1 Ein Kidnapper mit Dackelblick

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„Stella, bist Du wach?"

Sophia hatte einen sauren Geschmack im Mund, ihre Glieder schmerzten. Das Feldbett war unbequem. Sie konnte sich nicht rühren. Ihre Hände und Füße waren mit Lederschnüren an den Rahmen der Liege gefesselt. Der Raum war dunkel. Stella antwortete nicht, aber sie konnte sie atmen hören. Sie hatte sie zuletzt gesehen, als sie beim Betreten der Hütte in der Nähe von Megalopolis auf der Peloponnes betäubt wurden, wo sie einem Kontaktmann des Widerstands Geld übergeben sollten. Aus dem Nebenraum drangen gedämpfte Stimmen

„Und was machen wir jetzt? Die Mädchen haben das Geld nicht, im Auto ist auch nichts. Wollen wir sie nicht gehen lassen?"

„Irgendwo muss es sein, und sie wissen, wo. Wenn sie wach werden, morgen früh, müssen sie es uns sagen. Mädchen mögen keine Schmerzen. Ich gehe nach Hause. Pass auf, dass sie nicht schreien, auch wenn's hier niemand hören kann."

„Und wenn jemand kommt, um sie zu suchen?"

„Vor morgen Mittag kommt sicher niemand, und bis dahin haben wir das Geld und sind weg."

„Was willst Du mit den Mädchen machen?"

„In der Halde hinten am Bergbau werden sie in den nächsten hundert Jahren nicht gefunden."

„Du willst sie töten?"

„Sie haben mich gesehen."

Sophia hörte, wie die Eingangstür zugeschlagen wurde. Hoffentlich wachte Stella bald auf! Wenn sie eine Chance zur Flucht haben sollten, dann nur zusammen.

Tom schlummerte auf der Rückbank eines weißen Fiat Kombi. Nikos hatte darauf bestanden, er solle sich legen. Er schätzte, sie würden vier Stunden brauchen, und so lange sollte Tom mit seiner Stichverletzung, die ihm im Souk von Tripolis zugefügt worden war, nicht sitzen. Basilis hatte ihnen den Weg auf einer Karte eingezeichnet. Ihr Kontaktmann war ein junger Sozialist aus Megalopolis, mit dem es nie Schwierigkeiten gegeben hatte.

Sophia lag in der Dunkelheit und grübelte. Sie lauschte in die Dunkelheit. Stellas Atemzüge blieben regelmäßig. Ihr Ausbruchsplan nahm Formen an, aber sie brauchte ihre Freundin. Allein konnte sie es nicht schaffen.

„Stella, Stella, sag was," flüsterte sie im Viertelstundentakt, aber sie bekam keine Antwort.

***

Sandy fuhr mit Manos und Georg, dem ehemaligen Fahrer des deutschen Politikers Przybilski, nach Agios Andreas. Georg hatte sich in Tripolis von seinem Arbeitgeber verabschiedet und war dabei, ein neues Leben in Griechenland zu beginnen.

„Was willst Du nun machen, Georg?"

„Ich weiß noch nicht so genau. Martin meinte, ich könnte als Funker auf einem Schiff arbeiten. Aber erst mal ist Urlaub."

„Hast Du denn Geld, um Urlaub zu machen?"

„Hab jahrelang kaum was ausgegeben. Für ein paar Monate würde es schon reichen."

Kurz vor Agios Andreas hielten sie an der Kapelle. Sandy und Manos gingen hinein, zündeten Kerzen an und knieten sich hin. Georg beobachtete sie von der Tür aus. Er wirbelte herum, als ihm jemand auf die Schulter tippte. Der Pope lächelte:

„Mein Sohn, hast Du keinen Grund, dem Herrn zu danken?"

„Doch, habe ich, viele Gründe," antwortete Georg und kniete sich neben die beiden. Als er sich bekreuzigte, merkte er mit einem Mal, dass sein neues Leben begonnen hatte. Er fühlte sich merkwürdig leicht. Frei.

***

„Wie lange noch?" fragte Tom, der durch das Geschaukel auf der löchrigen Straße aufgewacht war.

Die richtigen Leute Band 5: Nikos ToursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt