Kapitel 26

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Ich schob einen Ast zur Seite.
Beinahe wär er mir wieder aus der Hand gerutscht und dem Mann hinter mir ins Gesicht geschlagen.

Aber ich klammerte mich daran fest, bei dem Gedanken gleich umzukippen und für immer liegenzubleiben.

Ja, es war schon verlockend.

Aber ich musste stark bleiben.

Für Patty.

Also hielt ich mich weiter auf meinen zittrigen Beinen.

Vielleicht war es eine Ausweglose Situation, aber ich würde jetzt nicht kampflos aufgeben!

Nun ließ ich doch los, nur um mich wenig später kraftlos an den Baumstamm zu klammern.

Der Zweig sauste durch die Luft.

Hinter mir ein Schmerzenslaut.

Ich fuhr herum und schrie auf, als ich den Schemen ausmachte.

Der Mann rieb sich die blutige Nase.

Wir starrten uns an.

Er nahm die Hand wieder herunter, richtete sich auf und grinste. "Na hallo! Wen haben wir denn da? Ein kleines Kind, ganz allein?"

Ich regte mich nicht.

"Hehee... also, dass ist etwas peinlich, wenn du jetzt nichts sagst..." Man konnte schon fast den großen Schweißtropfen seine Stirn hinunterlaufen sehen, wie in Cartoons.

Ich starrte weiter geradeaus.

Er ging ein Stück zurück. "Okay, das ist jetzt irgendwie unheimlig. He! Vorsicht!"

Ich wusste nicht warum, als der Boden auf mich zukam.

Als das Moos mein Gesicht kitzelte und meine Glieder schwer wie Stein wurden.

Als zwei Hände mich packten, hochhoben.

Als alles schwarz wurde.

                           ×××

Ein Sonnenstrahl kitzelte mein Gesicht.

Ja, ein Sonnenstrahl.

In einem Wald ohne Licht.

Ich musste träumen.

Oder tot sein.

Warum sollte es sich also lohnen, mich zu bewegen?

Geschweige denn aufzustehen?

Ich vertrat diesen Gedanken, bis mir eine geballte Ladung Wasser ins Gesicht klatschte.

Sofort riss ich die Augen auf und schnappte nach Luft.

Langsam versickerte es im Waldboden und die Konturen des Kopfes über mir verschärften sich.

Der Himmel war zu sehen, da ich auf einer Lichtung mir saftig grünem Graß lag

Ich schnellte plötzlich hoch und der Typ sprang gerade noch zur Seite, sonst wären wir zusammengestoßen.

Nun ließ er sich gemächlich auf einem Baumstamm nieder und hielt mir eine Art Fladen hin.

Hastig langte ich zu und biss hinein.

Noch nie hatte es so gut geschmeckt.

Noch nie hatte ich mich nach einem einfachen Stück Brot so vollkommen und kräftig gefühlt.

Noch nie hatte ich so schnell gegessen wie jetzt.

Der Mann sah mich belustigt an.

Ich stopfte mir den letzten Rest in den Mund, wischte mir ein paar Krümel von den Lippen und sah ihn genau an.

Er wirkte eigentlich ziemlich freundlich, nur sein Grinsen war etwas merkwürdig.

Und beängstigend.

Ich rückte eingeschüchtert ein Stück von ihm ab.

Nun entfaltete sein Grinsen die volle Breite, wobei er seine spitzen Zähne zeigte.
Seine Augen verengten sich zu lachenden Schlitzen und er fing an zu kichern. "Ich bin Kon."

"... hallo Kon." Meine Stimme war fast nicht zu hören, so leise war sie.

Er wartete.

Auf was?

Stille

"Also... eigentlich wär es jetzt angebracht, sich auch vorzustellen."

Ich rutschte unruhig auf dem Stein herum, auf den ich mittlerweile gesunken war. "Liz."
Kon nickte andächtig, verzog dann aber wieder den Mund zu einer komischen Krimasse. "Was'n komischer Name!"

"... wenn mein Name komisch ist - was ist dann deiner?"

Er runzelte die Stirn. "Normal, schätze ich?"

SchattenstimmenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt