Kapitel 1

60 7 1
                                    


Entspannt lehnte ich mich in die weichen Sitzbezüge des Zuges und genoss den Ausblick, der sich mir bot.

Wir befanden uns noch immer in Mana, doch statt an einem Ort zu bleiben, hatten wir uns dazu entschieden, durch die Welt zu reisen und ein paar spannende Orte zu besuchen. Ophelia war begeistert gewesen, während Achanox Reaktion eher verhalten war. Es war schwieriger, uns zu beschützen, wenn wir viel reisten, doch das interessierte mich nicht. Ich hatte die Zeit genutzt, mich zu erholen und fühlte mich schon wieder so gut, dass ich Bäume ausreißen könnte.

Außerdem hatte Achanox unser letzter Halt überzeugt. Eine magische Schmiede.

Da ich mit Caldra aktuell nicht so klarkam, wie ich sollte, hatte ich mich dazu entschieden, mir eine neue Waffe machen zu lassen. Zur Sicherheit. Auch für Ophelia wollte ich etwas machen lassen, doch ich wusste noch nicht was. Dafür hatte ich sogar meine Ersparnisse zusammengesammelt. Es müsste genug sein, um für uns beide etwas Schönes machen zu lassen.

„Oh, sieh mal dort", rief Ophelia begeistert.

Der Zug war ein altmodischer, weshalb wir ein kleines Abteil für uns hatten und so niemanden störten. Das war gut, denn Ophelia war sehr aufgeregt. Immer, wenn sie draußen etwas Spannendes sah, machte sie mich darauf aufmerksam, so wie jetzt.

Ich schmunzelte, als ich ihrer Deutung folgte. Da war eine Wiese mit grasenden Pegasi.

„Kann man auf ihnen auch fliegen?", fragte Ophelia aufgeregt, als eines der Tiere seine großen, weißen Flügel ausbreitete.

„In einigen Gebieten sind sie heilig. Aber viele andere reiten auf ihnen, ja", stimmte ich zu. „Aber du hast einen Drachen", erinnerte ich sie.

Ophelia kicherte – wie ein kleines Mädchen – bevor sie sich zu mir wandte. „Ja, ich weiß, aber ich würde die Unterschiede gern ergründen", sagte sie ernst, als wäre das hier irgendeine wichtige Feldstudie.

Mein Schmunzeln wurde zu einem amüsierten Grinsen. „Dann sollten wir wohl hier Halt machen", bemerkte ich und als der Zug hielt, griff ich nach meinem Koffer.

Ophelia blickte mich verwirrt an. „Was meinst du?", fragte sie, erhob sich aber ebenfalls.

Asara nahm ihren Koffer und Achanox nahm mir meinen ab, sodass wir den Zug verlassen konnten.

Vor uns erstreckten sich weite Wiesen und in der Ferne einige Berge, die teilweise mit Schneedecken überzogen waren. Obwohl aus dieser Richtung kühler Wind kam, war es doch nicht kalt.

„Wie schön", schwärmte Ophelia, die sich neugierig umsah.

Die Haltestelle wirkte Fehl am Platz, da sie mitten auf einer Wiese war. Nur ein kleines Häuschen kennzeichnete die Stelle, denn die Schienen waren nicht zu sehen. Nicht einmal das Gras war plattgedrückt.

„Wo sind wir hier?", wollte Ophelia wissen, die ein wenig unruhiger wurde.

Ich biss mir auf die Lippen, um nicht noch mehr zu grinsen, als ich in die Ferne deutete. „Dort werden wir heute übernachten", sagte ich.

Ophelia runzelte die Stirn und folgte meiner Deutung. Es fiel mir wirklich schwer, nicht breit zu grinsen oder gar zu lachen, als sie mich verwirrt ansah. „Da ist doch gar nichts", sagte sie empört und stemmte die Hände in die Hüften.

Ich legte ihr einen Arm um und grinste nun doch. „Ach, ist es nicht?", fragte ich unschuldig. „Vielleicht siehst du es einfach nur nicht. Brauchst du eine Brille?", neckte ich, wobei ich sie bereits ein wenig schob, damit sie sich bewegte.

Dafür erhielt ich einen wenig erfreuten Laut, doch sie lief los. Ich deutete Achanox und Asara, uns zu folgen. Auch sie sahen skeptisch aus. Irgendwie konnte ich es verstehen.

Ephemera und das Amulett der Schatten (Band 2) BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt