Kapitel 22

21 5 0
                                        

Schnell warf ich nochmal einen Blick auf den Stadtplan, auf dem mein Vater mir das Antiquitätengeschäft markiert hatte.

Er hatte mich kurz überrascht angesehen, als ich ihn danach fragte, ließ das weitere Nachhaken aber aus.

Ich hatte beschlossen, das Haarbüschel von einem Fachmann untersuchen zu lassen.

Das Gefäß war zersprungen und Dad hatte die unpassende Idee, voller Tatendrang die Wohnung zu saugen.

Auch in den Ecken.

Zum Glück hatten die Haare den Staubsaugerbeutel relativ unbeschadet überstanden und ich konnte sie, zusammen mit ein paar Fusseln und nach etwas Frickelei endlich bergen.

Aber wie konnten alle nur so normal weiterleben, obwohl Patty verschwunden und vielleicht auch in Gefahr war?

'Das Fell eines Schattenwesens', stand in Grandmas Buch, war aber bestimmt völliger Quatsch.

Vielleicht war es ja doch nur Kunststoff oder Tierhaar. Das würde ich jetzt hoffentlich herausfinden.

Ich war auf dem Marktplatz angekommen und drehte mich einmal um mich selbst.

Lange musste ich nicht suchen.

Auffällig prangte in goldenen Lettern ein Schriftzug über einem überraschend frisch aussehenden Schaufenster.

"Antiquitäten An- und Verkauf"

Ich stemmte mich gegen die globige Holztür. Langsam glitt sie auf und gab den Blick auf ein riesiges Sortiment verschiedenster Gegenstände frei.

Alte Porzelanpuppen reihten sich an zartes Geschirr, kunstvoll verzierte Masken, alte Bilder und undefinierbare Gegenstände.

Vorsichtig strich ich mit dem Finger über eine alte Kuckucksuhr.

Ein am Eingang angebrachtes Glöckchen hatte dem Ladenbesitzer zu verstehen gegeben, dass jemand sein Geschäft betreten hatte.

Der alte Perlenvorhang hinter dem Tresen glitt zur Seite und ein rundlicher, pausbäckiger Mann kam auf mich zu.

Er lächelte freundlich. "Guten Tag, was kann ich für dich tun?"

"Hallo." Hastig zog ich meine Hand wieder weg und holte das Glas mit dem Haar hervor.

"Können sie mir vielleicht etwas zu diesem... Fell sagen? Zu welchem Tier es gehört?"

Stirnrunzelnd betrachtete er das Büschel. "Gibt es einen bestimmten Grund, warum es sich in diesem
Gefäß befindet?"

Ich zögerte kurz, schüttelte dann aber den Kopf. Bei Tag war es ungefährlich, das konnte ich mit Gewissheit sagen. Fast zumindest. "Nein, nein, sie können es ruhig rausnehmen."

Der Antiquitätenhändler öffnete den Verschluss und zog ein paar der Haare heraus.

Er er zupfte eine besonders große Fussel ab, blickte das Büschel über seine runde Brille hinweg nachdenklich an - und riss dann die Augen auf.

Nur ganz kurz, dann stopfte er das Fell wieder hinein und gab mir das Gefäß zurück.

Er bedachte mich mit einem übertrieben gelangweilten Blick und schüttelte leicht den Kopf.

Aber wenn man ganz genau hinsah, konnte man seine Aufregung sehen.

"Tja, hierbei handelt es sich um einfaches Hasenfell - in einem Glas. Keinen Euro wert."

Ich ließ es zurück in meine Tasche gleiten und verabschiedete mich mit einer gespielt enttäuschten Miene.

Irgendetwas hatte dieser merkwürdige Typ zu verbergen! Ich hatte ihn die ganze Zeit beobachtet, genau gesehen, dass er wusste was das war!

Er war ziemlich verdächtig und ich musste herausfinden wa-

Ich taumelte nach hinten und hielt mich schwankend am Türrahmen fest.

Dem Typen, mit dem ich zusammengestoßen war, war es nicht anders ergangen.

"Tschuldigung", stammelte ich und richtete mich wieder gerade auf.

"Oh, sorry! Ich hab nicht aufgepasst - alles okay, Liz?"

SchattenstimmenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt