Regulus war gerade dabei, seinen Kleiderschrank zu sortieren, als unten an der Haustür des Grimmauldplatzes Nummer 12 jemand zaghaft klopfte. Nun machte es natürlich keinen Unterschied, wie stark man gegen die Tür hämmerte, oben im vierten Stock hörte man es ohnehin nur, weil Regulus einen entsprechenden Zauber darauf gelegt hatte. Aber ihm wollte beim besten Willen niemand einfallen, der auf eine Art und Weise klopfte, die unsicher klang.
Sirius klopfte überhaupt nicht, er marschierte einfach ins Haus, als würde es ihm gehören - was es ja leider auch irgendwie tat (wie sich herausstellte, war Erbrecht schwierig, wenn jemand von den Toten wieder auferstand - was lächerlich war, schließlich wollte Regulus das Haus und Sirius eigentlich möglichst wenig damit zu tun haben). Remus und Mary klopften beide selbstbewusst und kündigten sich zumeist vorher an. Libby, Jimly oder eine andere mit ihm befreundete Hauselfe erschien nicht an der Haustür, sondern apparierte meist direkt in die Küche und suchte ihn dann von da aus auf. Und sonst kannte er niemanden wirklich, der ihn besuchen wollen würde.
Er schmiss einige alte Pullover auf den "Kann weg"-Haufen, weil sie im Nachhinein einfach viel zu 70er-Jahre-mäßig aussahen, als dass er sich vorstellen konnte, sie je wieder zu tragen. Dann hastete er die Treppen nach unten.
Sirius hatte in einem Scherzbold-Moment vorgeschlagen, in der Mitte des Treppenhauses eine Rutschstange einzubauen, so wie sie es in Filmen bei Muggel-Feuerwehrwachen gesehen hatten. Regulus hatte das natürlich sofort abgelehnt, schließlich war es für einen Black mehr als würdelos, eine Stange hinunterzurutschen. Aber auch wenn er sich langsam in seine Rolle als Erwachsener hineinfand, war er gelegentlich insgeheim immer noch ein Achtzehnjähriger, dem viel zu viel Geld zur Verfügung stand und jedes Mal, wenn er vier Stockwerke nach unten sprintete, kam ihm der Gedanke ein wenig besser vor.
Eigentlich war das altehrwürdige Haus Black natürlich darauf ausgerichtet, dass ein Hauself die Tür öffnete und Gäste dann in den Salon oder ins Esszimmer führte, wo sie von der Familie empfangen wurden. Da Kreacher jedoch inzwischen hauptsächlich mit Aufräumen und zahlreichen Aufträgen und Besorgungen außer Haus beschäftigt war, hatte Regulus beschlossen, diese Aufgabe wieder selbst zu übernehmen.
Er kam etwas atemlos unten an und nahm sich einige Sekunden, um zumindest die Illusion zu schaffen, dass er es nicht war, bevor er die Tür öffnete. Davor stand Harry, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, mit einem entschlossenen, aber gleichzeitig auch verunsicherten Gesichtsausdruck.
"Hi", sagte er leise.
"Harry", grüßte Regulus ihn erstaunt zurück. "Was für eine Überraschung. Was verschafft mir die Ehre?"
Harry schluckte sichtlich.
"Ich hab ein Problem und du wirst mir helfen, es zu lösen", erklärte er mit fester Stimme. Regulus hob überrascht die Augenbrauen. Harry war für gewöhnlich ein ausnehmend höflicher und meistens eher zurückhaltender Junge. Es überraschte ihn, dass er jetzt so direkte Forderungen stellte.
"Was ist mit meinem Bruder? Oder Remus? Oder Mary?", fragte er. "Sicherlich ist einer von denen besser geeignet. Nicht, dass ich dir nicht helfen möchte - komm erstmal rein." Er unterbrach sich selbst und scheuchte Harry vor sich ins Haus. "Ich werde nur das Gefühl nicht los, dass wenn du zu mir kommst, es um etwas geht, was die drei nicht gutheißen würden", meinte er laut, während er Harry vor sich her hoch in den Salon dirigierte. Die letzten drei Tage, die seit dem Feuer vergangen waren, hatte er genutzt, um ihn komplett zu renovieren und jetzt wirkte er beinahe heimelig, auch wenn es noch nach Farbe roch. "Und versteh mich nicht falsch, es ist mir eine Freude, in deiner Erziehung herumzupfuschen, aber ich bin nicht sehr scharf darauf, von allen dreien gleichzeitig zusammengefaltet zu werden."
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Der Buchladen im Ligusterweg
FanficIm Ligusterweg gibt es einen Buchladen. Harry war nie drin, das hat ihm Tante Petunia verboten, aber er weiß, dass es ihn gibt. Er gehört einer kleinen Familie - der Vater arbeitet im Laden, die Mutter ist Lehrerin an seiner Schule, die Tochter zwei...