„General Winston!", rief Isaac und lief auf ihn zu. „Was ist passiert?"
Das Blut lief in regelrechten Bächen aus seinem Mund. Beim genaueren hinsehen fiel mir auf, dass er an einer Hand nur noch zwei Finger hatte.
Seine Kleidung war zerrissen und tiefe Wunden kamen zum Vorschein.
Was war hier passiert?
„Miller", presste er mühselig hervor. Seine Worte klangen abgehackt und ungenau, man konnte ihn kaum verstehen.
Moment mal... hatte man ihm die Zunge abgeschnitten?
„Die Ru...Russen haben... m-mich entführt u-nd gefol... gefoltert. Ic-...h habe ni...cht-s gesagt."
„Wie ist das möglich? Wie haben sie Sie bekommen?" Isaac war sichtlich verwirrt.
„Ega-...l ... ich ernenne sie.... Z-zum neuen Gene-ral." er nahm sich das Abzeichen von seinem Arm und steckte es Isaac an. „Si...sie sind be-reit Miller."
Er schnappte nach Luft und kämpfte gegen die enormen Mengen Blut an. Doch es gelang ihm nicht, er verlor den Kampf. Seine Wunden waren zu intensiv, es gab keine Rettung für ihn.
Ex-General Winston machte seinen letzten Atemzug, bevor er schlussendlich verstarb.
Etwas perplex erhob sich Isaac und stand mit zittrigen Beinen vor der blutigen Leiche. Er befahl seinen Kameraden die Leiche wegzubringen und anschließend den Boden zu säubern.
Er drehte sich zu mir und man sah ihm deutlich an, dass ihn die Situation etwas überforderte. Schweigend lief er an mir vorbei und ich folgte ihm, bis er in einem der hellen, leeren Räume stehen blieb.
„Isaac?", fragte ich vorsichtig.
„Nach dem Krieg", murmelte er. „Eigentlich sollte ich nach dem Krieg befördert werden. Diese Aufgabe jetzt zu bekommen das... das überfordert mich."
„Ich weiß", sagte ich einfühlsam. „Aber General Winston hätte dich nicht ausgewählt, wenn er denken würde, du würdest das nicht schaffen. Er war ein guter General und er wusste genau was er tat."
Hilflos schaute mich Isaac an und nickte vorsichtig.
„Isaac", sagte ich. „Du schaffst das."
Ich schenkte ihm ein ehrliches Lächeln und stellte mich genau vor ihn. „Du hast das gestern Nacht alles so gut gemacht, jeder hat dir vertraut. Du bist bereit."„Du hast recht."
Ich legte meine Arme um ihn und drückte ihn fest an mich. Isaac war stark und die Soldaten respektierten ihn, er würde das schaffen.
„Ich stelle mir allerdings eine Frage; wie konnten sie ihn entführen?"
„Hm", antwortete ich. „Das sollten wir schleunigst herausfinden."
„Okay, melde dich bitte auf der Krankenstation, ich muss jetzt einige Dinge erledigen."
Ich nickte und schaute ihm hinterher. Isaac hatte eine sehr starke Persönlichkeit. Man neigte dazu ihm schnell zu vertrauen, denn es wirkte so, als wüsste er immer was zu tun ist. Es wirkte nicht nur so, es war auch so.
Er würde das schaffen, er würde ein guter General sein.
Ich machte mich auf den Weg zum Krankenlager. Mittlerweile schauten mich die Soldaten nicht mehr so komisch an, sie hatten offenbar begriffen das ich zu Isaac gehörte.
Ich gehörte zu Isaac. Das hörte sich gut an.
War er meine Zukunft? War er die Sache, für die es sich zu kämpfen lohnte? War er der Sinn hinter dem allen? Ich konnte es nicht genau beantworten, aber ich vermutete schon.
Im Krankenlager bekam ich das volle Ausmaß der letzten Stunden zu sehen. Schwerverletzte Soldaten lagen eng zusammen. Teilweise reichten die Liegen nicht mal aus. War es doch so schlimm?
Am liebsten wäre ich wieder umgekehrt, meine Probleme waren nichts dagegen. Doch bevor ich gehen konnte, sprach mich ein Arzt an. „Johnson", hörte ich eine mir bekannte Stimme sagen. Es war Doktor Moore. „Kann ich Ihnen helfen?"
„Nein danke, bei mir ist alles in Ordnung soweit."
Er schüttelte den Kopf. „Bitte setzen Sie sich."
Er deutete auf einen Stuhl an der Wand. „Ich seh mir Ihr Bein mal an. Bitte ziehen sie die Hose etwas nach unten."Ich seufzte, tat dann allerdings was er sagte. Isaac würde sowieso drauf bestehen.
„Da sieht wirklich gut aus, ich nehme an die Orthese hilft?"
„Die hilft sehr gut."
„Sie sollten es nicht überlasten, denn auch mit der Orthese wird es nicht hundertprozentig gestützt."
Er bestand darauf sich die anderen Wunden auch noch anzuschauen, doch alles sah gut aus. Alles war gerade dabei zu verheilen. Mein Körper sah besser aus. Die Hämatome wurden langsam grün und gelb und die Schwellungen wurden weniger.
„Ich danke Ihnen", sagte ich knapp und verließ anschließend das Krankenlager wieder. Ich hörte von Weitem, wie Isaac eine Ansprache an seine Kameraden machte. Neugierig lief ich in den großen Versammlungsraum, um das Ganze aus der Nähe zu betrachten.
Isaac hatte sich auf einer Art Podest platziert und erklärte, was mit dem Ex General passiert war und das er ihn in seinen letzten Minuten befördert hatte.
Wir hielten eine Schweigeminute zu Ehren des verstorbenes Generals und zu allen Gefallen Kameraden ab. Die letzen Stunden, Monate und Jahre waren hart. General Winston hatte sie durch diese Zeit geführt.
Jetzt war Isaacs Zeit gekommen.
„Nathan, komm doch bitte zu mir."
Was? Hatte Isaac mich gerade nach vorn zu ihm gebeten?
Etwas skeptisch schlängelte ich mich durch die anderen Soldaten, in der Hoffnung ich hatte richtig gehört. Allerdings starrten mich alle ziemlich an, also hatte ich vermutlich tatsächlich richtig gehört.
Fragend schaute ich Isaac an, doch er nahm nur meine Hand und zog mich zu sich.
„Wie ihr alle mitbekommen habt, ist Sergeant Jonson ein Engländer. Allerdings kämpft er nicht mehr für England, sondern für Amerika. Für uns. Er ist ein vollständiges Teammitglied und genauso wird er auch behandelt."
Isaac hielt während er das sagte die ganze Zeit meine Hand, das sagte mehr als tausend Worte und bedarf keiner Erklärung. Auch der Letzte sollte somit begriffen haben, dass ich zu ihm gehörte.
Das war ein deutliches Statement. Ein Statement dafür, dass egal war welches Geschlecht man liebte.
„Und jetzt geht jeder auf seine Postion. Alle anderen essen etwas und schlafen anschließend. Wir haben harte Stunden vor uns."
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War, Love, and other feelings [Band 1]
RandomWas ist wenn die Gefangenschaft auf einmal gar nicht mehr so schlimm ist, weil der Anführer des Gegners doch ziemlich attraktiv und offensichtlich schwul ist? Nathan Johnson ist ein junger Soldat, welcher schon sehr früh in den Krieg ziehen musste...