Ungebetener Gast

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Die Worte meines Vaters hingen mir in den Ohren. Sie hatten sich dort festgesetzt. Wiederholten sich ständig. Mein Kopf war so sehr damit beschäftigt, dass ich in meiner eigenen Welt versank. Im Zimmer kickte ich mir die Schuhe von den Füßen und warf meine Tasche gegen das Bett, ehe ich ins gegenüberliegende Bad verschwand. Ich hatte nicht darauf geachtet, ob meine Brüder da waren. Scheuklappen. Ich wollte sie gar nicht bemerken. Mir nicht ihr scheiß Gelaber zu geben, war besser für meine Laune. Denn sie war schlecht. Meine Laune war am Tiefpunkt angelangt.

Dagegen half auch nicht die heiße Dusche, unter der ich länger stand als nötig. Ich trocknete mich ab und wickelte das Handtuch um meine Hüfte, ehe ich mir schnell die Zähne putzte.

Mit einem Klecks Creme auf den Fingern, ging ich zurück in mein Zimmer. Das alles war so sehr Routine, dass nichts davon mich aus meinen Gedanken riss. Ich war wie in Trance. Eigentlich mochte ich diesen Zustand. Das war der einzige Weg meine Ruhe zu haben.

Etwas umständlich kickte ich den Vorgang auf und ließ mich ins untere Etagenbett fallen. Erst als es zu spät war, bemerkte ich die Person die dort lag.

Ich schloss meine Augen und massierte mir unbeirrt die Creme ins Gesicht, ehe ich laut die Luft durch die Nase ausstieß. Dieser Tag war zum Kotzen.

„Hau ab..." Ich rutschte mit dem Hintern von ihm runter, bis hinten an die Wand. Sie war kalt im Rücken. Meine Beine legten noch über ihm, da zu wenig Platz war.

„Ich war zuerst hier." Er rührte sich kein Stück.

Seufzend wischte ich meine Finger an der Bettdecke ab. Cremehände waren widerlich. „Rico, was macht der Vollarsch in meinem Bett?" Unter anderen Umständen hätte ich mich gefreut. Aber diese anderen Umstände würde es niemals geben. Sie waren nicht mehr als eine Wunschvorstellung.

„Hm?"

„Was er in meinem Bett macht?" In mir fing es an zu brodeln.

„Bis eben hat er gepennt."

„Und wieso ausgerecht hier?" Was genug war, war genug. „In meinem verdammten Bett?!"

„Bleib mal locker, Alter." Federico machte sich nicht die Mühe, etwas zu seinem besten Kumpel zu sagen, welcher noch immer keine Anstalten machte, meine zwei Quadratmeter zu verlassen.

Ich sah Tommy an. Er grinste mich dreckig von meinem Kissen aus an. „Rico! Wieso hast du keine Schwester?" Der Typ betatschte meine nackte Brust.

„Hätte ich eine, dann wäre sie das letzte Mädchen auf der Welt, in das du deinen Schwanz stecken darfst."

Wütend schlug ich Tommys Hände von mir. „Hau ab!" Ich stieß ihm meinen Fuß in die Rippen. Dabei löste sich der Knoten von meinem Handtuch. Da gab es nichts, was er in seinem Leben noch nie gesehen hätte. Immerhin war er selbst ein Kerl. Trotzdem versuchte ich mit dem Stoff irgendwie meine Mitte zu bedecken.

„Du bist so verklemmt", beschwerte er sich. „Ich mach doch nur Spaß." Noch immer hing ihm dieses freche Grinsen im Gesicht. Es sollte verboten werden. Das Grinsen. Und das Gesicht.

Tommy schob seine Hand unter meine Kniekehle, um sich von dem Bein zu befreien, das noch über ihm lag. Es kitzelte. Genau wie eben, als er meinen Oberkörper berührt hatte. Es kitzelte und kribbelte und mein dummes Herz hämmerte wie verrückt.

Ich verpasste ihm noch einen Tritt in den Hintern, als er endlich aufgestanden war.

Er hob beschwichtigend seine Arme. „Ich bin ja schon weg!"

Ich ließ mich auf die Matratze fallen. Dorthin, wo er gerade noch gelegen hatte. Mein Bett war ganz warm. Wie lang er hier gelegen hatte? Ich zog den Vorhang ein Stück zu, damit niemand sah, dass ich mein Gesicht im Kopfkissen vergrub. Es roch nach ihm. Nicht wirklich nach dem Deo, das er benutzte, sondern nach seinem Eigengeruch. Der Duft, der mir so wohl bekannt war, klebte an meiner gesamten Bettwäsche. Es machte mich verrückt.

Ich zog die Bettdecke über mich und hüllte mich ein. Fast war es als würde er mich in seinen Armen halten. Noch immer spürte ich seine Hände auf mir. Und ich wünschte mir, er hätte mich nicht nur berührt, um mich zu ärgern. Ich wünschte mir, dass er mich anfassen wollte. Dass er mich in den Armen halten und küssen wollte. Aber das würde für immer nur ein Traum bleiben.

Wolke null [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt