| 31 | Wiedersehen

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damen

Um sieben Uhr in der Früh stand ich in der Küche und hockte auf dem Tisch. Seit dem gestrigen Vorfall wollte ich mir nicht vorstellen, wie besorgt alle waren.

Meine Hände waren in Verbände gewickelt und mein Kopf pochte. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich entschuldigen konnte. Nach all dem Chaos, was ich angerichtet hatte, musste ich es wiedergutmachen. Irgendwie.

Ich mochte es gar nicht, wenn man mich so schwach sah. Kayleens und Jupiters erschrockene Mienen brannte sich in mein Hirn. Fuck.

Um mir ein besseres Gewissen zu verschaffen, duschte ich, räumte auf und ging einkaufen. Ich hatte allen große Sorgen bereitet. So wie ich Alec kannte, ging er heute meinetwegen sicher nicht in die Arbeit.

Im Supermarkt wanderte ich alleine durch die Gänge und suchte nach allem, was meine Familie mögen könnte. Ich hasste es, im Mittelpunkt zu stehen. Ich musste allen versichern, dass es mir gut ging.

Ich war bloß im falschen Moment im falschen Raum. Nur wegen diesem Huhn. "Damen?" Eine Frau kam auf mich zu. Jade stellte sich neben mich und lächelte breit. "Was machst du denn so früh hier?" Sie sah so aus, als wäre sie gerade erst aufgewacht.

"Einkaufen.", murmelte ich kleinlaut und sie zog die Braue hoch. "Wir wissen beide, dass du nie so früh einkaufst.", meinte sie und zog mich am Arm in die Schokoladenabteilung.

Jade und Alec hatten früher aneinander geklebt. Sie war immer bei uns und passte auf mich und meine Brüder auf. Vor der Trennung waren sie unzertrennlich.

Jade war mir immer eine große Hilfe. Sie half immer, obwohl ich nie nach Hilfe fragte. Sie kannte mich immer noch zu gut, da sie immer alles und jeden beobachtete. Darum konnte ich bei ihr nicht lügen. Sie konnte Lügen quasi riechen.

"Gestern war ich im Keller und dann-", sagte ich, aber ich beendete den Satz nicht. Sie runzelte besorgt die Stirn. "Ohje. Geht es dir gut?" Ich nickte.

Sie grübelte. "Und jetzt machst du allen Frühstück?", hakte sie nach, was ich wieder mit einem Nicken bestätigte. Jade lächelte genauso wie sie es vor Jahren tat.

"Du bist immer noch wie ein Kind.", kommentierte sie grinsend und lief voraus. Ich folgte ihr schweigend. Wir verbrachten die nächsten fünfzehn Minuten damit, gemeinsam einzukaufen.

"Damen?" Fragen sah ich zu ihr hinunter. "Ist Alec Zuhause?" Ich zögerte. Sie wollte meine Brüder sehen. Jade hatte Hunter und Dante bestimmt vermisst.

"Nein.", log ich und sah absichtlich weg. "Er arbeitet." Sie nickte zufrieden. Ich wollte Jade nicht anlügen, aber ich hatte keine andere Wahl. Sie würde keinen Fuß ins Haus setzen, wenn sie wüsste, dass Alec dort wäre.

Sie hasste ihn abgrundtief.

"Ich komme mit.", informierte sie mich, als wir aus dem Geschäft gingen. Das hatte ich mir bereits gedacht. "Hunter und Dante werden sich freuen."

Sie wusste es. Sie wusste, dass ich log.

"Du willst nur nicht im Mittelpunkt stehen.", murrte sie und rammte leicht ihren Ellbogen in meine Seite. Das erinnerte mich an alte Zeiten. Sie hatte das oft getan. Vor allem bei Alec. Mit voller Wucht.

Auf dem Weg zurück erzählte sie mir von ihrem Leben. Sie lebte mit ihrem besten Freund zusammen und verfolgte ihren Traum Künstlerin zu werden.

Allerdings wurde sie unterbrochen, als ich die Haustür aufsperrte und aufgebrachte Stimmen durch das Haus drangen. Wir zogen unsere Jacken und Schuhe aus und ich ging mit langsamen Schritten voraus.

Before I Loved YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt