..", machte er und kratzte sich unsicher am Hinterkopf, wobei er automatisch unsere panischen Blicke ignorierte. "Lasst uns einfach schnell weiter.", meinte er kurz darauf und wir stimmten sofort zu. So setzten wir uns also erneut in Bewegung und gemeinsam drangen wir langsam aber sicher, immer tiefer in den Wald ein.

Nach weiteren Stunden des Dahinmarschierens, wurde es schon langsam dunkel und so beschlossen wir es für heute bleiben zu lassen und uns ein Lager für die Nacht aufzustellen.
"Lasst uns doch ein Lagerfeuer machen!", schlug Sophie kurzerhand vor, nachdem wir alle unsere Decken, Schlafsäcke und Nahrungsmittel aus dem Rucksack gekramt hatten. "Au ja, das ist eine tolle Idee!", stimmte ich begeistert zu, und auch Tertius hatte nichts gegen ein kleines Feuer im dunklem Wald.
So machten Sophie und ich uns kurz darauf auch schon auf die Suche nach Holzscheiteln und Tertius kümmerte sich um Steine, mit denen man das Feuer entfachen konnte.

Wenige Augenblicke später wurden wir auch schon fündig und kehrten jeweils mit drei Holzscheiteln unterm Arm zu unserem Platz zurück.
Und so wie es aussah, waren wir nicht die einzigen, die Erfolg bei der Suche gehabt hatten: Denn nun kam auch Tertius mit zwei mittelgroßen Steinen in den Händen zurück.
Sophie und ich legten die Holzscheitel ordentlich nebeneinander, kurz bevor Tertius sich runter kniete und die Steine in seiner Hand in höchst Tempo aneinander rieb.
Schon nach wenigen Sekunden machte sich Erfolg bemerkbar und ein kleines Feuerchen zierte den Boden.

So kam es dazu, dass wir in den nächsten paar Stunden uns einfach nur unterhielten, etwas von unserem Proviant aßen, uns in unsere Decken kuschelten und natürlich die unwiderstehliche Wärme des Feuers genossen. Mittlerweile war es auch schon richtig dunkel, weshalb dieses auch eine gelungene Lichtquelle darstellte.
"Wisst ihr, man bräuchte hier echt ein paar Marshmallows. Das wär's jetzt.", platzte ich heraus, nachdem ich einen losen Stock kurz ins Feuer gehalten hatte.
Darauf klatschte sich Sophie mit der flachen Hand direkt gegen die Stirn. "Stimmt! Wieso haben wir daran nicht gedacht?" Tertius hingegen wirkte verwirrt. "Ähm.. tut mir leid, wenn ich euch unterbreche, aber was sind diese Marshmallows?", hakte dieser neugierig nach. "Du weißt nicht was Marshmallows sind?!", fragte Sophie fassungslos. Tertius schüttelte den Kopf. So erklärten wir es ihm, versuchten es zumindest. Nach unserer Erklärung lachte er nur und meinte: "Ihr Menschen habt aber manchmal echt komische Lebensmittel!" Gemeinsam lachten wir. Nachdem wir uns noch ein bisschen länger über menschliche Nahrung unterhalten hatten, löschten wir das Feuer langsam wieder, räumten unser Essen wieder in den Rucksack zurück und Sophie und ich beschlossen uns schlafen zu legen. Tertius hingen wollte, zu unserer Überraschung, die ganze Nacht lang wach bleiben und Wache halten. Als ich ihn fragte, ob er denn dann am nächsten Morgen nicht total müde seie, lächelte er nur und meinte: "Für Feenwesen ist Schlaf nicht unbedingt notwendig. Sie kommen auch sehr gut ohne aus." und verschwand in den Zweigen. Darauf zuckte ich nur mit den Schultern, ging zu meinem Schlafsack zurück und legte mich hin. Keinen Augenblick später waren ich, als auch Sophie, friedlich eingeschlafen. Doch wenn wir gewusst hätten, was in wenigen Stunden geschehen würde, wären wir nicht so schnell eingeschlafen. Wenn wir überhaupt eingeschlafen wären.

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