11. Kapitel

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Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich endlich wieder zu mir. Als ich meine Augen langsam öffnete, bemerkte ich, dass ich im Gästezimmer auf dem Bett lag und realisierte erst nach ein paar Sekunden, dass insgesamt fünf Leute um mich herum standen. Einer davon war Tertius. Neben ihm standen seine Mutter die Königin und wohl sein Vater, der König. Das konnte ich gut erkennen, da er eine Krone trug. Auf der anderen Seite des Bettes stand noch das freundliche Dienstmädchen, deren Name ich vergessen hatte. Den anderen kannte ich nicht. "Lucy! Gott sei Dank bist du aufgewacht! Du warst eine ganze Weile ohnmächtig.", platzte Tertius erleichtert heraus und lächelte mich an. Ich versuchte zurück zu lächeln, was mir aber irgendwie nicht ganz gelang. Ich war ziemlich verwirrt. Ich bin ohnmächtig geworden? Warum? Ich kann mich nicht erinnern...

Der Fremde neben mir legte plötzlich seine Hand auf meine Stirn, was mich zusammen zucken ließ. "Keine Angst. Ich bin der Heiler diesen Schlosses und wollte nur schauen ob du Fieber hast. Aber so wie's aussieht ist alles in Ordnung.", meinte dieser daraufhin und lächelte mir freundlich zu. Ich blinzelte nach wie vor verwirrt und versuchte irgendetwas zu sagen, doch es kam nichts heraus. "Am besten ruhst du dich noch eine Weile aus. Wenn du möchtest kann dir der Prinz Gesellschaft leisten.", meinte er dann. Ich nickte nur, woraufhin sich alle außer Tertius aus dem Staub machten. Schließlich ging der Heiler als letztes aus dem Raum und drehte sich ein letztes Mal zu uns um, bevor er sachte die Tür hinter sich schloss.

Nachdem wir dann endlich alleine waren, setzte sich Tertius vorsichtig an die Bettkante und musterte mich aufmerksam. "T-Tertius?", brachte ich leise heraus. Endlich hatte ich meine Stimme wieder gefunden. "Hm?", antwortete dieser und sah mich abwartend an. "Ich.. Ich kann mich an nichts erinnern! Was ist passiert? Weshalb wurde ich ohnmächtig?", platzte ich nun mit einer Menge unbeantworteten Fragen heraus. "Also.. wir waren bei einem Schlittenhügel. Kannst du dich daran noch erinnern?", fing er nun an und sah mich fragend an. Nach einer Weile des Überlegens, nickte ich dann vorsichtig. "Gut. Und als wir zurück gingen, mussten wir einen anderen Weg einschlagen. Dort haben uns Monsterspinnen aufgelauert, ich habe sie getötet, du musstest dich übergeben und bist schließlich umgefallen.", beendete er seine Erzählung. Ich war etwas geschockt darüber was er erzählt hatte, aber langsam kehrten meine Erinnerungen vage zu mir zurück. "Erinnerst du dich jetzt wieder?", fragte er nach kurzer Zeit nach und zerstörte somit die wundervolle Stille, die sich gebildet hatte und gleichzeitig unterbrach er meine Gedanken. "Äh.. ja so halbwegs.", antwortete ich ehrlich. "Das ist ein gutes Zeichen. Bald wirst du dich wieder an alles erinnern können.", lächelte er und tätschelte sanft meinen Arm, was mir Tränen in die Augen trieb. Tertius, der das wohl zu bemerken schien musterte mich besorgt und fragte: "Ist alles in Ordnung?"

"Äh.. j-ja klar!", stotterte ich nur als Antwort. Dass das eine komplette Lüge war, war mir wohl bewusst. Aber ich konnte ihm einfach nicht sagen was los war. Schließlich ließ ich den Kopf hängen, damit er meine Tränen nicht sehen konnte. Ich hatte Heimweh. Ich vermisste Sophie, Mum.. und die normale Welt einfach! Diese abgedrehte, verrückte Welt war mir einfach zu viel... "Ach hör doch auf. Ich weiß, dass das nicht stimmt. Ich spüre, dass es dir nicht gut geht. Feen können das.", erwiderte er ruhig, mit Besorgnis in der Stimme. Schlagartig schnellte mein Kopf nach oben. Nun hatte er freie Aussicht auf mein tränenüberströmtes Gesicht. "Was ist los?", hakte er nochmals nach und musterte mich. "I-Ich habe Heimweh... Ich vermisse meine Mum, meine Freundin Sophie und einfach die ganz normale Welt!", gestand ich und musste mit Mühe einen Schluchzer unterdrücken. "Verstehe..", flüsterte er zerknirscht. Nun war es um mich geschehen. Ich brach in unkontrollierbare Schluchzer aus und hielt mit verzweifelt die Hände vor die Augen. Tertius zögerte nicht lange und zog mich an sich. Er hielt mich einfach weiter ruhig im Arm und streichelte mir sanft über den Rücken, während ich mich ausheulte. Als meine Schluchzer langsam leiser wurden und ich wieder regelmäßiger atmete, löste er sich sanft von mir und sah mir direkt in die Augen. "Geht's dir wieder besser?", fragte er nun. Ich konnte nur nicken. "Hör zu. Du kannst ja bald wieder in deine Welt zurück kehren. Das Problem ist nur, dass der Pfad erst wieder in 2 Tagen Menschenzeit erscheinen wird. Solange musst du noch hier bleiben. Und ich muss bis dahin aufpassen, dass dich die Dämonen nicht holen, die es auf dich abgesehen haben.", versuchte er mir zu erklären. Ich nickte, als Zeichen, dass ich es verstanden hatte. Er tätschelte noch leicht meinen Arm um mich zu trösten, bevor er aufstand. "Weißt du was? Lass uns raus gehen. Also nur raus aus dem Schloss und dann in den Garten, du weißt bestimmt was ich meine. Nicht den Hügel runter oder so. Das wird dich bestimmt auf andere Gedanken bringen!", schlug er vor und lächelte mich anschließend an. "Ja! Ich glaube das ist eine gute Idee.", stimmte ich strahlend zu und stieg sofort aus dem Bett. "Dann folge mir!", bestimmte Tertius und ging schon mal voran. Wie gesagt, so getan folgte ich ihm. Wir gingen einige Flure entlang und Treppen hinunter, bis wir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich an der Eingangstür ankamen.

Draußen angekommen, schien mir die strahlend helle Sonne vom Himmel entgegen und ich konnte die frische Luft direkt spüren. Erleichtert atmete ich diese ein. "Die frische Luft hier draußen tut mir echt gut.", sagte ich dann und lächelte zufrieden. "Das freut mich aber.", erwiderte er und lächelte ebenfalls. "Komm, lass uns schauen was die Schlossbewohner so treiben. Das wird bestimmt lustig!", meinte Tertius lachend und nahm meine Hand. "Okay!", stimmte ich zu und lachte ebenfalls. So gingen wir auf die andere Seite des Schlosses und erblickten verschiedene Feenwesen, größtenteils Kobolde, die auf die Melodie einer besonders aussehenden Flöte tanzten, welche ein weiteres Feenwesen spielte. So wie sie so tanzten sah recht amüsant aus und machte mich auf eine Art glücklich. Plötzlich bekam ich das Verlangen mit tanzen zu wollen. "Was ist? Willst du mittanzen?", fragte mich Tertius über die lauten Flötentöne hinweg und sprach genau das aus, was ich so unbedingt wollte! "Ja, auf jeden Fall!", antwortete ich also und grinste übers ganze Gesicht. Gut, dann komm!", lachte Tertius, nahm mich erneut an der Hand und begann mit mir zusammen zu tanzen. Zuerst schrie ich überrascht auf, als er plötzlich meine Hand nahm und mich mit sich zog, aber als wir richtig im Tanzen drin waren, entspannte ich mich und begann Spaß zu haben.

Nach ein paar Minuten, hörten ein paar der anderen auf, während wir immernoch tanzten! Nun stellten sie sich im Kreis um uns herum auf und sahen uns beeindruckt zu. Tertius, der mich immer wieder von sich stieß und mich dann wieder an sich drückte, lächelte ihnen kurz zu, bevor er mich erneut von sich zog und mich anschließend im Kreis drehen ließ. Ein Raunen ging durch die "Menge" und keine Sekunde später fingen die ersten zu klatschen an. Es dauerte auch nicht lange bis tosender Applaus und begeisterte Pfiffe ausgebrochen waren. Stolz drehten wir uns ein letztes Mal auf der Tanzfläche, bis wir stehen blieben und ich in Tertius' Arme fiel. Schnaufend lächelten wir uns glücklich an. Auf einmal sah er direkt in meine Augen. Dann, ohne zu zögern, beugte er sich zu mir runter und küsste mich. Direkt auf den Mund. Etwas überrascht erwiderte ich den Kuss. Augenblicklich wurden der Applaus in meinen Ohren leiser, und die Realität verschwamm vor meinen Augen, welche ich geschlossen hatte. Denn nun konzentrierte ich mich voll und ganz auf Tertius und mich. Nämlich dieser Moment war der einzige, der jetzt zählte!

Der Pfad in eine andere WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt