„Was sollte das?"
„Ich weiß nicht, wovon zu sprichst." Es war gelogen. Natürlich wusste ich, wovon er sprach.
„Lügner." Er drückte mich an die Wand in dem winzigen Flur seiner Wohnung.
„Was sollte was?" Ich wollte, dass er es aussprach. Dass er seine Gedanken mit mir teilte. Seine Gefühle.
Er drängte mich noch dichter an die Wand. Es machte mich an. Seine grauen Augen starrten in die meine. Graue Augen. Ich wurde wohl von ihnen verfolgt. Grau und dunkelbraun. Von den einen fühlte ich mich angezogen. Ausgezogen. Von den anderen wurde ich verletzt.
„Was sollte das mit dieser Alex?"
Ich biss mir auf die Unterlippe, antwortete ihm nicht.
„Wieso erzählst du, dass sie deine Freundin ist? Du hast keine Freundin." Er nagte kurz an seiner Lippe. „Hast du doch nicht. Oder?"
Leicht schüttelte ich den Kopf, sah auf seinen Mund. Ich wollte ihn küssen. Aber noch lieber wollte ich die Worte hören, die ihn verließen.
„Was sollte das dann?"
„Alibi..."
„Also ist sie ein Niemand?"
„Sie ist meine beste Freundin."
„Und da wird nie etwas zwischen euch sein?"
„Niemals", hauchte ich und streichelte seine Wange.
„Gut." Tommy lehnte seine Stirn an meine. „Denn du gehörst mir. Mir ganz allein. Kein anderer wird dich auch nur angucken..." Seine Lippen berührten meine ganz leicht. „Aber sie hat dich so angesehen. Es hat mich rasend gemacht, Raffaele..."
Ich grub meine Finger in sein Haar. „Ach ja...?"
Er nickte, küsste mich ganz kurz. „Ich mag es nicht, wenn jemand Anspruch auf meinen Besitz erhebt", raunte er.
Ich hasste mich dafür, dass ich ihm nicht widersprach. Dass es mich erregte, wenn er sagte, dass ich ihm gehörte. Dabei gehörte ein Mensch nur sich selbst. Ich war niemandes Besitz. Aber ich wollte es so sehr. Ich war ihm verfallen und ich wollte, dass er mich besaß. Er hätte alles mit mir tun können. Dafür verabscheute ich mich selbst. „Ich gehöre nur dir", flüsterte ich, ehe ich ihn heftig küsste.
Alles daran war so falsch. Meine Gefühle für ihn. Das, was er sagte. Es war keine Liebe. Oder? Er wollte mich besitzen, doch liebte er mich nicht. Trotzdem zog es mich zu ihm wie eine Motte zum Licht. Ich war die Motte. Tommy das Licht. Ich flatterte um ihn herum. Doch irgendwann würde ich sterben und zu Boden fallen, während er weiterhin leuchtete und von anderen Motten umschwärmt wurde. Ihm würde mein Fehlen gar nicht auffallen.
Ich krallte mich an ihn. Umklammerte ihn. Denn, wenn er sagte, dass ich ihm gehörte, gehörte er mir. Zumindest für einige Augenblicke. „Ich bin dein...", sagte ich ihm immer wieder. „Ich liebe dich." Wie ein Mantra. Ich liebe dich, Tommy. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich gehöre dir. Nur dir...

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Wolke null [boyxboy]
Novela JuvenilDer 16-jährige Raffaele hat es nicht immer leicht. Seine Brüder gehen ihm auf die Nerven und dem Vater kann er es auch nicht recht machen. Und dann ist da noch Tommy... Schweigen, Lügen und die erste Liebe. Dies ist ein Einblick in die Vergangenheit...