Remus schaffte es aus dem Ministerium heraus und sogar noch zu disapparieren, bevor er zusammenbrach. Die aufgestauten Emotionen, die Nervosität, die Welle, die ihn überrollt hatte, als er Sirius wieder gesehen hatte, wie sein Mann ausgesehen hatte, dass sein Zustand ganz offensichtlich furchtbar gewesen war, dass er tatsächlich unschuldig war, dass Peter in Wahrheit der Verräter gewesen war (wie zur Hölle war das passiert? Remus hatte Peter immer gemocht, wie konnte aus ihm ein Spion geworden sein?), dass Sirius schon wieder in Askaban saß, dass er ihn geküsst hatte - all das kam zusammen und auf einmal saß er in der kleinen Seitengasse hinter dem Eschenweg, fünf Minuten Fußweg vom Buchladen entfernt, aus der er und Mary sich angewöhnt hatten, zu apparieren, wenn es wirklich einmal nötig war, und versuchte, Luft zu bekommen. Er weinte nicht, er...er wusste überhaupt nicht so genau, was er fühlte. Es war einfach alles zu viel. Vor weniger als zwei Stunden war er auf dem Korridor herum getigert, jetzt stand seine Welt (schon wieder) Kopf.
Sechs Jahre hatte er versucht, herauszufinden, was passiert war - jetzt wo er es wusste, konnte er es nicht alles auf einmal verarbeiten. Er wusste nicht, woran er zuerst denken sollte - Peter? Sirius? Den Verrat? Sirius? Dass er unschuldig war? Sirius? Sirius? Sirius?
Remus hatte sechs Jahre lang verzweifelt versucht, das fehlende Puzzleteil zu finden. Jetzt war es aufgetaucht. Aufgetaucht in Form von Wut und Entschlossenheit, Peter zu finden. Und in Form von Trauer. Er hatte vor sechs Jahren schon um Peter getrauert, aber jetzt tat er es erneut. Er war nicht tot, aber Remus hatte dennoch einen Freund verloren - und das vielleicht sogar auf die schlimmste Art und Weise, wie man nur konnte.
Er hatte auch um Sirius getrauert. Sirius war zur gleichen Zeit aus seinem Leben verschwunden, wie Lily und James und Marlene (und Peter). Natürlich war Remus bei ihm immer bewusst gewesen, dass er am Leben war, aber er hatte um den Verlust von ihnen allen getrauert und er hatte seit sechs Jahren keinen Kontakt zu ihm gehabt. Unterschwellig hatte es zwischen Sirius und den anderen kaum einen Unterschied gemacht.
Aber jetzt. Jetzt hatte er ihn gesehen. Er hatte seine Stimme gehört, auch wenn sie nicht geklungen hatte, wie er. Er hatte ihn berührt, auch wenn seine zitternden, gefesselten Hände sich nicht angefühlt hatten, wie er sie in Erinnerung hatte. Er hatte ihn geküsst. Er hatte ihn geküsst. Er hatte ihn geküsst.
Wenn Remus die Augen schloss, konnte er Sirius' Hand wieder in seiner spüren, konnte beinahe wieder seine Lippen auf seinen eigenen fühlen und er rang nach Atem, denn wie konnte es sein, dass er das vor wenigen Minuten gehabt hatte und jetzt war er wieder fort? Wie konnte seine Abwesenheit jetzt noch so viel unerträglicher sein als heute Morgen?
Vielleicht war es wirklich ein wenig wie mit Drogen. Er hatte den Vergleich früher gerne mal scherzhaft gezogen, aber möglicherweise passte er jetzt doch gar nicht schlecht. Er war sechs Jahre abstinent gewesen. Es war nicht schön gewesen, aber erträglich. Jetzt hatte er einen kleinen Tropfen bekommen und alles war dahin. Er wollte mehr. Er wollte Sirius wieder in seinem Leben haben, ihn auf der Couch sitzen sehen, ihn im Garten beobachten, wie er sich um seine Pflanzen kümmerte, wollte Tatze sehen, wie er auf dem Teppich lag und sich am Bauch kraulen ließ, wollte sein Lachen wieder hören und seine schmutzigen Witze, wollte, dass er Jules und Harry und Jerry Dinge zeigte, die er ihnen eigentlich nicht zeigen sollte, wollte, dass er abends mit ihm zusammen kochte und das Gemüse in vollkommen unterschiedlich große Stücke schnitt, wollte zuschauen, wie er jede Kleinigkeit mit Magie machte, weil er zu faul war aufzustehen, wollte seine Mojitos mit extra Minze, die nur nach Minze schmeckten, wollte neben ihm einschlafen und morgens neben ihm aufwachen, wollte ihn ächzen hören, wenn Jules an Samstagen morgens zu ihnen ins Zimmer schlüpfte und auf ihr Bett sprang, um sie aufzuwecken, wie er es jetzt bei Remus tat. Er wollte das alles und er wollte das alles jetzt.
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Der Buchladen im Ligusterweg
Fiksi PenggemarIm Ligusterweg gibt es einen Buchladen. Harry war nie drin, das hat ihm Tante Petunia verboten, aber er weiß, dass es ihn gibt. Er gehört einer kleinen Familie - der Vater arbeitet im Laden, die Mutter ist Lehrerin an seiner Schule, die Tochter zwei...