Kapitel 10

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"Iiih!"

Patty und ich standen vor meiner Haustür.

Ich hatte bis eben noch in meinem Rucksack gekramt, hielt jetzt aber ein kleines Gläschen mit diversen, verfilzten Haaren in der Hand.

"Wem hast du das denn abgeschnitten?", fragte Patty angeekelt.

"Niemandem! Das gehört nicht mir."

Sie machte einen Schritt zu Seite und hob wie der Moderator einer Talkshow die Arme. "Ein neuer Fall für die Detektei Liz und Patty! Yeah!"  

Es folgten ein paar aufgeregte Hüpfer um eine Straßenlaterne und derart heftiges Armwedeln, dass ich befürchten musste getroffen zu werden und automatisch ein ganzes Stück zurückwiech.

Doch das Strahlen rutschte ihr vom Gesicht, als sie sah, dass ich das Glas in den nächstbesten Mülleimer warf. "Vergiss es, ich trage doch nicht solches Zeug mit mir rum!"

Meine Freundin aber fischte es wieder heraus: "Mensch, Liz! Das ist ein wichtiges Indiz! Es ranken sich viele Fragen darum! Woher kommt es? Ist es von dieser Welt? Wer hat es verloren oder wurde es sogar extra in deine Tasche gesteckt? War es Mr. Parker? Der Unbekannte? Oder vielleicht dein Geliebter?" Mit einer halbwegs geheimnisvollen Handbewegung schloss sie ihren Redeschwall ab.

Ich zog eine Augenbraue hoch. "Geliebter? Wer sollte das sein?"

"Ich hab doch wohl Augen im Kopf! Benjamin natürlich! Immerhin läuft er die nach, wie ein Hund!"

Ich hatte die Tür bereits aufgestemmt, als ich zum Stehen kam. "Wie bitte? Ich habe ihn erst zweimal getroffen!"

"Einmal zuviel, findest du nicht auch?"

"Phhh! Zufall. Vielleicht wohnt er ja in der Gegend?"

"Die Liebe scheint dir das Hirn vernebelt zu haben."

"ICH BIN NICHT-"

Ohne ein weiteres Wort schlüpfte Patty an mir vorbei, und ließ sich auf die Couch fallen.

Sie zog Stift und Zettel aus ihrem Rucksack und fing hastig an zu schreiben.

"Erstmal sollten wir alle Fragen notieren, samt möglichen Antworten.", erklärte sie.

Seufzend sank ich neben ihr in die Kissen. "Na, dann mal los. Ich kann dich sowiso nicht davon abhalten."

Patty ließ sich nicht lange bitten und legte sofort los: " 1.: Was sind das für mysteriöse Haare?"

"Müll!", fiel ich ihr sofort ins Wort.

Sie notierte meine Antwort.

"Ich glaub's nicht! Du hast das wirklich aufgeschrieben?"

Erstaunt blickte ich über ihre Schulter und versuchte das wirre Schriftbild zu entziffern.

"Du kannst es auch glauben, ohne draufzustarren, als wäre meine Schrift von einer anderen Welt."

"Ist sie doch aber!" Ich knuffte ihr spielerisch in die Rippen.

Patty schüttelte betont genervt den Kopf, konnte sich dann aber ein Grinsen nicht verkneifen und hob den Zeigefinger.

"Mann muss alle Facetten betrachten! Sonst noch was?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Tierhaar vielleicht."

"Oder Menschenhaar!"

Mein Gesicht verzog sich bei der Vorstellung daran fast von allein. "Wenn ja, dann hoffentlich vom Kopf!"

Sie ignorierte meinen Einwurf und riss plötzlich die Augen auf: "Es könnte natürlich auch von einem Einhorn oder anderem Fabelwesen stammen!"

Ich hielt mir gespielt erschrocken eine Hand vor den Mund.
"Das würde ja heißen - es besitzt magische Kräfte!"

Meine Freundin tat es mir nach.

"Waas? Wow!"

"Patty, das war Ironie."

Ich fing an zu kichern. Sie jedoch zog beleidigt einen Flunsch.

"Deine Ironie ist so unerträglich, Liz! Weißt du das?"

"Klar weiß ich das. Sonst wär der ganze Spaß doch halbiert!"

Sie schubste mich lachend in die Kissen und widmete sich wieder ihren Notizen.

"2.: Welche Rolle spielt Benjamin?", fuhr ich fort, nachdem ich mich wieder hochgerappelt hatte.

"Warte, warte, nicht so schnell!"

Hastig schwang Pattys Hand über den Zettel.

Dann setzte sie den Stift ab und dachte nach.

"Was hat er heute Abend wirklich in der Geisterbahn gemacht? Und vor Allem: Stehst du auf ihn?" 

Fragend sah sie mich an.

Ich schüttelte den Kopf. "Nicht das, was er behauptet hat zu tun und SICHER NICHT! Das ist jetzt aber wirklich albern!"

"Meine Devise."

Sie überlegte kurz und stampfte dann mit dem Fuß auf, wie ein trotziges Kind. "Warum haben wir ihn nicht gleich dort verhört? Wir sind einfach abgezogen, ohne nachzudenken!"

"Ob er uns etwas erzählt hätte, wär eine andere Frage."

Entäuscht blickte Patty auf ihre Hände. "3.: Wer ist der Unbekannte? Und Rover?"

"Der Typ heißt auf jeden Fall Owen. Er will Mr. Parker irgendwie loswerden. Und Rover... das klingt wie ein Hundename."

Meine Freundin schien davon nicht so ganz überzeugt.
"Für einen Hund hatte dein Chef ganz schön Angst vor ihm."

Wo sie recht hatte, hatte sie recht.

"Aus welcher Sache wollte Owen Mr. Parker eigentlich raushaben?", griff ich den Gesprächsfaden wieder auf.

"Man Liz, genau das gilt es doch herauszufinden!" Skeptisch zeigte sie mit dem Stift auf mich. "Da muss was ganz Großes dahinterstecken!"

SchattenstimmenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt