Kapitel 2

84 11 5
                                    

Zeitungen austragen. Babysitten. Bücherei. Nichts nach meinem Geschmack. War ja auch irgendwie klar. Ich zerriss das Papier und nahm den Mülleimer unter Beschuss. Das Bällchen prallte an der Wand dahinter ab und fiel hinein. "Yes! Treffer und versenkt!" Ich war gerade dabei, die berühmte Fußballchampion-Pose einzunehmen - ballte die Hände zu Fäusten und versuchte ein Stück auf den Knien über den Boden zu rutschen -, als Dads Stimme die Treppe hinaufdröhnte: "Essen!"

"Komme!" Meine Füße trugen mich wie auf Federn in die Küche. Denn ich hatte den Duft identifiziert. Er zog den ganzen Flur entlang, ließ mich schneller rennen als üblich. "Pfannkuchen! Lecker!"

                        

Großzügig bestrich ich meinen mit Honig und Marmelade, sodass die Hälfte wieder auf den Teller tropfte. Egal. Ich jedenfalls schwebte auf Wolke sieben.

"Na? Hast du die Stelle?" Mein Vater traf genau das Thema, von dem er jetzt besser die Finger gelassen hätte. Darin war er wirklich gut. Mein Appetit verschwand, und ich ließ den Pfannkuchen sinken. Dad schüttelte betroffen den Kopf. "Wärst du nicht so wählerisch, hättest du schon längst etwas gefunden." Doch dann hellte sich seine Miene wieder auf und er hielt mir etwas unter die Nase: "Den hat mir Elanor für dich mitgegeben!" Das verdarb mir entgültig die Stimmung. Nicht schon wieder. Ich konnte diese Flyer nicht mehr sehen, nicht mehr riechen und erstrecht wollte ich nichts mehr davon hören! Mein Papierkorb quoll quasi schon über! Doch ich wollte Dad nicht kränken und streckte brav die Hand danach aus. Ich sollte ihn mir villeicht wenigstens einmal durchlesen. Die Geisterbahn 'Dein letztes Stündlein'. Nicht sehr verlockend. Und schon der Betreiber sah irgendwie gruselig aus. "Ich... denke drüber nach!" Ich grinste schief.

Der restliche Abend verlief relativ still. Manchmal sprach Dad mich an, ich antwortete knapp. Natürlich hatte er meinen Stimmungsumschwung bemerkt. Ich wusste eigentlich auch nicht was los war. Klar, mir wurde heute die vierte Bewerbung abgesagt, aber deshalb in so eine Laune verfallen? "Dad, bin ich ein so ungeduldiger Mensch?"

"Aber Liz. Du bist vor allem eine sehr erwartungsvolle Person. Da ist es kein Wunder, dass du enttäuscht bist."

Ich schwieg. Was war heute nur mit mir los? Mein Teller war fast doppelt so schnell leer wie sonst. "Danke, Dad. War echt lecker."

                        

Ich schlurfte die Stufen zu meinem Zimmer hinauf und grübelte, als ich wenig später im Bett lag, immernoch. Sollte ich mich dort bewerben? Es war sicher praktisch auf der Kleinmesse zu jobben, vielleicht bekäme ich ja ein paar Freikarten? Patty hätte der Job sicher gefallen. Kleine Kinder erschrecken. Ich musste grinsen. Ja, Patty wäre enttäuscht, wenn ich ihn nicht annehmen würde. Schon allein wegen der Freikarten. Andererseits sah der Typ auf dem Flyer alles andes als freundlich aus. Würde ich den überhaupt als Chef wollen?

SchattenstimmenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt