7. Kapitel

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Seien wir mal ehrlich. Der Wald war von innen noch wesentlich schöner als von außen! Die Blätter an den Bäumen trugen statt grün ein kräftig leuchtendes orange, und der Boden hatte ebenfalls dieselbe strahlende Farbe, nur der einzige Unterschied war, dass etwas Erde hindurch schien. War aber auch irgendwie logisch, schließlich war es der Boden. Sophie war von dem Wald mindestens genau so begeistert wie ich, denn sie staunte was das Zeug hielt und lief aufgeregt von einer Stelle zur anderen und fotografierte eifrig. "Du hast ernsthaft deine Kamera mitgenommen?", fragte ich spöttisch und erstaunt zugleich, als ich es bemerkte. "Ja wieso nicht? In der Natur können einem wirklich schöne Orte begegnen, die man für immer festhalten möchte. Dieser Wald ist einer davon.", erwiderte sie vollkommen ernst und schoss noch mehr Fotos. "Ja, da hast du allerdings Recht.", gab ich seufzend zu und schlenderte zu einem der vielen Bäume um ihn mir genauer anzusehen. Gerade als ich die Rinde des Baums betasten wollte, fing plötzlich Sophie hinter mir zu kichern an. Erstaunt drehte ich mich um und fragte verwirrt: "W-Was ist denn auf einmal?" Aber als mein Blick an ihrer Kamera hängen blieb, erkannte ich sofort den Grund für Sophie's Lachanfall. Auf der Kamera war ein Bild, auf dem Ich und der Baum zu sehen waren."Na warte!", rief ich darauf hin, zu einer Hälfte aus Scherz zur anderen meinte ich es ernst, und stürzte mich auf sie. Zusammen fielen wir lachend zu Boden. Als wir uns wieder aufgerappelt, und einigermaßen wieder beruhigt hatten, drohte ich ihr scherzend mit erhobenen Zeigefinger: "Wenn du das noch einmal machst... DANN KANNST DU WAS ERLEBEN!!", und schrie den letzten Satz nur so heraus, was aber erneut als Lachen endete. Sophie ging es da nicht anders. "Okay okay ich hab's ja verstanden. Das wird nicht wieder verkommen!", grinste sie. "Gut!", erwiderte ich und klopfte ihr auf die Schulter. "Braves Mädchen..", murmelte ich. Und so bekamen wir uns erneut vor lauter Lachen nicht mehr ein.

Nach einiger Zeit hatten wir es dann doch geschafft uns ein für allemal zu beruhigen und gingen ein Stück weiter zu einem kleinen Bach. "Schau mal, wie schön dieser kleine Bach ist!", schrie sie begeistert und zückte, wie erwartet, ihre Kamera und fotografierte jenen Bach. "Ja, das ist er.", stimmte ich zu und kniete mich hin um zu sehen, was in ihm war. Als ich sagte dieser Bach sei schön, war das kein Scherz gewesen. Denn das war er, ohne Frage. In ihm floss glasklares Wasser und die schönsten und saubersten Steine, die ich je gesehen hatte, lagen an dessen Boden. Diese trugen die Farben weiß, grau und schwarz und waren unterschiedlich groß. Gerade als ich mich zu Sophie umdrehen wollte, um sie zu fragen ob sie ein Foto von mir und dem Bach machen konnte, sah ich wie eine dunkle Gestalt von einem Baum zum anderen lief und innerhalb einer halben Sekunde verschwand. Daraufhin erschrak ich so sehr, dass mir der Atem stockte, mein Herz unwillkürlich schneller schlug und ich mich nicht mehr rühren konnte. Sophie ist diejenige die mich aus meiner Starre löste, indem sie vor meinem Gesicht anfing zu schnippen und: "Halloo, Erde an Lucy. Ist alles okay bei dir?", sagte. Als ich dann wieder zu mir kam, sah ich sie verdattert an. "Äh.. Ja alles bestens!", stammelte ich und wandte mich innerlich. "Sicher? Du siehst nämlich so aus als hättest du gerade einen Geist gesehen und bist erschreckend blass.", erwiderte sie misstrauisch und sah mich besorgt an. Wenn du wüsstest.., dachte ich nur und schluckte.

"Gehen wir weiter.", meinte Sophie nach einer Weile und ging mit entschlossenen Schrittes voran. Nach kurzer Überlegung und einem unguten Gefühl im Bauch, folgte ich ihr. Dieser Wald war verdammt groß, wie ich immer wieder erstaunt feststellen musste. Es sah aber fast überall gleich aus, weshalb mir schnell langweilig wurde. Dennoch hatte ich Angst, mich könnte was verfolgen, weswegen ich mich auch ziemlich oft immer wieder umdrehte, um nachzuschauen ob nicht doch jemand hinter mir her war. Jedesmal wenn ich es tat, sah ich niemanden, aber ich sah trotzdem immer wieder hinter, weil ich einfach viel zu viel Angst hatte. Es dauerte nicht lange und Sophie erwischte mich. "Ist alles in Ordnung? Verfolgt dich was, oder warum siehst du immer wieder nach hinten?", fragte sie mich und sah mich mit großen, irritierten Augen an. "Ja alles in Ordnung! Nein.. ich denke nicht. Ich hab nur ein Geräusch gehört, weißt du?", antwortete ich nervös und konnte dabei nicht still stehen bleiben. "Verstehe.", sagte sie nur und nickte dabei betont langsam mit dem Kopf. Als wir weiter gingen, versuchte ich mich zu beherrschen und nicht ständig nach hinten zu starren. Ich fragte mich gerade, was wir eigentlich noch in diesem Wald wollten, als ich plötzlich tatsächlich ein Geräusch hörte. Es hörte sich wie ein Rascheln an und kam von einem Busch. Ich blieb stocksteif stehen und ein Schauer lief mir den Rücken hinunter. Auf einmal konnte ich mich nicht mehr rühren. Ich fühlte mich wie gelähmt. Die Angst hatte mich gelähmt.

So blieb ich eine ganze Weile lang stehen, bis ich Schritte hörte, die sich entfernten.

Als wieder Leben in mich kam und mein Herz einigermaßen wieder normal schlug, beschloss ich nochmal hinter mich zu sehen, um sicher zu gehen, dass dieses etwas auch wirklich nicht mehr da war. Als ich nichts auffälliges sehen konnte seufzte ich erleichtert, war dennoch auf der Hut und äußerst vorsichtig und wachsam. Nach ein paar Minuten Grübelei, beschloss ich Sophie aufzuholen, damit diese sich nicht wieder Sorgen machte, darüber wo ich so lange blieb. Und so ging ich, und hoffte inständig dass dieser Dämon oder was auch immer, der hinter mir her war mir nicht erneut auflauern würde, mit schweren Schritten weiter. Aber dann geschah es. Ich war keine zehn Meter gegangen, schon sprang mir die Kreatur buchstäblich ins Gesicht. Ich schrie was das Zeug hielt und hielt mir dabei die Hände vors Gesicht. Es starrte mich unverwandt an. Es hatte blutunterlaufene Augen, ein bleiches Gesicht und wirre, vom Kopf abstehende schwarze Haare. "Naa Kindchen.. wie geht's dir so?", fragte es mit der gruseligsten Stimme, die ich je gehört hatte, hustete und spuckte anschließend Blut auf den Boden. Angewidert und immer noch schreiend trat ich einen extra großen Schritt zurück. "Lass mich in Ruhe!", kreischte ich nun und suchte etwas mit dem ich mich währen konnte. Als ich auf dem Boden einen Holzpflog sah, hob ich diesen auf und schützte damit mein Gesicht. "Wenn du nur einen Schritt näher kommst schlag ich zu!", fauchte ich drohend und ging in Kampfposition über. "Aber Kindchen.. wir wollen dir doch nur unsere Welt zeigen..", murmelte der Dämon gespielt unschuldig, aber mit einem verdammt bösen Unterton. "Nichts da! Das könnt ihr vergessen! Ich geh mit euch nirgendwohin!", schrie ich und funkelte ihn mit so viel Hass an wie ich nur konnte. Doch darauf lächelte er nur böse und kam näher auf mich zu. Sofort schlug ich mit dem Holzpflog mit voller Wucht auf seinen Arm ein, bis der Dämon vor Schmerzen aufheulte und auf dem Boden zusammensackte. Dort lag er nun und wimmerte leise vor sich hin.

"Na schön, Lucy Adams. Dieses Mal hast du gewonnen. Aber nächstes Mal entkommst du uns nicht verlass dich drauf!", stieß er noch verächtlich hervor, bevor er sich in Luft auflöste. Erstaunt und verblüfft zugleich starrte ich auf die Stelle, an der Dämon gerade noch zusammen gesunken gesessen hatte. Verwirrt, dennoch froh darüber dass er weg war, schüttelte ich den Kopf. Ich konnte nicht anders als erleichtert aufzuatmen. Ihr werdet mich niemals kriegen!, dachte ich mit einem siegessicheren Lächeln im Gesicht, bis mir plötzlich Sophie wieder einfiel. Mist! Ich wollte ja wieder zu ihr gehen! Jetzt ist sie wahrscheinlich schon über alle Berge ohne zu wissen, dass ich nicht mehr bei ihr war!, ich bekam Panik. "Okay, ganz ruhig Lucy. Du gehst jetzt einfach weiter und versuchst Sophie zu finden.", sagte ich zu mir selbst. Aber war es nicht komisch, dass Sophie einfach so verschwunden war? Hätte sie nicht merken müssen, dass ich nicht mehr bei ihr war? Wäre sie dann nicht schon längst umgedreht und wäre hier? Ich versuchte mir darüber jetzt nicht den Kopf zu zerbrechen und ging einfach weiter. Nach ungefähr zehn Minuten Fußmarsch hatte ich gerade mal die Hälfte der Strecke erreicht. Und Sophie war nach wie vor nirgendwo zu sehen. So blieb ich seufzend stehen und sah mich um. Gerade als mir in den Sinn kam, dass Sophie von Dämonen entführt worden sein könnte, in mir Panik hoch kam, ich die Gedanken aber schnell wieder beiseite schob und mir sagte dass das nicht sein konnte, blieb mein Blick an einem Pfad hängen. Dieser befand sich an der anderen Seite des Walds und wartete nur darauf von mir näher identifiziert zu werden. So ging ich kurzerhand zu diesen hinüber und sah ihn mir genauer an. Der Pfad bestand größtenteils aus Erde und war keine ganz gerade Strecke sondern er war eher wie eine Schlange geschwungen. Ich widerstand dem Drang einen Fuß auf den mir davorliegenden Weg zu setzen. Ich zwang mich regelrecht Nicht den Weg entlang zu gehen. Doch die Neugier und das Verlangen siegten. So trat ich mit dem Fuß auf die Erde des Weges und begann, mit klopfendem Herzen den Pfad entlang zu gehen.

Der Pfad in eine andere WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt