Rettung in letzter Sekunde

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Diese Halluzination war intensiver und länger als alle anderen zuvor. Ich nahm an, dass es kein gutes Zeichen sein konnte.
Starb ich gerade?

„Commander Miller, hier liegt jemand. Ganz da unten."

„Geben Sie mir mal die Taschenlampe."

„Sehen Sie ihn?"

„Tatsächlich, ist ein verdammter Engländer."

Die Stimmen wirkten unklar, es wirkte als seien sie Kilometer weit weg. Was wollte mir diese Halluzination damit sagen?

„Naja das Gröbste haben wir entfernt, es sind nur noch diese paar Steine dort."

„Ist der es wert?"

„Wahrscheinlich nicht, aber jeder Gefangene Engländer ist ein Triumph für uns."

Musste eine Halluzination denn wirklich einen Sinn haben? Vermutlich nicht.

„Wir können ihn dazu bringen ihn etwas über deren Pläne zu erzählen. Wenn er sich hier im Haupthaus aufgehalten hat, dann war er bestimmt eingeweiht."

„Falls der noch lebt."

Es hörte sich an, als würde jemand die ganzen Steine über mir entfernen. Wieder wollte mir mein Gehirn sagen ich werde befreit. Doch ich wusste es besser.

Etwas blendete meine Augen, es war ein grelles, unangenehmes Licht. War ich im Himmel? Eigentlich sollte ich in die Hölle kommen.

„Der lebt noch."

Moment mal, die Stimme war nicht mehr Kilometer weit weg, sondern direkt über mir.
Mit letzter Kraft riss ich meine Augen auf und schaute auf zwei Soldaten.

Amerikanische Soldaten.

Ihre Helme hingen offen auf ihren Köpfen. Sie trugen weder eine Schutzbrille, noch ein Atemgerät. Dumm wenn man bedenkt, dass das hier alles jederzeit einstürzen könnte und der Staub ihre Atemwege befallen könnte. Amerikaner waren bekannt für ihre Dummheit.

„Commander, was machen wir jetzt?"

„Verstärkung holen, wir brauchen den hier."

Der schmächtigere der beiden Soldaten nickte und lief davon.

Commander Miller las ich auf dem zurückgebliebenen Soldaten vor mir.

Plötzlich zog er eine Waffe aus seinem Gürtel und schlug sie mir gegen die Schläfe.

Alles wurde schwarz.

Durch einen lauten Knall kam ich allmählich wieder zu mir. Ich spürte etwas weiches unter meinem Rücken und unter meinem Kopf. Leise Stimme drangen in meine Ohren, ich verstand allerdings nicht was sie sagten.

Piep piep piep

War ich in einem Krankenhaus? Langsam öffnete ich meine Augen. Meine Augenlider waren schwer, die wogen mindestens eine Tonne. Ich musste eine Weile blinzeln, um mich an das Licht zu gewöhnen.

Alles um mich herum war etwas verschwommen, es dauerte ein wenig, bis meine Sicht klarer wurde.

Ich befand mich tatsächlich in einem Krankenlager. Die amerikanische Flagge verriet mir, dass es ein Krankenlager des Feindes war. Also war das alles tatsächlich keine Halluzination gewesen, ich wurde wirklich gefunden.

Zwei Krankenschwestern kümmerten sich gerade um einen der anderen sechs Soldaten. Sie fummelten an seinem Arm herum und verpassten ihm vermutlich eine Infusion.
Eine dritte Krankenschwester kümmerte sich um eines der leerstehenden Betten, sie legte gerade die Bettwäsche zusammen und desinfizierte anschließend den Infusionsständer.

Mein Blick fiel auf meinen rechten Arm, man hatte mir ebenfalls eine Infusion gelegt, durch die gerade eine transparente Flüssigkeit floss. Vermutlich ein Schmerzmittel oder so.

Außerdem befand sich an meinen Handgelenken jeweils eine Handschelle. Sie waren am Bett befestigt.
Links war es sehr unangenehm, denn unten drunter war ein weißer Verband. Er reichte mir fast bis zur Schulter. Der machte das alles etwas eng.

Eine der drei Krankenschwestern bemerkte das ich wach geworden war und informierte ihre Kollegin darüber. Beide schauten mich an und verließen dann das Krankenlager.

Wenn ich das hier richtig einschätzen konnte, befanden wir uns in einem gut aufgestellten amerikanischen Lager. Es fehlte ihnen offensichtlich an nichts, denn sonst hätten sie keine drei Krankenschwestern auf einer Station, die nur für Engländer gedacht war. Vermutlich hatten sie noch eine weitere, weitaus größere Krankenstation für ihre eigenen Männer.

Die Amerikaner waren uns definitiv weit voraus. Sie hatten bessere Mittel als wir.

Nach nur wenigen Minuten betrat die augenscheinliche Ärztin das Krankenlager, dicht gefolgt von einem bewaffneten Soldaten.

Sie nahm sich das Klemmbrett von meinen Füßen und las sich irgendwas durch.

„Sie haben mehrere Prellungen, Quetschungen und Verstauchungen", sagte sie ohne ihre Augen von dem Klemmbrett zu heben. Vermutlich war das meine Akte. „Zwei ihrer Rippen sind gebrochen, sie haben Hämatome an ihrem Oberkörper, im Gesicht und an den Beinen. Sonst ist am Oberkörper und ihrem Arm alles okay. Am rechten Bein wurden sie operiert, eine wichtige Arterie wurde verletzt und als sie befreit wurden, fing die Blutung an. Wir konnten sie gerade noch stoppen. Das rechte Bein ist bis auf Hämatome und Prellungen unauffällig."

Dafür das mein Arm und mein Gesicht nur irgendwelche Prellungen hatten, schmerzte es trotz dem Schmerzmittel ganz schön stark.

Endlich nahm die Ärztin ihren Blick von dem Brett und warf die Decke etwas beiseite. Mein Oberkörper war verkabelt, hatte einen weißen Verband und ein großes Pflaster. Vermutlich hatte ich genau deswegen nichts an außer weiße Unterwäsche und weiße Socken.

Meine Brust und mein Bauch waren regelrecht dunkelblau, fast schon lila. Es gab wenige Stellen, die noch die normale Farbe meiner Haut hatten.

Doch das wahre Übel war mein linkes Bein. Eine große Narbe zog sich vom Schienbein, über die Kniescheibe, bis zur Mitte meines Oberschenkels. Auch hier war alles blau und lila.

Ich spürte meine Beine nicht. Ich konnte sie nicht mal bewegen. Panik machte sich in mir breit. War ich gelähmt?

Als hätte die Ärztin meine Gedanken gelesen, redete sie plötzlich weiter. „Die Blutzufuhr Ihrer Beine war eine Weile unterbrochen, es dauert eine Weile bis Sie sie wieder spüren. Außerdem können innere Blutungen nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden." Wieder sah sie auf ihr Klemmbrett. „Sie bekommen Schmerzmittel, Flüssigkeit und ein Antibiotikum. Sie bleiben eine Weile zur Überwachung hier." Sie legte die Decke über mich und ging wortlos zu ihrem nächsten Patienten.

Meine Chancen zu fliehen waren auf den Punkt genau bei null. Ich konnte ja nicht mal laufen.

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Schön das ihr gelesen habt🥰

Konnte ich die Gefühle des Protagonisten gut rüberbringen?🤔

War, Love, and other feelings [Band 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt