Kapitel 4

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Sam lief die Straße hinauf, die zum Dorf führte und hoffte inständig, dass niemand ihn aus Jays Auto hatte, steigen sehen. Es regnete noch immer und er fror bereits wieder. Die letzten Meter rannte er und öffnete keuchend die Tür zum Alphahaus. Er entledigte sich im Flur der nassen Schuhe und wollte unbemerkt in sein Zimmer schleichen, aber Diana und Cameron kamen gerade aus dem Büro des Alphas.

»Ah da ist er ja. Hast mal wieder geschwänzt? Die Krankenschwester hat angerufen. Was soll der Scheiß?«, knurrte Cameron und kam bedrohlich nah. Sam wich zurück.

»Rede!«, befahl der Alpha und dessen Pheromone ließen Sam mal wieder alle Haare zu Berge stehen.

»Ich ... ich hatte lange nichts zu essen und war kurz vor Umkippen und Mr. Tanner hat mich zur Schwester geschickt. Sie dachte, ich sei magersüchtig und ihr sollt das unterschreiben«, stotterte er und fischte den Zettel aus seinem Rucksack. Unwirsch griff Cameron danach und las.

» ... dass wir darauf achten, dass unser Sohn genug Nahrung zu sich nimmt ...«

»Du hast ihr hoffentlich gesagt, dass du magersüchtig bist!«, knurrte er dann. Sam war vollkommen irritiert und schüttelte den Kopf.

»Nein, ich ...«, weiter kam er nicht. Schon traf ihn eine heftige Ohrfeige. So heftig, dass er auf dem Boden aufschlug, was seinen ohnehin gebrochenen Rippen nicht gefiel. Er keuchte und versuchte sich, irgendwie vor den folgenden Schlägen zu schützen.

»Bitte ... ich hab nichts gesagt«, flehte Sam und Cameron hielt inne.

»I-ich hab gesagt, dass ich oft vergesse, zu essen es tut mir leid«, schluchzte Sam und robbte etwas von dem Alpha weg.

»Cam, lass ihn und unterschreib das. Das hat doch keinen Sinn«, hielt Diana ihren Mann zurück. Dieser schnaubte, nahm das Papier und ging davon.

»Geh in dein Zimmer und lass dich heute besser nicht mehr blicken. Wir werden sehen, was morgen geschieht, wenn du siebzehn wirst. Du betest besser, dass dein Gefährte hier im Rudel ist«, sagte Diana kalt und ließ Sam liegen. Dieser rappelte sich hoch und zuckte heftig zusammen, als er aufstehen wollte. Cameron war ihm auf den Knöchel getreten und dieser mochte es nun gar nicht, dass Sam auf ihm stand. Humpelnd schaffte er es in den Keller. Er ließ sich auf die Matratze sinken und zog sich vorsichtig den Socken aus. Sein Knöchel war doppelt so dick wie normal und bereits jetzt blau.

»Na toll ein Bruch hätte mir jetzt gerade noch gefehlt«, stöhnte Sam und schleppte sich ins Bad. An seiner Schläfe klebte getrocknetes Blut von einem Riss über dem Ohr. Seine Wange war dick geschwollen und blau, genau wie sein rechtes Auge. Er nahm ein Handtuch, tränkte es in kaltem Wasser und humpelte zurück in sein Zimmer. Vorsichtig legte er das Tuch um den geschwollenen Knöchel.

»Komm schon Coda, mach es heil. Ich verspreche, wir finden unseren Gefährten und dann wird alles besser«, sagte Sam und sank auf den Rücken, wissend dass das alles mehr Wunsch, als Wahrheit war.

Sam schreckte mitten in der Nacht hoch. Sein Handy zeigte, dass es nach Mitternacht war. Er war also siebzehn. Er hörte in sich hinein, aber da war nichts außer dem pochenden Schmerz im Knöchel. Er schloss wieder die Augen und versuchte sich, nur auf seine Wahrnehmung zu konzentrieren. Dann spürte er es. Sein Gefährte war irgendwo da draußen, aber es fühlte sich nicht so an, als sei er in unmittelbarer Nähe. Sam seufzte und drehte sich auf die Seite. Wenn sein Gefährte nicht im Shire-Rudel war, was würde dann geschehen? Würden sie ihn töten oder verbannen? Kurz dachte er daran, einfach abzuhauen, aber in seinem momentanen Zustand würde er kaum bis zur Dorfgrenze kommen und wie sollte er ohne Rudel überleben? Tränen rannen ihm über das Gesicht und irgendwann fiel Sam wieder in einen unruhigen Schlaf. Er wurde erst wieder wach, als ihn jemand unsanft am Arm nach oben zerrte.

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