21 Butterblumen

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„Hast Du für mich auch mal ein Bier?" bat Bilski seinen Sohn.

„Das ist kein Bier, das ist Kölsch," belehrte ihn Tom.

„Du glaubst nicht, an was sich ein Mensch alles gewöhnen kann, sogar an Kölsch," seufzte der Politiker.

„Weißt Du eigentlich was über Gaddafis Familienverhältnisse?" fragte ihn Tom.

„Er hat mal von seinem Stamm erzählt, aber so ganz bin ich da nicht durchgestiegen."

„Spiros sagt, er ist geschieden und wieder verheiratet," verriet ihm Tom.

„Sieh mal an, das ist mir neu," versetzte Bilski und fügte nach einer kurzen Denkpause hinzu, „Wisst Ihr was? Ich lasse das mit dem Bier. Ich fahre nach Hause, ich muss morgen früh raus, Ölgeschäfte und Krankenhäuser klarmachen."

„Viel Spaß dabei, und danke, dass Du nicht einmal das Wort „Bundeswehr" erwähnt hast," sagte Tom.

„Ich wünsche Dir, dass Du's nicht bereust. Bis bald."

Bei Billy hatte sich ein Wust von Fragen angestaut, aber Tom bremste ihn aus:

„Kannst Du um diese Zeit noch Musik machen? Und hättest Du mal was zu rauchen, und Cola, oder Wasser? Dieses Bier ist eklig."

„Hier im Haus wohnen fast nur Studenten, die Wohnung ist auch gut gedämmt. Lust auf was Spezielles?"

„Dreh Du einen Joint, ich gucke mal Deine Platten durch."

Tom fand zu 95 Prozent, was auch in seinem Regal stand.

„Was ist das hier? „Soul Revolution", Bob Marley and the Wailers, nie gehört. Ist dreimal so schwer wie andere LPs, das Ding."

„Hat mir ein Freund aus London mitgebracht, leg mal auf."

Die Platte knisterte, und die Nadel bewegte sich gefährlich auf und ab, aber die Musik elektrisierte Tom sofort. Sowas hatte er noch nie gehört. Basslines from heaven, Harmoniegesang wie von Motown, aber Reggae. Stillsitzen ging nicht. Er zog ein paarmal an dem Joint, stand auf und tanzte durch die Studentenbude. Billy grinste:

„Wusste ich's doch. Ich lege die seit einem Monat jeden Tag auf."

Plötzlich flog die Tür auf.

„Was ist das denn für ein Lärm und Gestank hier? Party?"

„Genau, Party, kommt rein, Jungs. Tom, das sind Werner und Walter, besser bekannt als das Doppel-W - einen allein kriegst Du nie zu fassen. Meine Mitbewohner."

Die Wailers sangen „Fussing and Fighting", und die drei Bonner sangen laut mit. Alle tanzten durcheinander, und Tom merkte, wie er in eine Trance abrutschte. Libyen, Dave, Gaddafi, Bilski, Krankenhäuser, Palästinenserlager, Abitur, alles fiel von ihm ab. Er schloss die Augen und tanzte mit Nikos, und sie hörten erst auf, als Billy die Platte umdrehte.

Tom und Billy warfen sich in die bequemen, weichen Sessel.

„Du wolltest mir von Deinem Freund Nikos erzählen," erinnerte Billy Tom.

„Jungs, ich kenne das," stöhnte Werner. „Wenn Du so anfängst, Billy, dann sitzen wir morgen früh noch hier. Ich muss ins Bett, komm, W."

Das doppelte W bewegte sich aus dem Zimmer.

„Ich bin auch hundemüde," sagte Tom. „Kann ich Dir das im Liegen erzählen?"

Billy klappte seine Couch aus, holte Bettzeug aus dem Schrank und warf es auf das so entstandene breite Bett. Er startete die Platte noch mal, drehte aber die Lautstärke herunter.

Die richtigen Leute Band 5: Nikos ToursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt