29 Der Krieg hat begonnen

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Sophia saß im Bus nach Marathon und schäumte innerlich. Wochenlang hatte sie sich wegen des Briefs an Tom Vorwürfe gemacht, hatte Pläne geschmiedet, wie sie ihre Verlobung retten könnte, war bereit gewesen, sich Tom auf die Dauer mit Nikos zu teilen, und in Wirklichkeit ging es gar nicht um Nikos, sondern um diese zugegebenermaßen sehr gut aussehende Frau. Sie hätte es nicht für möglich gehalten, dass Tom sie mit einer anderen betrog, sie sogar wegen ihr verlassen wollte. Wer war diese Frau? Wie lange ging das schon? Niemand hatte etwas davon bemerkt, sonst wüsste sie es. Oder nicht?

Als sie in Agios Andreas ankam, ging sie zu Sandys und Manos' Haus, wo Manos' Mutter Geschirr spülte. Sophia stellte sich mit dem Trockentuch neben sie und half ihr wortlos.

„Kind, geht's Dir nicht gut?" fragte Manos' Mutter.

„Nicht wirklich, aber das wird schon wieder," sagte Sophia tapfer.

„Streit mit Tom?"

„Er hat eine andere."

Manos' Mutter legte den Spülbesen weg, trocknete sich die Hände an der Schürze ab und kochte Kaffee.

„Setz Dich und erzähl."

Sophia hatte Manos' Mutter gemocht, seit sie sie vor Langem auf der Euböa kennengelernt hatte. Sie bewunderte, wie sie ihren Sohn unterstützte, der den Normen der griechischen Gesellschaft so gar nicht entsprach, und wie sie sich in ihr neues Leben als Geschäftsfrau eingefunden hatte. Ohne sie wäre Manos' Laden längst nicht so erfolgreich. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit vertraute Sophia ihr die Geschehnisse des Tages an.

„Tom ist ja für manche Überraschung gut. Was hat er mir für einen Schrecken eingejagt, als er in Uniform vor mir stand. Aber dass er Dich betrügt, glaube ich nicht."

„Ich habe ihm diesen dummen Brief geschrieben, und anscheinend hat er sich danach eine Neue gesucht."

„Sophia, wann sollte er das getan haben? Wenn schon, dann müsste er die vor längerer Zeit kennengelernt haben, aber das hättest Du doch gemerkt. Irgendwas stimmt da nicht."

„Er hat mir ihr geschlafen, glaube mir. Ich weiß, wie er danach aussieht."

„Trotzdem. Irgendetwas passt nicht. Rede mit ihm."

„Ich habe ihm den Brief geschrieben, jetzt habe ich ihn auch noch geschlagen, und eine Freundin hat er auch. Selbst wenn ich wollte, warum sollte er noch mit mir sprechen?"

Statt zu antworten, deutete die Frau auf den Hof. Der Anblick von Nikos und Tom mit den dunklen Sonnenbrillen in ihrem Traumauto versetzte Sophia einen Stich. Sie bemühte sich, im Gesicht ihres Verlobten zu lesen, als er sich der Veranda näherte, aber die Brille verbarg seine Gefühle.

„Können wir reden?" fragte Tom.

„Komm rein," antwortete Sophia.

Ihr Zimmer war geschmackvoll eingerichtet. Sie hatte ihr Lieblingsschränkchen aus Piräus mitgebracht, und zwei Wände waren mit bunten Tüchern bespannt. Auf ihrem Nachttisch stand ein Foto von Tom. Der setzte sich auf den Schreibtischstuhl. Sie hockte sich auf die Bettkante.

„Es tut mir..." begannen beide gleichzeitig.

„Du zuerst," beschied sie ihn.

„Sophia, es tut mir leid. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Bitte verzeih mir."

„Es tut mir leid, dass ich Dich geschlagen habe."

„Du hattest jedes Recht dazu. Ich bin ein Idiot."

„Das stimmt. Wie lange geht das schon?"

„Wieso? Du weißt doch, dass ich Nikos immer schon geliebt habe."

Die richtigen Leute Band 5: Nikos ToursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt