Ich bin da..

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Bald eine Woche hatte ich im Krankenhaus geschlafen. Dass die Schwestern überhaupt so nett gewesen waren, es so lange zu dulden, war fast ein Geschenk. Danach war ich in einem Hotel, dass etwa 20 Minuten vom Krankenhaus entfernt lag, eingezogen.
Ich hatte das einfachste von den einfachsten Zimmern gemietet, da ich sowieso nicht plante oft dort zu sein. Meine Zeit verbrachte ich weiter im Krankenhaus.
Morgens brachte ich den Schwestern immer Kaffee von einem Bäcker mit, an dem ich jeden Morgen vorbeifuhr. Und dann saß ich bei Julia.
Souki und Markus waren nach einem Tag wieder zurückgefahren. Zum Wochenende waren sie mit Wanja gekommen und hatten mir auf mein drängen hin, meinen Waagen mitgebracht.
ich hatte schon in der ersten Woche so ziemlichen jeden über den Unfall informiert und eigentlich erwartete ich jederzeit jemand anderen.
ich fühlte mich wie in diesen Filmen, in denen diese traurigen Krankenhaus Szenen im schnell Verfahren gezeigt wurden, mit dieser traurigen Musik Untermalung. Manchmal stellte ich mir vor, wenn das hier gerade wirklich ein Film wäre, Julia hätte bestimmt auf Unendlichkeit bestanden oder so was in der Art. Der Gedanke hatte mich fast zum Lachen gebracht.
irgendwann hatte dann auch die Presse wind davon bekommen. Ich hatte einige Auftritte absagen müssen, so prangerte auf jedem zweiten Tratschmagazin Cro auf der Titelseite mit einer traurigen Beschreibung, wie ich die Hand meiner sterbenden Freundin hielt. Wenn ich nicht so mit Julia beschäftigt gewesen wäre, dann hätte ich denen wirklich Feuer unterm hintern gemacht, aber am Ende war es ja auch egal.
Toni war einige Wochen später vorbeigekommen. Ihm ging das mit Julia wirklich nahe. Teilweise machte er sich selbst vorwürfe, dass er sie überhaupt hatte fahren lassen.
Irgendwann kamen dann auch Julias Eltern an. Sie waren aus dem Urlaub direkt hergekommen. Julias Ma war völlig aufgelöst gewesen und es hatte mir einmal mehr das Herz in dieser Situation gebrochen. Sie waren auch einige tage geblieben, ich hatte ihnen ein nettes Hotelzimmer im selben Hotel, in dem ich Wohnte gebucht. Leider konnten sie nicht bleiben, sie mussten ja schließlich wieder arbeiten gehen. Irgendwie war ich dankbar, dass sie mir mit ihrer Tochter so sehr vertrauten, dass sie ohne schlechtes Gewissen, wieder nach Stuttgart zurückfuhren.
Dabei verpasste Julia so viel..
Vincent und Dag schoben die Veröffentlichung des Videos so lange sie konnten.. Nachdem auch die beiden hier gewesen waren und auch sie schockiert über den elenden Anblick meiner sonst so fröhlichen Freundin gewesen waren, hatten sie alles versucht, aber irgendwann musste das Ding eben raus.
Alos verpasste sie die Premiere des Videos, an dem sie so gerne gearbeitet hatte. Dass ihr so viel bedeutet hatte...
Sie verpasste neue Musik von Toni. Sie hätte wieder ein Video für ihn machen sollen..
Basti kam nach den ersten zwei Wochen vorbei. Er war völlig aufgelöst gewesen und hatte sich selbst für alles die Schuld gegeben. Er war der erste gewesen, der Blumen und Schokolade mitgebracht hatte..
Sie verpasste Soukis und Markus Verkündung, dass sie ein Kind erwarteten..
Nach kürzester Zeit hatte ich mich komplett im Krankenhaus eingebracht. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass jemand anderer Julia waschen sollte. Wenn sie bei Bewusstsein gewesen wäre, hätte sie das niemals zugelassen. Also hatte ich das übernommen.

Es waren einige Wochen vergangen. Ich pendelte jeden Morgen vom Hotel zum Krankenhaus. Saß den ganzen Tag bei Julia am Bett.
An manchen Tagen war ich dann einfach nur da. Hielt ihre Hand und starrte teilweise aus dem Fenster. Manchmal lass ich ihr auch etwas vor, aus Zeitschriften oder Büchern, die ich mir gegen die Langeweile im Krankenhaus Kiosk gekauft hatte. Selten geschah es auch, dass ich neue Songtexte schrieb, oder naja, es versuchte. Im Moment klangen alle Texte zu traurig. Etwas, dass ich auf keinen Fall wollte. Das, was hier passierte, in diesem Krankenhaus, sollte wenn möglich auch in diesem Krankenhaus bleiben.
Das Zimmer verließ ich nur, wenn Julias wöchentliche Untersuchung anstand. Wenigstens diese kleine Privatsphäre wollte ich ihr lassen.

Es war die achte Woche. Mit meinem Buch hatte ich mich vor Julias Zimmer gesetzt und wartet, dass ich wieder zu ihr rein konnte.
Heute dauerte es mir viel zu lange, dass ich nervös mit meinem Bein wippte und mich überhaupt nicht aufs lesen konzentrieren konnte.
Als endlich die Tür aufging, sprang ich sofort mit auf, nur um dem Arzt aufgeregt gegenüber zu stehen.
„Tut uns leid, dass es länger gedauert hat, Herr Weibel. Wir konnten heute schon einige große Fortschritte feststellen. Die unkomplizierten Brüche sind schon fast alle verheilt, nur einige Brüche brauchen noch länger Zeit. Ihre Werte sind viel besser als letzte Woche. Wir würden sie noch einmal bis Morgen beobachten, wenn die Werte weiter stabil bleiben, dann würden wir gerne die Dosierung der Narkosemittel verringern und in kleinen Schritten aufs Aufwachen zu gehen.", klärte der Arzt mich zuversichtlich auf. Ich wusste nicht genau was ich dazu sagen oder denken sollte, aber die Informationen machten mir endlich mal wieder Hoffnung auf ihre baldige Genesung. „Ja. Gut okay.", war daher das Einzige, was ich einigermaßen zu Stande brachte.
Danach wurde in regelmäßigen Abständen die Narkose Dosis verringert. Für mich war es eine neue Art von Angst. Keiner konnte wissen ob das hier klappte. Ob sie wirklich aufwachte. Und ich hatte einfach nur Angst, dass das Koma doch größere Schäden hinterlassen hatte.
Nur weil ihre Werte gut waren, und jede Woche besser wurden, gab es nach wie vor keine Gewissheit, ob sie Aufwachen würde.
Ihre Eltern kamen nun auch öfter. Immer noch so wie sie es am besten einrichten konnten und auch nicht jedes Wochenende, aber das war ja auch gar nicht notwendig, da ich Julia sowieso nie von der Seite wich. Wir alle waren nervös, wie es weiter gehen würde. Jetzt und erst recht wenn sie denn aufwachen würde. Vermutlich musste sie mit dem linken Bein das gehen komplett neu lernen. Womöglich auch das Sprechen. Keine Ahnung ob sie bis dahin noch immer diese furchtbare Kieferspange tragen würde und ob wenigstens ihr rechter Knöchel verheilt wäre. Besonders machte ich mir aber Sorgen, wie sie es psychisch verkraften würde. Definitiv würde sie einen Anflug einer Depression bekommen und ich müsste alles dafür tun, dass dies nicht passierte. Sie soweit glücklich blieb, wie es möglich war.

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Und direkt das nächste Kapitel für euch.
Viel Spaß damit!

Eure Starsdancegirl <3

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