Kapitel 14

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Jay betrat leise das Zimmer, dass Sam und er gerade bewohnten. Sein Gefährte lag auf der Seite und atmete ruhig. Jay stellte das Tablett mit dem Essen auf dem Schreibtisch ab und setzte sich dann auf die Bettkante. Sacht strich er Sam durch das blonde Haar. Er konnte noch immer nicht fassen, wie viel Liebe er bereits jetzt zu dem anderen empfand. Er wusste, dass es mehr war als nur das Gefährtenband - viel mehr. Vielleicht hatte er Sam immer schon irgendwie geliebt, vielleicht schon damals, als er ihn aus dem Spind befreite.

Rückblick - 2 Jahre zuvor

Jay Underwood war gerade sechzehn geworden, sein Kopf dröhnte noch immer von der Feier am Tag zuvor. Seine Freunde und er hatten am Abend angestoßen und es waren vielleicht doch ein paar Bier zu viel gewesen. Überhaupt hätten sie es vielleicht lieber nicht an einem Donnerstag gemacht, wenn doch klar war, dass ihre Eltern sie trotz Kater am nächsten Tag in die Schule schicken würden. Es war schon eine Schande, dass ihre Wölfe gegen einen Kater nichts ausrichten konnten. Immerhin war der Schultag bereits vorbei und wegen Dauerregens war auch das Leichtathletiktraining abgesagt worden. Jay bog gerade in den Gang, der nach draußen führte ein, als er gerade noch sah, wie einige Jungs aus dem Shire-Rudel lachend durch die Tür rannten. Verwirrt sah er ihnen nach, dachte sich aber nichts weiter, ging an seinen Spind und holte seine Sachen, als er ein leises Weinen hörte. Er schloss seinen Schrank und folgte dem Geräusch. Es kam eindeutig aus einem Spind am Ende der Reihe. Er wusste sofort, wem dieser gehörte. Er war mit allerlei Sachen bemalt. Zeichnungen und Sätze, die nicht gerade nett waren. Man sah dem Schrank an, dass er schon so einige Mal gereinigt wurde, aber oft hielt das nicht lange.

»Samuel?«, fragte Jay nun leise und legte sein Ohr an die metallene Tür.

»J-Ja«, kam es halb schluchzend. Jay seufzte tief.

»Wie ist deine Kombination?«, fragte er.

»3872«, hörte er es leise. Der junge Alpha nahm das Schloss und drehte die Zahlen in die richtige Reihenfolge. Er hob den Riegel und öffnete den Schrank. Der noch vierzehnjährige Sam kauerte darin. Sein Shirt war zerrissen und seine Nase blutete.

»Hey ... ähm komm, ich helfe dir«, sagte Jay und reichte Sam die Hand. Dieser griff nur zögernd danach, aber ließ sich schließlich von Jay aufhelfen. Dieser griff schnell in seine Jackentasche und zog ein Taschentuch hervor.

»Hier«, sagte er und Sam drückte es sich auf die Nase.

»D-Danke«, sagte er matt, drehte sich dann um, packte seine Sachen und schloss seinen Spind, so als sei es das Alltäglichste auf der Welt gerade daraus befreit worden zu sein.

»Machen sie das häufiger?«, wollte Jay wissen und Sam zuckte mit den Achseln.

»Hin und wieder. M-meist befreit mich der Hausmeister«, sagte er.

»Also ich sollte dann, ehe es noch schlimmer regnet. Danke, du hättest das nicht tun müssen«, sagte der Omega dann und schulterte den alten Rucksack.

»Schon okay. Du hast ja auch meine kleine Schwester beschützt«, sagte Jay dann verlegen. Sam nickte. Er hatte die siebenjährige Isabella vor einigen größeren Jungen geschützt, die versucht hatten, ihr ein Plüschtier abzunehmen. Es hatte ihm einige gebrochene Rippen eingebracht, nachdem die Brüder der Jungs davon Wind bekommen hatten.

»Sicher, also dann«, sagte Sam noch mal, ging an Jay vorbei und hinaus in den Regen. Jay folgte ihm und rannte schnell zum Pick-Up seines Vaters, der bereits auf ihn wartete. Er sah noch, wie Sam, bereits vollkommen durchnässt, an den Schulbussen vorbeilief und auf die Straße in Richtung Shire-Rudel einbog.

VerstoßenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt