Stützpunkt 385 C

753 45 10
                                    

Schon von weitem sahen wir das Gebäude, es war in sich zusammengestürzt, aber im Vergleich zu den anderen war es dennoch in einem guten Zustand.

Wir kletterten über einen großen Trümmerhaufen, was sich doch als ziemlich schwierig herausstellte. Doch anders konnten wir das Gebäude nicht betreten.

Immer wieder rutschten die Steine unter unseren Füßen weg und wir hatten Schwierigkeiten dabei, uns zu halten. Mein verletztes Knie erschwerte mir die Situation noch zusätzlich.

Mit Isaacs Hilfe schaffte auch ich es über den Berg aus Trümmern und wir konnten endlich das Gebäude betreten. Wir liefen ein paar Stufen nach unten und fanden uns vor einer verschlossenen Tür wieder.

„Okay, das sieht gut aus", sagte Isaac und drückte die Türklinke nach unten.

„Keine Bewegung!"

Eine Stimme mit starken russischen Akzent drang in meine Ohren, doch ich konnte niemanden sehen. Schnell sprang ich beiseite und versteckte mich hinter der Wand.

„Leg die Waffe weg", sagte nun auch eine zweite Stimme, welche ebenfalls einen russischen Akzent hatte.

Okay, zwei russische Soldaten. Sie bedrohten Isaac. Mein Sturmgewehr war geladen und ich hatte 60 Schuss. Das reichte locker.

Ich durfte lediglich den richtigen Moment nicht verpassen.

Ohne ein Geräusch zu machen legte ich meine Waffe an und drehte mich um. Gleich.

„Hast du gehört Amerikaner? Leg deine Waffe weg oder du bekommst Kugeln ab."
Ich hörte wie eine Waffe geladen wurde.

Jetzt oder nie.

Sofort sprang ich in die Tür und richtete meine Waffe auf zwei russische Soldaten. Ohne zu zögern drückte ich den Abzug und die Kugeln hagelten regelrecht aus meiner Waffe.

Die Soldaten fielen blutend zu Boden.

„Gott sei Dank Isaac, ich..."

Der Schuss einer Waffe brachte mich zum stoppen.

Ich hatte jemanden übersehen, er hatte nichts gesagt.

Sofort richtete ich meine Waffe auf den Mann, welcher sich hinter den Computern versteckt hatte. Noch bevor er etwas tun konnte drückte ich ab.

Das war der Letzte.

„Nathan...", murmelte Isaac abwesend und starrte mich an.

Grinsend schaute ich ihn an. Es fiel mir schwer zu atmen, bestimmt durch diese Aufregung gerade.

An meiner Brust wurde es warm. Skeptisch schaute ich an mir herab und sah wie sich das helle, amerikanische Camouflage dunkelrot färbte.

Ein drückender Schmerz breitete sich in meinem Brustkorb aus und wurde von Sekunde zu Sekunde schlimmer.

Der Soldat hatte mich getroffen. Und durch das Adrenalin in meinem Körper hatte ich es nicht bemerkt.

Mein Atem wurde immer schneller und instinktiv presste ich die Hand auf meine Wunde.

Ich rutschte in mir zusammen und fiel auf den Boden. Erst jetzt realisierte ich, was passiert war.

„Fuck", rief Isaac, als er aus seiner Schockstarre erwacht war. „Press gut auf die Wunde", sagte er panisch und stürmte zu einem der PC's.

Ich sah nicht was er da tat, da meine Sicht ziemlich eingeschränkt war und ich gerade vermutlich um mein Leben kämpfte.

„Hier spricht General Miller, ich befinde mich im Stützpunkt 385 C. Hier ist ein schwerverletzter Soldat, ich brauche SOFORT Hilfe."

Ohne auf eine Antwort zu warten, sprintete Isaac zu mir.

„Nathan", sagte er und schaute mich verzweifelt an. „Du musst das ausziehen."

Er öffnete die Jacke meiner Uniform und zog das darunter liegende Shirt nach oben. „Verdammt!"

Er kramte etwas aus seinem Rucksack und drückte es anschließend auf meine Wunde.

„AHHHH FUCK", schrie ich auf. Es schmerzte so sehr.

„Okay du schaffst das, hörst du mich?"

Ich nickte und schaute ihn an. Allmählich begann meine Sicht zu verschwimmen.

„Du musst wach bleiben, hast du gehört? Nathan!" Isaac klopfte auf meine Wange, was dazu führte, dass ich meine Augen öffnete.

„Welche Blutgruppe hast du?"

Schwer atmend schaute ich in Isaacs graue Augen. Die Welt um mich herum wurde immer leiser. „A... pos...itiv", presste ich heraus.

Isaac stand auf und kam nach nur wenigen Sekunden wieder. Er fummelte irgendwas an meinem Arm herum und etwas spitzes stach durch meine Haut.

„Ich hab 0 positiv und bin ein Universalspender."

Mit schweren Augen sah ich, wie er ebenfalls eine Nadel im Arm hatte und sein rotes Blut durch einen dünnen Schlauch in meinen Arm floss.

„Du musst jetzt wach bleiben bis Hilfe da ist, du schaffst das Nathan."

Mit seiner freien Hand drückte er wieder auf die Wunde in meiner Brust. Mittlerweile schmerzte es gar nicht mehr.

Man sagt wenn man stirbt, zieht das ganze Leben an einem vorbei. Und das tat es bei mir auch, allerdings im Schnelldurchlauf. Isaacs Stimme und seine flehenden Worte wurden irgendwann leiser und es gelang mir nicht mehr, meine Augen offen zu halten. Bilder aus meiner Kindheit rauschten durch meinen Kopf, gefolgt von meiner Jugend. Es waren keine schrecklichen Bilder, sondern Gute. Mein Gehirn zeigte mir all die schönen Momente aus meinem Leben. Auch Momente mit Isaac. Mein Leben hätte besser sein können, aber auch schlechter. Isaac hatte es die letzten Monate erträglicher gemacht.

Isaacs Sicht:

Nathan reagierte weder auf meine Rufe, noch auf meine Berührungen. Er verlor immer mehr Blut, trotz das ich ihm meines gab. Mittlerweile wurde mir schwindelig und ich musste die Blutspende unterbrechen, sonst würde ich auch ohnmächtig werden.

Sein Körper wirkte blass und leblos. Ich traute mich nicht seinen Puls zu messen. Seinen Atem nahm ich schon gar nicht mehr wahr.

Die Welt um mich herum schien still zu stehen. Ich war gefangen in ihr und gefangen in meinen Gedanken.

„Miller."

Ich spürte Hände unter meinen Achseln, jemand versuchte mich auf die Beine zu ziehen. Jemand in einem Strahlenschutzanzug.

Die Hilfe war da, aber zu spät.

Weitere Männer sprinteten an mir vorbei, auf Nathan zu.

„Kein Puls", sagte einer der Männer.

Er lag dort schon fast 10 Minuten ohne Atmung.

Alles um mich herum war egal. Ich fühlte nichts, fühlte mich wie in Watte gepackt. Es fühlte sich an, als hätte jemand ein riesiges Loch in meine Brust gerissen.

————————————————————-

Nach diesem Kapitel wird es nur noch 5 weitere geben, nur damit ihr Bescheid wisst. Allerdings wird es definitiv eine Fortsetzung geben, an der ich auch schon arbeite.
Wieso, weshalb, warum werdet ihr noch erfahren👀

War, Love, and other feelings [Band 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt