Truth Rising | Die 51. Hungerspiele

21. Kapitel

Harper Thea Osborn

Auch Bird konnte ich nach meiner Erzählung davon überzeugen, dass er uns half. Somit hatten wir jetzt einen Verbündeten innerhalb des Kapitols, der dort ohne aufzufallen ein und aus gehen konnte. Erst einmal würde es aber mit uns kommen, um jedes Detail des Plans zu kennen.

«Dann fehlt uns jetzt nur noch eine Adresse hier in Distrikt 9. Ich möchte auch Elerias Schwester nach Hilfe fragen», sagte ich laut aus.

«Harper?», machte Comet und kam zu mir heran und legte mir eine Hand auf die Schulter.

«Was? Kennst du etwas den Weg zu dem Haus, wo Elerias Schwester wohnt?», fragte ich, aber Comet erwiderte nichts, er starrte mich bloss mitleidig an.

«Was ist?», fragte ich und aus einmal lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, «Ist ihr etwas zugestossen?»

«Noch nicht», erwiderte Comet, «Aber sie befindet sich zurzeit in der Arena der 51. Hungerspiele. Ihr Name wurde ausgelost, hast du das etwas nicht gewusst?»

«Was?», brachte ich ungläubig hervor starrte Comet einfach nur an. Es fühlte sich so unmöglich an, dass Elerias Schwester nun ebenfalls in der Arena war, dass ausgerechnet ihr Name ausgelost worden war. Dass ich es noch nicht einmal gemerkt hatte.

«Woher weisst du das?», fragte Gray.

«Nach den Hungerspielen des letzten Jahres», begann Comet, «habe ich mich unendlich allein gefühlt, als mein Bruder starb. Meine Eltern haben sich auch vollkommen zurückgezogen und sich kaum blicken lassen. Ich habe jemanden gebraucht, mit dem ich über alles reden konnte, doch mir fiel keiner ein, der mein Leid nachvollziehen konnte»

Er strich sich die Haare aus dem Gesicht und atmete einmal tief ein und aus, bevor er fortfuhr.

«Irgendwann habe ich beschlossen, dass ich zu Elerias Familie gehen würde, um mit ihnen zu sprechen. Es stellte sich heraus, dass Eleria eine Schwester hatte und irgendwie hat es sich so ergeben, dass wir angefangen haben uns zu treffen und miteinander zu reden. Ich denke, es hat uns beiden sehr geholfen»

«Es tut mir leid, dass sie ausgelost wurde», sagte Gray zu Comet und sah ihn mitleidig an.

Nach diesem Gespräch war es ziemlich still in unserer Gruppe. Nicht einmal Min-Ah wagte etwas zu sagen, obwohl sie sonst nie mehr als fünf Minuten lang still bleiben konnte.

In den Distrikten 10 und 11 gab es niemanden, der für uns als Verbündeter in Frage kam. Die Tribute, die letztes Jahr mit mir in der Arena gewesen waren, hatten entweder keine Geschwister oder ich getraute mich nicht, auf sie zuzugehen, da ich mit dem Tod ihrer Kinder zu tun hatte.

Blieben also noch die zwei Tribute aus Distrikt 12 – Katharina Cox und Pierce Callahan – übrig. Bei meiner Recherche hatte ich herausgefunden, dass Pierce keine Verwandten hatte, da er in einem Waisenhaus aufgewachsen war. Doch Katharina  besass meines Wissens einen Cousin, der mit dem Rest ihrer Familie gemeinsam in einem Haus wohnte.

Ich würde nicht sagen, dass ich mich letztes Jahr besonders gut mit Katharina und Pierce verstanden habe, doch wir hatten nie direkt gegeneinander gekämpft oder einander geschadet. Einmal hatte ich Katharina sogar beim Verarzten ihrer Wunde geholfen. Im Gegenzug hatte sie sich geopfert, um Weylin, Pierce und mir eine Chance zum Überleben zu geben.

. . .

«Und du bist sicher, dass hier noch jemand wohnt?», fragte Min-Ah skeptisch, als wir vor dem heruntergekommenen Haus standen.

«Ja, es ist die richtige Adresse», bestätigte ich, nachdem ich einen Blick auf das Strassenschild und die Hausnummer geworfen hatte. Beides stimmte.