35 - Ich mag Süßes ganz gern

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In Windeseile springe ich aus meinem Bett und beginne wie von Sinnen mein Zimmer aufzuräumen. Hektisch werfe ich die Klamotten, die zwar nicht schmutzig, aber schon getragen sind und darum auf dem Stuhl in der Ecke liegen, in einen Wäschekorb und flitze damit ins Badezimmer.

Wieder zurück im Zimmer mache ich mein Bett, arrangiere die Kissen immer wieder neu, weil ich nicht will, dass es zu aufgeräumt, aber auch nicht zu unordentlich wirkt.

Zu guter Letzt blicke ich an mir herunter und beschließe, dass es auch gut wäre, wenn ich mir etwas anderes als einen schlabbrigen Hoodie anziehen würde. Ein Hemd wäre wohl etwas übertrieben, aber ich kann auch nicht–

„Eric?", höre ich hinter meiner Tür und meine Mutter steckt vorsichtig den Kopf herein. „Ist bei dir alles okay?"

Ertappt fahre ich mit der Hand über meinen Nacken und bemühe mich um einen beiläufigen Gesichtsausdruck. „Klar", lüge ich.

Mit gerunzelter Stirn betritt sie mein Zimmer und blickt sich neugierig um. „Ich habe dich von unten hier herumpoltern gehört. Sicher, dass alles in Ordnung ist?"

Nervös trete ich von einem Fuß auf den anderen. „Wä-Wäre es okay, wenn Simon noch vorbeikommt?"

„Simon? Donovan?" Ihre braunen Augen mustern mich ungläubig.

Das Grinsen, das ich verzweifelt versuche zu unterdrücken, bahnt sich unerbitterlich seinen Weg auf mein Gesicht.

„Natürlich", fiepst Mom. „Braucht ... braucht ihr irgendwas?" Sie betrachtet mich von oben bis unten und zeigt mit fragend erhobener Augenbraue auf meinen Hoodie. „Willst du das anlassen?"

Verzweifelt reiße ich die Arme in die Luft. „Nein! Aber ich weiß nicht, was ich sonst anziehen soll!"

Schnurstracks durchquert sie mein Zimmer und reißt den Kleiderschrank auf. „Einen Hoodie finde ich gut, aber dieses abgeranzte Teil bitte nicht." Wild wühlt sie zwischen meinen Klamotten, zieht einen petrolfarbenen Kapuzenpullover hervor und hält ihn mir hin. „Der hier. Der betont deine Augen so schön."

Ich stöhne genervt auf. „Mom, es ist kein Date!"

„Auch ohne Date kannst du gut aussehen! Los, zieh ihn an, ich bringe den anderen gleich in die Wäsche. Hast du den Stuhl–" Sie dreht sich erwartungsvoll um und stockt vor Überraschung, ehe sie sich wieder mir zuwendet, ein amüsiertes Schmunzeln auf ihren Lippen. „Kein Date, was? Ich wette, Daphne hat diesen Stuhl noch nie gesehen, so viele Klamotten wie da normalerweise drauf liegen."

„Daphne gehört auch zum Inventar", nuschle ich, während ich mir gerade meinen Schlabberhoodie ausziehe und die Arme nach meiner Mutter ausstrecke, damit sie mir das Teil zuwirft, das sie für mich ausgesucht hat. „Danke, Mom", grinse ich, als sie zu mir kommt, den neuen Hoodie zurecht zupft und mir einen Kuss auf die Wange drückt.

„Soll ich euch Popcorn machen?", bietet sie an und sieht dabei so aufgeregt aus, wie ich mich fühle.

„Kannst du einfach gar nichts sagen?", flehe ich. „Bitte?"

Sie imitiert mit ihren Fingern allen Ernstes einen Schlüssel, der ihre Lippen verschließt und zwinkert mir zu.

Gerade, als sie mein Zimmer verlassen will, klingelt es an der Haustür und wir zucken beide zusammen.

„Lass mich wenigstens aufmachen", kichert sie und flitzt doch tatsächlich die Treppe nach unten, bevor ich sie daran hindern kann.

Als ich ihr folge, sehe ich, dass sie meinen Schlabberhoodie einfach durch die noch offene Badezimmertür geworfen hat und schüttle lachend den Kopf.

