Am Morgen zeigte Billy Tom die Stadt Bonn. Es war ein angenehm warmer Frühlingstag - auf dem Marktplatz pulsierte fast südländisches Leben. Ganz in der Nähe war das Hauptgebäude der Uni, das in einem Schloss untergebracht war. Auf der großen Wiese dahinter saßen und lagen viele junge Leute.
„Das nennt man also Studieren," lästerte Tom.
„Jeder Mensch braucht mal eine Pause," verteidigte Billy seine Kommilitonen.
Sie gingen zum Rhein hinunter, passierten das Stadttheater und überquerten über die Kennedybrücke den Fluss. Ihr Ziel war das Geschäft des Libyers, wo zwei junge Frauen mit weichen Tüchern die Waren in den Regalen entstaubten.
„Was kann ich für Euch tun?" fragte eine von ihnen.
„Ist Malik da?" fragte Tom zurück.
„Der müsste jeden Moment wiederkommen."
„Danke, dann schauen wir uns ein wenig um."
Der Laden bot einen Querschnitt des Angebots im Souk von Tripolis. Die Preise kamen Tom gepfeffert vor. Eine ältere Frau betrat den Laden und kaufte innerhalb von zehn Minuten für mehr als 200 Mark, was man in Libyen für ein Zehntel des Preises bekommen hätte.
„Angebot und Nachfrage," flüsterte Billy, „so geht Kapitalismus."
In diesem Moment keuchte Malik mit einem großen, offenbar schweren Karton herein. Er stellte ihn auf einem Tisch ab und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.
„Das erklärt alles," japste er. „Grüß Dich, Tom."
Er nahm Tom an der Hand und zog ihn, ohne auf Billy zu achten, in eine Ecke neben dem Schaufenster, um ihm zu zeigen, was es zu erklären gab.
„Guck mal, der Opel da," sagte er und zeigte auf einen Wagen, der auf der gegenüberliegenden Seite parkte. Der Fahrer rauchte und beobachtete die Ladentür. Seine Stirn schimmerte grünlich.
„Sie können's nicht lassen," zuckte Tom mit den Schultern. „Übrigens, das ist mein Freund Billy, seine Mutter kauft hier manchmal ein, Frau Przybilski."
„Ja, eine nette Frau, die Elli. Sie mag auch die Dubliners." Malik lächelte spitzbübisch. „Wollen wir den beiden im Auto ein bisschen Arbeit machen?"
„Gerne. Was hast Du vor?"
„Wir könnten eine kleine Stadtrundfahrt machen. Ich muss den Karton nach Godesberg bringen."
„Das kostet alles Steuergeld," gab Tom zu bedenken. „Wir machen das anders."
Billy und Malik stellten sich in die Ecke, von der aus man die Straße übersehen konnte. Tom verließ den Laden und ging zügig auf den Opel zu. Die Gesichtszüge des Geheimdienstmannes entgleisten. Er startete den Motor, aber Tom war schneller.
„Ich wollte Euch nur sagen, wir machen jetzt eine kleine Stadtrundfahrt, einmal nach Godesberg und zurück. Ihr könnt ja so lange einen Kaffee trinken."
Der Fahrer starrte ihn einen Moment lang an, dann legte er den Gang ein und raste davon. Tom winkte ihm spöttisch hinterher.
Die Rundfahrt gab's trotzdem. Das Städtchen, das für die Hauptstadt der Bundesrepublik ziemlich klein war, gefiel Tom. Vielleicht sollte man hier studieren statt in Münster, wie die meisten aus der Gegend von Hohenberg, dachte er. Andererseits: mit Athen konnte Bonn nun wirklich nicht mithalten.
Am Abend stand in Hohenberg eine Sitzung des Familienrats auf dem Programm. Tom war vorgewarnt, nachdem Bilski ihm von dem Gespräch mit seinem Vater in Düsseldorf und einem Telefonat am selben Abend erzählt hatte. Die wirklich geheimen Dinge hatte Bilski allerdings wenigstens für sich behalten. Die Unterhaltung mit Toms Eltern verlief zäh, denn Tom hatte sich vorgenommen, nicht mehr zuzugeben, als sie ohnehin schon wussten.
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Die richtigen Leute Band 5: Nikos Tours
Historical FictionIm nunmehr 5. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute" werden Tom, Nikos und ihre Freunde in immer gefährlichere Abenteuer verwickelt. Sophia und Stella werden gekidnappt, Tom und Nikos in Kairo vom ägyptischen Geheimdienst bedrängt, und einige ihrer...