18 Waffenstillstand

3 3 0
                                        

Alle wollten zu der Unfallstelle mitkommen, aber Georgios bat sie, in Agios Andreas zu warten. Er wollte dort lieber nicht mit dem großen Gefolge auftauchen.

„Hoffentlich ist ihr nichts passiert, Nikos, fahr schneller."

„Beruhige Dich. Wenn wir jetzt auch noch einen Unfall bauen, hilft das niemandem."

Sie sahen die Autos schon von Weitem. Ein Polizeiwagen sicherte mit Blaulicht die Unfallstelle, während die Polizisten an ihrem Fahrzeug lehnten. Einer von ihnen schrieb emsig in ein Notizbuch. Ein älterer Mann saß auf der Rückbank des Polizeiwagens und stierte mit leerem Blick schwitzend vor sich hin. Davor stand ein roter Fiat 850 Coupé, dessen Front Matsch war, und ganz vorne der weiße Käfer von Sophias Vater. Die rechte Seite war komplett eingedrückt.

Sophia saß weinend auf dem Kantstein. Ein Mann redete beruhigend auf sie ein. Georgios und Nikos gingen zu ihr.

„Schwester, was ist passiert?"

„Ich habe alles falsch gemacht," schluchzte sie. Der Mann neben ihr widersprach:

„Sophia, das stimmt doch nicht. Der Mann ist völlig betrunken. Du hättest ihm gar nicht ausweichen können. Du hast nichts falsch gemacht."

„Welcher Mann?" Sie weinte hemmungslos. „Ich meine Tom."

„Ich bin Arzt," sagte der Helfer zu Georgios, „bist Du ihr Bruder? Sie hat sich das Handgelenk verstaucht, das ist nicht weiter schlimm. Aber sie steht unter Schock. Ich gehe und hole eine Spritze. Sie muss sich beruhigen."

Der Arzt wohnte wenige Häuser weiter. Er hatte den Unfall gehört und sofort Erste Hilfe geleistet. Nikos sprach derweil mit den Polizisten.

„Der Fahrer des Fiat ist betrunken, er ist einfach auf die Hauptstraße gefahren und hat sie voll erwischt."

„Was passiert mit ihm?"

„Wir nehmen ihn mit, Blut abzapfen. Er kommt ins Polizeigefängnis, und nächste Woche wird er vor Gericht gestellt. Ich schätze, das gibt zwei Jahre Gefängnis. Er ist natürlich nicht versichert. Schadensersatz könnt Ihr also vergessen."

„Vielleicht könnte unsere tolle Regierung ja endlich mal eine vernünftige Regelung schaffen, die halten doch sonst so viel von Regeln," empörte sich Nikos. „Für jeden Mist brauchst Du von denen einen Stempel, aber Autofahrer haben keine Versicherung, so wie in Deutschland."

Der Polizist sah ihn durchdringend an.

„Wäre das erste Mal, dass sie ein sinnvolles Gesetz machen. Na ja, so schlimm ist's ja nicht. Das Mädchen ist nur leicht verletzt, und den Wagen kann man ausbeulen."

„Oh nein," widersprach Nikos. „Sehen Sie sich den mal genau an. Der ist total verzogen. Mit dem Hämmerchen machst Du da gar nichts."

Der Polizist kniff die Augen zusammen und musterte das Auto aus verschiedenen Blickwinkeln.

„Du hast recht, der fährt nicht mehr geradeaus."

Inzwischen hatte der Doktor Sophia eine Spritze gegeben. Sie rief nach Nikos.

„Kannst Du mich zum Hotel am Strefi bringen?"

„Die anderen warten in Agios Andreas."

„Bloß nicht. Bitte bring mich ins Hotel. Ich will allein sein. Ich will niemanden sehen, auch meine Eltern nicht. Bitte."

Nikos übernahm die Regie:

„Georgios, ich fahre mit Sophia zum Strefi. Du wartest hier auf Deine Eltern, die müssten ja bald kommen. Ich schicke Jannis mit dem Abschleppwagen her. Wir kriegen die Kiste schon wieder flott."

Die richtigen Leute Band 5: Nikos ToursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt