Kapitel 10.3

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Leon erhob sich langsam und schwerfällig. „Wo sind wir hier überhaupt und wie hast du uns hierhergebracht?", fragte er, wobei er zu Dorian sah, als wäre er für den Zauber verantwortlich.

Hatte er mir gerade etwa nicht zugehört oder glaubte er mir nicht? Eigentlich sollte es mir egal sein, doch Leon war seltsam. Ich hatte das Gefühl, dass er mich schon länger beobachtete. Eigentlich, seitdem wir uns das erste Mal begegnet waren. Das sorgte dafür, dass ich mich in seiner Gegenwart unwohl fühlte.

„Das geht dich gar nichts an. Fass einfach nichts an", warnte Dorian schlecht gelaunt.

Es war unschwer zu erkennen, dass er sich nicht darüber freute, dass Leon hier war. Was ich gut verstehen konnte.

„Hast du die Falle ausgelöst?", fragte ich, da für mich das am logischsten war. Wir hatten immerhin nichts getan, was diese Falle aktiviert hatte.

„Möglich", grummelte Leon, der seine Hände in seine Taschen steckte. „Bring mich wieder zurück", forderte er, ohne einen Hauch von Schuldgefühlen.

Wut packte mich, doch ich ließ nicht zu, dass sie mich übermannte.

Dorian schien heute nicht ganz so gefasst zu sein, denn er wandte sich zu Leon um und fauchte: „Du hast hier gar nichts zu melden. Klappe halten und Füße stillhalten."

Ich zuckte bei seinen Worten, doch Leon nahm ihn nicht ernst, das konnte ich in seinem Gesicht erkennen. „Du hast mir überhaupt nichts zu befehlen", bemerkte er, was Dorian sehr ärgerte. Er knirschte mit den Zähnen und ballte seine Hände zu Fäusten.

Angst, dass die beiden aufeinander losgingen, machte ich in mit breit, weshalb ich Dorian vorsichtig eine Hand auf den Rücken legte, um ihn etwas zu beruhigen. Hoffentlich half das.

Ich konnte spüren, wie er sich kurz verspannte und dann langsam wieder beruhigte. Oder zumindest spürte ich, dass sich die Anspannung seines Körpers etwas löste.

„Wenn du nicht willst, dass wir dich hier zurücklassen, solltest du auf uns hören", sagte Dorian beherrschter als zuvor, aber doch mit einem leisen Knurren.

Leon hob eine Augenbraue. „Das könnt ihr nicht machen. Man wird nach mir suchen", behauptete er fest.

„Mag sein, aber bis sie dich gefunden haben, hat dich der Ort schon umgebracht", bemerkte ich, als wäre es mir völlig gleich. Was es überraschenderweise auch war. Dabei hatte ich bisher immer das Bedürfnis gehabt, Leben zu schützen. Bei ihm hatte ich allerdings eine so starke Abneigung entwickelt, dass ich ihn loswerden wollte.

Das war nicht gut.

Leon knurrte verärgert. „Wo sind wir hier denn überhaupt?", fragte er beleidigt. Dieser Kerl schien sehr viel auf sich zu halten. Wie stark er war, konnte ich jedoch nicht einschätzen. Ich glaubte trotzdem, dass Dorian viel stärker war.

Ein Seufzen verließ meine Lippen, während ich mich langsam wieder in Bewegung setzte. Da wir noch immer das Buch über den Magier suchten, der die Schule verflucht hatte, mussten wir in einen anderen Gang. Dort ging es um Flüche und vielleicht fand ich in dem Verzeichnis eine kleine Zusammenfassung, die mir helfen konnte. Es wäre so viel einfacher, wenn ich den Namen kennen würde.

Langsam schritt ich mit Dorian durch die Gänge, als ich Leon hinter mir sagen hörte: „Wow, das ist ja cool."

Sofort drehte ich mich um, doch da war es schon zu spät. Er war an ein Regal getreten und seine Finger berührten ein Buch mit goldenem Einband, das leicht schimmerte.

Ich wollte ihn davon abhalten, doch ich kam nicht rechtzeitig hin. Die Magie, die diesen Ort schützte, wurde ausgelöst und fegte über uns hinweg.

„Was war denn das?", fragte Dorian angespannt, während Leon sich nicht einmal die Mühe machte, darauf zu reagieren. Hatte er es vielleicht gar nicht gespürt?

Ephemera und das Amulett der Schatten (Band 2) BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt