Mir kamen die Tränen, weil mir die Ähnlichkeit auffiel. Nicht nur unsere Augenfarbe, sondern auch das Grübchen an der rechten Wangen. Trotz allem schüttelte ich mit dem Kopf.
„Sie können Photoshop benutzt haben." Zwar passen die Bilder ein zu eins, wie mir Bettina damals die Frau, die wahrscheinlich meine Mutter sein sollte, beschrieben hat, aber ich möchte es nicht wahrhaben. Wieso sollte der Mann mich nach 18 Jahren wieder finden wollen?
„Schau dich im Spiegel an. Deine Augen, die hast du von mir geerbt. Deine wunderschönen schwarzen langen Haare und deine Lippen hast du von deiner Mutter. Deine Grüppchen an der rechten Wange, die hast du von mir. Du siehst uns verdammt ähnlich. Tú eres mi hija (Du bist meine Tochter)", sprach er.
Wenn ich ihn mir so anschaue, hat er ja recht. Es sind Vergleiche, die mir auch schon aufgefallen sind. Es fiel mir schon schwer das irgendwie zu akzeptieren, aber von hier weg wollte ich nicht. Ich habe Angst in einer neuen Welt zu sein. Ich habe keine Vorstellung, wie viel sein Leben, mein Leben beeinflussen wird. Sie haben mich allein und schutzlos zurück gelassen. Sie hat mich verlassen.
„Ich kenne dich nicht. Ich... Was ist mit ... mit der Frau..." Mir fiel es schwer nachzufragen, weil ich nicht wusste, ob er die Frage hören wollte. Ich wusste nun das er mein Vater ist, aber wer ist meine Mutter? Warum ist Sie nicht hier? Welchen Grund hatte Sie mich an der Türschwelle zu lassen? Warum hat der Mann vor mir nie von mir erfahren?
„Was mit deiner Mutter, meiner Ex-Frau passiert ist? Ist das deine Frage?" Ich nickte ihm zu.
Ich verstand nicht, wieso sowas einem Kind angetan werden konnte. Warum hat Sie mich nicht bei diesem Mann gelassen? Wieso wurde ich direkt vor die Türschwelle gelegt? Zum Teil bin ich wütend auf Sie. Dieser Mann weiß seit 24 Stunden, dass ich existent bin, hat mich gefunden und sich um die Unterlagen gekümmert.
Zum Teil bin ich ihr ja auch irgendwie dankbar, dass Sie mich dort abgelegt hat. Ich hätte ansonsten diese wunderschönen Menschen nie kennengelernt, die ich als Familie sehe.
„Sie hat mich mit einem anderen Mann betrogen. Dein Onkel dachte zunächst, dass du vielleicht die Tochter von diesem Mann bist, aber du hattest so eine große Ähnlichkeiten mit mir und nicht mit ihm. Er wollte sicher gehen und hat deshalb diesen Vaterschaftstest durchführen lassen", sprach er.
„Also hätte dein Bruder mich im unwissenden gelassen, wenn ich nicht deine Tochter gewesen wäre? Wäre ich die Tochter des anderen Mannes, wärst du trotzdem hier gewesen?", fragte ich etwas bissig nach.
Jemanden fremden anpampen ist nicht richtig, aber es macht mich wütend. Genau solche Menschen existieren und solche Menschen werde ich nie verstehen.
„Mein Bruder hätte mich im unwissenden gelassen, aber nicht dich. Würde er alles geheim halten wollen, hätte er sonst niemals mit Bruno über dich gesprochen." Er scheint ziemlich frustriert zu sein und eine gewisse Traurigkeit spiegelt sich in seinen Augen wieder. Er ließ ein paar Tränen frei, genauso wie ich.
„Wie geht die Geschichte weiter?", fragte ich nach der Stille.
„Als ich erfahren habe, dass Sie mich mit einem anderen Mann betrogen hat, wollte ich Sie zu rede stellen. Sie ist aber kurz davor an einem Autounfall gestorben. Ich konnte mich nicht bei ihr verabschieden. Ich konnte nicht einmal nachfragen, wieso Sie all das tat. Durch Zufall habe ich mir die Videoaufnahmen von Zuhause angeschaut und entdeckte, wie Sie Monate vorher mich anfing zu betrügen. Ich habe Sie zum ausruhen in eins unserer Ferienhäuser geschickt. Sie wollte alleine Urlaub machen und ich habe es akzeptiert, aber ihr Ziel war kein Urlaub... Wie hätte ich wissen können, dass Sie zusammen mit dem Mann gemeinsam Urlaub machen will? Sie hat mir nichts gesagt, stattdessen..."
Er machte eine Pause und seufzte traurig auf, bevor er weiter sprach. „Hat sie die Schwangerschaft vertuscht. Lo siento, llego tarde mi hija (Entschuldigung für die Verspätung meine Tochter)", ließ er seinen Tränen freien Lauf und wie naiv es auch klang. Ich vertraute ihm. Ich vertraute seinen Worten.
So ging ich auf mein Bett zu, setzte mich neben ihn hin und fing an über mich und mein Leben zu erzählen.
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Er liebte mich schon bevor er mich kannte
ChickLitEin Gespräch, ein Vertrag und ein Versprechen, der für die Familie Gonzalez alles veränderte. Nicht wissen, wen man zum Vater hat und eine Welt, in die Sierra hineingerät und nicht so einfach verschwinden kann.