Sophia saß auf einem roten Samtkissen im Zelt und weinte.
„Tom, wach auf," flüsterte sie. Ihre Stimme war spröde. Tom kuschelte sich an Nikos.
„Tom, Nikos, wacht auf. Besuch für Euch."
Das war nicht Sophias Stimme, das war Ahmed. Tom schlug die Augen auf. Sophia war nicht da. Auch kein rotes Samtkissen.
„Endlich. Steht auf, der Mann wartet schon eine Viertelstunde."
„Was für ein Mann?"
Ahmed wurde von einem älteren Soldaten beiseite geschoben, der auf den halbwachen Tom und den immer noch schlafenden Nikos Arabisch einredete. Tom rüttelte an Nikos' Arm, um ihn zu wecken, und bat Ahmed:
„Kannst Du bitte mal übersetzen?"
Der Soldat hatte den Auftrag, Maß zu nehmen. Sie sollten Felduniformen bekommen, und er hatte es eilig. In sechs Stunden würden sie abfliegen - bis dahin musste die Schneiderei fertig sein. Tom kam sich ein wenig vor wie auf dem Viehmarkt. In Unterhosen standen Nikos und er mit ausgebreiteten Armen nebeneinander. Der Soldat nahm gewissenhaft Maß und notierte reihenweise Zahlen in ein kleines Büchlein. Als er fertig war, sagte er:
„Auf dem Weg zum Flughafen besucht Ihr mich in der Uniformschneiderei. Das ist noch nicht mal ein Umweg."
„Wir müssen auch im Wohnheim vorbeifahren," meinte Ahmed. „Wenn ich wochenlang in Griechenland bleiben soll, muss ich ein bisschen mehr einpacken."
„Wo war noch mal die Toilette?" fragte Tom. „Das war so dunkel letzte Nacht."
Nicht nur er hatte ein Bedürfnis.
„Ich frage mal eine Wache," sagte Ahmed.
„Was für eine Wache?"
„Zwei Soldaten haben die ganze Zeit vor dem Eingang gestanden."
„Warte mal," sagte Tom. Er fand, es sei an der Zeit, die Wirkung seines Ansteckers zu testen. Er schob den dicken Vorhang zur Seite und trat ins Freie. Die Soldaten salutierten. Tom grüßte zurück.
Sie wiesen ihm den Weg zu einem Unterstand, in dem zwei Waschstellen untergebracht waren. Etwas weiter gab es ein Plumpsklo. Frisch gewaschen bekamen sie in dem großen Zelt ein Frühstück mit Rühreiern, Toast und Gebäck, dazu Kaffee so schwarz wie die Nacht und so süß wie Honig.
Nach dem Frühstück beschlossen sie, einen Ausritt in die Wüste zu unternehmen. Ihre Pferde standen schon bereit. Sie hatten nur Zaumzeug, keinen Sattel.
Die Wüste sah hier wieder ganz anders aus. Es gab keine Felsen wie bei Benghazi, schon gar nicht die Dünen wie bei den Pyramiden. Die Hügel waren von einem etwas dunkleren Braun, und es gab einzelne Vegetationstupfer. Sie ritten eine halbe Stunde, dann wurden die Sträucher kleiner, der Sand heller, und bald sah es wie richtige Wüste aus. Sie saßen ab. Ihre braunen Berberstuten zupften an den wenigen trockenen Grashalmen herum.
„Ahmed, lässt Du uns mal allein? Ist nicht böse gemeint, aber wir haben noch was zu besprechen," bat Nikos.
„Ist eine halbe Stunde okay? Ich reite noch ein bisschen weiter."
Tom und Nikos legten sich in den Sand. Ein leichter, milder Hauch strich über das Land. Die Sonne wärmte ihre Haut.
„Hast Du noch mal nachgedacht?" fragte Nikos nach einiger Zeit des Schweigens und Genießens.
„Worüber?"
„Gangster, ich bin's. Du weißt genau, worüber."
„Was gibt's da noch nachzudenken?"
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Die richtigen Leute Band 5: Nikos Tours
Ficțiune istoricăIm nunmehr 5. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute" werden Tom, Nikos und ihre Freunde in immer gefährlichere Abenteuer verwickelt. Sophia und Stella werden gekidnappt, Tom und Nikos in Kairo vom ägyptischen Geheimdienst bedrängt, und einige ihrer...