Kapitel 16

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Jay brachte Sam ohne Umwege zurück in ihr Zimmer. Sacht drückte er seinen Gefährten auf das Bett, zog ihm die Schuhe aus und legte sich dann neben ihn. Er zog ihn in die Arme und ließ ihn weinen. Jay ahnte, dass Sam zum ersten Mal wirklich verstand, was ihm alles angetan wurde. Bisher hatte er nur versucht, zu überleben, und jetzt konnte er sich endlich fallenlassen und vielleicht heilen.

»Du warst großartig«, flüsterte in die Haare seines Gefährten. Sam schniefte und drückte sich etwas von Jay ab.

»Findest du?«, fragte er mit roten Augen. Jay beugte sich vor und küsste ihn.

»Ja, du bist so viel stärker, als du denkst. Darüber zu sprechen, muss unheimlich schwer gewesen sein und ... und ich möchte mir nicht vorstellen, wie du leben musstest, aber jetzt bin ich hier und niemand wird dir je wieder zu nahe kommen«, sagte er und zog Sam so dicht an sich, als könne dieser jeden Moment verschwinden.

Caleb Trim rieb sich die Augen und nahm den Scotch nur zu gern von Richard entgegen. Sie saßen wieder zusammen im Wohnzimmer und eine Zeit sagte keiner etwas. Irgendwann räusperte sich der Ratsvorsitzende und stellte sein nun leeres Glas auf die Seite.

»Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, aber als du mich kontaktiertest, dachte ich nicht daran, dass es so schlimm werden würde. Ich glaubte zwar, dass der Junge zu Unrecht aus seinem Rudel verstoßen worden war, aber dass sie ihn ... was ich sagen will ist, dass man die Sache eigentlich der Polizei übergeben müsste. Was sie ihm angetan haben, war fast schon Folter«, schloss er. Richard und auch Andrew nickten.

»Ja, das ist sicher richtig. Das ist teilweise sicher versuchter Mord oder was weiß ich«, sagte Andrew.

»Wir müssen nur daran denken, dass wenn wir das den Behörden übergeben, Sam mit Sicherheit aussagen müsste, und dann zieht sich das alles nur noch länger«, gab Richard zu bedenken.

»Aber wir können ihn doch nicht so davonkommen lassen - sie alle nicht. Alle haben sich schuldig gemacht, Cameron, Caden und auch Diana. Was ist mit dem Rudel? Jeder muss es doch mitbekommen haben«, sagte Andrew wutschnaubend. Beschwichtigend hob Caleb die Arme.

»Wir werden ihn bestrafen. Fakt ist, dass Cameron das Rudel so nicht mehr führen kann und sollte. Auch Caden fällt natürlich aus, aber seine Schuld ist sicher anders zu betrachten«, sagte er.

»Wie meinst du das? Er hat den Jungen ebenfalls gequält und mehr als einmal dafür gesorgt, dass er dem Tod näher war als dem Leben«, warf Richard ein.

»Sicher, aber ich denke, er ist ein Produkt seiner Erziehung. Das spricht ihn durchaus nicht von seiner Schuld frei, aber habt ihr bemerkt, wie Sam ihn unbewusst geschützt hat in seinen Erzählungen?«, wollte Caleb wissen.

»Hat er das?«, fragte Andrew irritiert.

»Er erwähnte, dass Caden ihn mehr oder weniger rettete, als Cameron in so schwer verprügelte, dass er innere Verletzungen davongetragen hatte. Außerdem sagte er, dass Caden ihn nach seiner Heat versorgte. Unbewusst weiß Sam, dass Caden seinem Vater gegenüber offenbar hörig ist.«

»Was ihn nicht von seiner Schuld freispricht«, warf Andrew ein.

»Nein, wie schon gesagt, das sicher nicht, aber trotzdem sollten wir bei Cameron ansetzen«, gab Caleb zu bedenken.

»Also, was tun wir?«, fragte Richard dann und rieb sich den Nacken.

»Fakt ist, er kann und darf das Rudel nicht mehr führen. Auch sollte er nicht mehr dort leben oder irgendwie Kontakt mit diesem haben«, sagte Caleb.

»Sprechen wir von Verbannung?«, wollte Andrew wissen und der Vorsitzende des Rates nickte.

»Wir lassen ihn das spüren, was er auch Sam angetan hat. Wir nehmen ihm die Gemeinschaft. Die Rudelgrenzen sind eindeutig und so kann er im Prinzip nur nach Boston gehen. Ich habe Kontakte und kann ihm dort eine Wohnung beschaffen, den Rest muss er machen.«

VerstoßenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt