Die Musiker holten ihre Instrumente, und auf dem Oberdeck am Heck zeigten die Dubliners ihnen die Akkorde des „Irish Rover". Ronnie hatte den Text aufgeschrieben. „Ganz schön lang," stöhnte Martin innerlich, „und so viele Namen!" Mole mit seinem Akkordeon und Manos und Starman mit den Bouzoukis tüftelten ein griechisch-orientalisches Intro aus, in dem immer wieder kleine Zitate aus dem irischen Lied versteckt waren. Die anderen probten das Stück und versuchten, sich den Text einzuprägen. Nach einer Stunde waren alle so weit.
Das Trio spielte ein Zwei-Minuten-Intro und gab das Zeichen für den Einsatz der anderen, da sprang Ronnie auf:
„Stop, stop, stop!"
Mole sah ihn erschrocken an, als er auf ihn zukam. Der Ire umarmte und küsste die drei verdatterten Musiker auf die Wangen, was ungeheuer kitzelte. Mole beschloss spontan, sich bei Gelegenheit einen Vollbart wachsen zu lassen.
„Ihr seid einfach unglaublich, das ist grandios, was Ihr da macht. Wir sollten uns wirklich mal in London treffen."
Mole war selig:
„Wir haben viel Platz in unserem Haus, na ja, wir wohnen da nur zur Miete. Es gehört Michalis. Kommt vorbei, dann machen wir Musik zusammen."
Die Musiker beeilten sich alle mit dem Abendessen. Sie wollten vor dem Auftritt noch einmal das neue Stück proben. Da sie schon auf dem Hinweg vor weitgehend demselben Publikum gespielt hatten, wechselten sie etliche Stücke aus. Ihr Repertoire war inzwischen groß genug. Das Konzert war wieder ein voller Erfolg, und der Plattenverkauf lief noch einmal doppelt so gut wie im vergangenen Jahr auf der Nefertiti. Dann kündigten Nikos und Samir die allerletzte Zugabe an. Hans hatte das ganze Konzert auf Tonband, jetzt schaltete Reiner auch die Kamera ein.
„Wir spielen dieses Lied für fünf unserer Freunde, die es gerade nicht so bequem haben wie wir. Dave, Phil, Stelios, Spiros und Michael, das hier ist für Euch."
Mole, Starman und Manos brachten die Leute schon zum Tanzen, auch wenn sie das Stück nicht erkannten. Es gab Szenenapplaus, als Ronnie mit einem großen Chor sang. Einige hatten vorsichtshalber Zettel mit dem Text in der Hand. In der Mitte gab es ein weiteres orientalisches Zwischenspiel, und das Ende bestritt John von den Dubliners ganz allein, indem er die Melodie immer langsamer werdend auf der Geige spielte.
In der Personalkantine gab es gegrilltes Gemüse und Fleischspießchen. Michalis fragte die Dubliners, ob sie bei Gelegenheit mal wieder auf einem seiner Schiffe spielen würden.
„Wenn wir unsere Frauen mitbringen dürfen, gerne," meinte Ronnie. „Wie kommt es, dass die Musiker in Ihrem Haus in London wohnen?"
„Das ist so eine Art Wohnheim für Studenten, denen unsere Stiftung das Studium finanziert."
Ronnies Neugier war erneut geweckt, und Michalis erklärte ihm, angefangen von Ölgeschäften bis hin zu dem Vorspielen der Uptones auf seinem Geburtstag, die Zusammenhänge. Dieses Wohnheim würden sie sich ansehen, nahm sich Ronnie vor.
„Diese Musiker sind wirklich sensationell," sagte Elli zu ihrem Gatten, der zwar in musikalischen Dingen nicht sehr bewandert war, aber die Konzerte auch genossen hatte. Sie saßen auf einer Holzbank in Windschatten der Brücke. Im Laufe der Nacht war es immer windiger geworden, jetzt schwankte das Schiff wie ein Ire, der zuviel Whiskey getrunken hatte.
Die Hände fest an beiden Geländern stiegen sie die Treppe zu ihrem Kabinendeck hinunter. Sie bogen in ihren Gang ein und sahen, wie Sophia händchenhaltend mit dem jungen Mann aus Libyen in ihrer Kabine verschwand. Dann bogen Tom und Nikos aus einem Quergang um die Ecke und gingen in eine andere Kajüte. Bilski erinnerte sich an die Szene auf der Festung von Korinth.
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Die richtigen Leute Band 5: Nikos Tours
Historical FictionIm nunmehr 5. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute" werden Tom, Nikos und ihre Freunde in immer gefährlichere Abenteuer verwickelt. Sophia und Stella werden gekidnappt, Tom und Nikos in Kairo vom ägyptischen Geheimdienst bedrängt, und einige ihrer...