Sie mag manchmal etwas überfürsorglich sein, aber ich kann mir einfach keine bessere Mom als sie vorstellen.

Schnell befördere ich den Hoodie in den Wäschekorb – nichts wäre peinlicher, als wenn Simon vielleicht nachher aufs Klo muss und hier schmutzige Klamotten im Bad rumliegen. Kurz darauf wird unten die Tür geöffnet und ich höre, wie meine Mom begeistert „Hey, du musst Simon sein. Komm doch rein, ich bin Erics Mom" ruft.

Ich werfe schnell einen letzten Blick in den Spiegel, fahre mir noch einmal mit den Fingern durch meine zerzausten Haare und atme tief durch.

Kein Date, Eric. Er will nur einen Film schauen.

Mit butterweichen Knien gehe ich zur Treppe und begegne Simon auf halbem Weg.

Sein unwiderstehliches Lächeln lässt mich beinahe zusammensacken und ich bin froh, dass meine Hand am Geländer mich dabei unterstützt, meine Balance zu halten. Natürlich entgeht mir nicht, dass er sich anscheinend auch umgezogen hat. Jetzt trägt er einen dunkelgrünen, gestrickten Pullover, der den Grünanteil seiner blau-grünen Augen auf besondere Weise betont.

„Hi", presse ich hervor, als er vor mir zum Stehen kommt.

„Hey", erwidert er lächelnd und blickt über seine Schulter zurück zu meiner Mom, die unten am Treppenansatz steht und uns wie ein Honigkuchenpferd anstrahlt. „Ich mag Süßes ganz gern, Mrs. Thompson."

What?

Meine Mom nickt begeistert und ruft: „Genau wie Eric. Ich bringe es euch gleich hoch. Noch was zu trinken? Cola? Eistee?"

Oh, sie reden über Popcorn.

Simon schaut fragend zu mir und ich antworte möglichst lässig: „Ich komme gleich und hole was. Danke Mom." Ich winke Simon mit einer Handbewegung zu, dass er mir folgen soll und gehe vor ihm zu meinem Zimmer.

Nachdem ich die Tür aufgedrückt habe, bedeute ich ihm, hineinzugehen. „Such dir einen Platz, ich hole uns mal was zu trinken. Cola oder Eistee?"

Simon geht an mir vorbei, blickt sich interessiert in meinem Zimmer um und zuckt die Schultern. „Was du lieber magst."

Viel zu schnell rase ich die Treppe nach unten und stoße fast mit meinem Vater zusammen, der gerade aus dem Wohnzimmer kommt. „Sorry Dad", rufe ich im Rennen und haste in die Küche, wo ich eine Colaflasche und eine Eisteepackung aus dem Kühlschrank hole.

Panisch blicke ich auf die Packung. „Shit, wir haben nur Pfirsich. Was, wenn er Zitrone lieber mag?"

Eine Hand auf meiner Schulter lässt mich zusammenzucken und ich sehe erschrocken in die braunen Augen meiner Mutter. „Ist alles okay, Eric?"

„J-Ja", stottere ich. „W-Was ist mit dem Popcorn?"

„Habe ich schon fertig, soll ich es mit hochbringen?" Sie greift nach den beiden gefüllten Schüsseln und ich schüttle aufgeregt den Kopf.

„Das geht schon, ich mache das", wehre ich ab und nehme ihr die Schalen ab. Während ich mir die Getränke unter den linken Arm klemme, balanciere ich die Schüsseln übereinander auf dem rechten und strecke die Finger meiner linken Hand nach Mom aus. „Kannst du mir da noch zwei Gläser geben?"

Sie betrachtet mich skeptisch und holt, wie gewünscht, Gläser aus dem Schrank. „Ich soll wirklich nicht helfen?"

„Nein Mom." Genervt rolle ich mit den Augen.

Vorsichtig drückt sie mir die Gläser in die Hand und grinst mich verschwörerisch an. „Er sieht toll aus", wispert sie.

„Mom, hör auf!" Schnell drehe ich ab und will aus der Küche gehen, stoppe jedoch in der Tür und beuge mich noch einmal zurück, um sie kurz anzuschauen. „Tut er wirklich, oder?", grinse ich.

Sie nickt kichernd und zeigt mir ihre erhobenen Daumen, als würde sie mich wie früher bei einem Sportwettkampf anfeuern. „Viel Spaß, Eric!"

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