Nathans Sicht:
Meine Augenlider waren schwer, sie wogen mindestens eine Tonne. Zumindest fühlte es sich so an. Egal wie sehr ich mich anstrengte, ich konnte sie nicht öffnen.
Zeit und Raum spielten keine Rolle. Ich war tot. War ich im Himmel oder in der Hölle?
Es war warm, aber unter mir war es auch weich. Ich konnte es nicht einschätzen. Allerdings roch es nicht nach Schwefel, also doch nicht die Hölle. Obwohl ich dort eigentlich hingehörte.
Ich hatte keine Schmerzen mehr, das Loch in meiner Brust war ruhig. Das stimmte also tatsächlich über den Tod.
Aber... Moment mal. Was war das für ein Geräusch? Irgendwas piepte regelmäßig im Hintergrund.
Ich wollte wissen woher dieses Piepen kam, aber meine verdammten Augen spielten nicht mit.
Egal, es wird schon nichts weiter sein.
Was war das für ein Druck auf meinem Arm? Jetzt wollte ich es wirklich wissen.
Mit aller Kraft schaffte ich es endlich meine Augen ein klein wenig zu öffnen. Alles war verschwommen und ich konnte nichts erkennen. Ich nahm lediglich ein paar Lichter neben mir wahr.
Zu hell für die Hölle, zu dunkel für den Himmel.
Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen erneut, bevor ich sie wieder öffnete. Dieses Mal war meine Sicht ein wenig klarer.
Ich versuchte das Piepen zu lokalisieren, es kam offensichtlich direkt von neben mir. Zwar konnte ich meinen Kopf nicht bewegen, aber meine Augen.
Ein Blick nach rechts verriet mir, dass das Piepen wohl von einem Monitor kam.
74, 128, 79... diese Zahlen stachen mir ins Auge. Moment mal... war das mein Puls und mein Blutdruck? Und diese Linien... war das mein Herzschlag?
Mühsam drehte ich meinen Kopf etwas zur Seite und konnte auf meinen Arm schauen, an dem ich in regelmäßigen Abständen diesen Druck spürte. Es war eine Manschette.
Verdammt, ich lebte!
Von Minute zu Minute wurden meine Gedanken klarer. Ich realisierte das ich in einem Krankenhaus lag. Es war mitten in der Nacht, lediglich ein winziges Licht über der Tür erhellte den Raum ein klein wenig.
Ich spürte, wie in regelmäßigen Abständen Luft in meine Lungen gepumpt wurde. Ich hatte einen Schlauch im Mund und atmete nicht selbstständig.
Diese Tatsache löste ein klein wenig Panik in mir aus, was sollte ich tun?
Wenn ich in einem Krankenhaus war und das hier nicht nur ein Traum war, dann musste es irgendwo einen Knopf geben den ich drücken konnte.So gut es mir gelang schaute ich mich um. Und tatsächlich; der rote Notrufknopf war in meiner rechten Hand. Es dauerte eine Weile bis mein Daumen das tat was ich wollte, letztendlich gelang es mir aber den Knopf zu drücken.
Nach nicht mal einer Minute betrat eine Krankenschwester das Zimmer. Vorsichtig und leise bewegte sie sich auf mein Bett zu, als sie allerdings sah das ich wach war, fummelte sie an ihrer Tasche herum und tippte irgendwas auf einem Gerät herum.
„Herr Johnson", sagte sie dann mit weicher Stimme in einem amerikanischen Akzent. „Machen Sie sich keine Sorgen, gleich kommt ein Arzt und entfernt Ihnen den Schlauch."
Sie war freundlich und stellte sich an mein Bett. Ihre Anwesenheit und ruhigen Worte beruhigten mich etwas. Die Panik ließ langsam nach.
Nur kurze Zeit später öffnete sich die Tür erneut und ein Mann mittleren Alters betrat den Raum. Er trug einen weißen Kittel und war offensichtlich ein Arzt.
„Herr Johnson, willkommen zurück! Ich bin Doktor Atilla."
Doktor Atilla? Den Namen hatte ich schon einmal gehört.
„Sie sind intubiert, das heißt eine Maschine übernimmt gerade das atmen für Sie. Ich werde den Beatmungsschlauch gleich entfernen und dann können Sie wieder selbstständig atmen."
Als der Schlauch aus meiner Kehle entfernt wurde, war das ein befreiendes allerdings auch schmerzhaftes Gefühl.
Wie automatisch zog ich scharf die Luft ein und atmete somit selbstständig meinen ersten Atemzug. Es fühlte sich etwas ungewohnt an und war irgendwie anstrengend.
„Am besten Sie reden noch nicht gleich wieder, es kann sein, dass es etwas schmerzhaft ist."
Doktor Atilla stellte sich an meine linke Seite und machte sich ein paar Notizen auf einer Art Grafiktablett. Vermutlich war das meine Krankenakte.„Bestimmt haben Sie sehr viele Fragen. Ich als Ihr behandelnder Arzt werde Ihnen diese beantworten, allerdings benötigen Sie nun erstmal Schlaf, es ist sehr spät. Morgen Früh sind Sie der Erste der..."
Doktor Atilla wurde mitten im Satz unterbrochen, da die Tür schwungvoll aufgerissen wurde.
Ein braunhaariger Lockenkopf stolperte regelrecht in den Raum und sprintete zu meinem Bett.
Es war Isaac. Mein Isaac.
„Nathan!"
Isaac war völlig außer Atem und stellte sich neben mein Bett.Seine grauen Augen musterte mich und wirkten hilflos. Er sah vollkommen fertig aus. Tiefe Augenringe zierten seine Augen und seine Haut war blass.
„Ich lass Sie einen Moment allein", sagte Doktor Atilla und verließ das Krankenzimmer.
„Nathan... ich habe mir unglaubliche Sorgen um dich gemacht."
Isaac nahm meine Hand und streichelte mit seinem Daumen über meine Haut.Ich versuchte zu sprechen, doch mein Mund und Hals waren staubtrocken. Außerdem brannte meine Kehle und war irgendwie rau.
Leise räusperte ich mich und versuchte etwas zu sagen. „Wa... ist pass...iert?"Natürlich wusste ich, dass ich einen Schuss abbekommen hatte, aber ich wusste auch, dass ich gestorben war.
„Du wurdest angeschossen, in Manchester. Ein russischer Soldat hat auf dich geschossen und dein Herz nur knapp verfehlt. Wäre der Schuss nur wenige Millimeter weiter links gelandet und hätte ich dir kein Blut gespendet, dann hättest du es nicht geschafft."
Stimmt, Isaac hatte mir vor Ort Blut gespendet. Er hatte mein Leben gerettet. Schon wieder.
„Als Hilfe kam, warst du schon gar nicht mehr ansprechbar. Du hattest weder Atmung noch Puls. Du wurdest vor Ort drei mal reanimiert."
Ich wurde drei mal reanimiert? Ich bin... drei mal gestorben?
„Du wurdest in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht, allerdings mussten wir etwas fliegen, da alles im Umkreis zerstört war. Dort wurdest du operiert und es war noch nicht ganz sicher ob du es schaffst."
Ich hatte es geschafft.
„Als du nach vier Tagen einigermaßen stabil warst, wurden wir nach Amerika transportiert. Hier kannst du besser behandelt werden, es gibt mehr Möglichkeiten. Allerdings lagst du fast zwei Wochen im Koma. Dein Körper war zu stark geschädigt."
Ich... bin in Amerika?
„Ich war jeden Tag hier, Tag und Nacht. Einmal musste ich für drei Tage weg, als General habe ich Pflichten. Danach bin ich dir nicht mehr von der Seite gewichen."
War der Krieg vorbei? Oder...?
„Nathan, ich dachte ich werde dich verlieren."
Ein paar einzelne Tränen liefen Isaac über die Wangen. Er hatte sich so große Sorgen gemacht.„Jetzt bin ich wach", presste ich mit kratziger, rauer Stimme heraus.
Isaac lächelte mich erleichtert an, man sag ihm an wie froh er war.
„Wo... genau...?"
„Miami", sagte Isaac leicht grinsend.
Nein... war ich wirklich...? War ich wirklich in Isaacs Heimatstadt? Ich war in Miami!
DU LIEST GERADE
War, Love, and other feelings [Band 1]
RandomWas ist wenn die Gefangenschaft auf einmal gar nicht mehr so schlimm ist, weil der Anführer des Gegners doch ziemlich attraktiv und offensichtlich schwul ist? Nathan Johnson ist ein junger Soldat, welcher schon sehr früh in den Krieg ziehen musste...