Die Überfahrt nach Ägypten war noch unruhiger als die Nacht zuvor, was die Band nicht davon abhielt, die Gäste zu unterhalten. Martin und Phil waren diesmal nicht mit von der Partie, denn sie hatten beschlossen, früh zu Bett zu gehen. Im Gegensatz zu den anderen Reisenden fuhren sie schließlich nicht in den Urlaub, nicht nur, jedenfalls, und sie wollten rechtzeitig zum Sonnenaufgang wach sein.
Mit den ersten hellen Streifen am Horizont standen Tom, Nikos, Martin, Phil und Billy an der Reling und begrüßten Re, der in atemberaubender Geschwindigkeit und Schönheit Besitz von Himmel und Erde ergriff. Tom schloss die Augen. Seine Arme ruhten auf den Schultern von Nikos und Phil, der die Nacht in der Kabine seines Bruders Stelios verbracht hatte, der im Maschinenraum Wache schieben musste. Die aufgehende Sonne war so hell, dass sie Toms geschlossene Lider durchdrang. Vor rosa-orangem Hintergrund erschien Sophia und lächelte ihn an:
„Ich liebe Dich, mein Held."
„Ich liebe Dich auch," signalisierten ihr seine Gedanken, und er wusste, dass sie es hören konnte.
Als die Tutanchamun in den Hafen einlief, zogen Tom und Nikos ihre Uniformen an, packten ihre wenigen Sachen in die Rucksäcke und trafen sich dann mit Martin, Phil und Billy an der Reling. Sie suchten Serhat, aber auf dem Kai herrschte ein solches Gewusel, dass sie ihn nicht ausmachen konnten. Inmitten der anderen Reisenden gingen sie, angeführt von Tom und Nikos, den beiden libyschen Majoren mit schwarzen Sonnenbrillen, von Bord.
Der Soldat, der Toms Pass kontrollierte, bat ihn auf Englisch, ihn zu begleiten. Tom und Nikos folgten ihm zu einem Militärjeep.
„Wohin bringen Sie uns?" fragte Tom den Fahrer des Jeeps. „Wir wollten uns hier mit einem Freund treffen."
„Wir fahren zur Kommandantur. Sie sind in einer halben Stunde wieder hier."
„Wir müssen aber erst kurz mit unserem Freund sprechen, sonst denkt er noch, wir kommen nicht."
Sie suchten mit den Augen die Umgebung ab, aber es wimmelte nur so von jungen Männern in Dschallabijas mit Serhats Statur. Zumal der, wenn er nicht als Beduine arbeitete, Jeans und T-Shirt trug. Seine Sonnenbrille war nicht weniger schwarz als Toms. Es hatte etwas gedauert, bis er den Deutschen trotz der braunen Uniform erkannte. Er hielt lieber Abstand, als er sah, dass seine Besucher von Soldaten zu einem Militärfahrzeug geführt wurden. Erst als er sicher war, dass sie nicht verhaftet wurden, löste er sich aus der Menge und stand urplötzlich vor Tom, als sei er aus dem Boden gewachsen.
„Salam aleikum. Sucht Ihr jemanden?" grinste er.
„Aleikum salam, wir haben ihn gefunden," sagte Tom und begrüßte ihn mit Wangenküssen. Er stellte seine Mitreisenden vor und erklärte ihm, dass Nikos und er in einer halben Stunden wieder da sein würden. Sie hätten noch etwas zu erledigen.
Serhat zeigte auf ein Café am westlichen Rand des Hafens:
„Wir warten da drüben. Beeilt Euch. Wir sollten den Zug um elf nehmen. Das ist ein Schnellzug, dann sind wir schon vor zwei Uhr in Kairo. Was sollen eigentlich die Uniformen?"
„Lass es Dir von Phil erzählen, wir müssen los."
Der Jeep fuhr zunächst etwa 10 Minuten lang durch enge Nebenstraßen. Die Häuserfronten in Hafennähe hätten genauso in mancher europäischen Mittelmeerstadt stehen können, vier- und fünfgeschossige Wohnhäuser mit Geschäften im Parterre. Giebel und Fensterumrandungen waren zum Teil mit Stuck verziert.
An einer vierspurigen Straße wechselten sich altehrwürdige, weiße Villen in kleinen Parks mit stattlichen, offenbar von Banken und Behörden genutzten Gebäuden ab. Mit wachsender Entfernung zum Zentrum wurden die Fassaden eintöniger, und die Häuser waren auch bei Weitem nicht so gut gepflegt. Inmitten eines Wohnviertels hielten sie vor einem schwarzen Gittertor.
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Die richtigen Leute Band 5: Nikos Tours
أدب تاريخيIm nunmehr 5. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute" werden Tom, Nikos und ihre Freunde in immer gefährlichere Abenteuer verwickelt. Sophia und Stella werden gekidnappt, Tom und Nikos in Kairo vom ägyptischen Geheimdienst bedrängt, und einige ihrer...