Stundenlang lag ich in der selben Position auf dem Boden, ich vermied jede Bewegung, damit ich mir unnötige Schmerzen ersparen konnte. Der Boden wurde irgendwann wärmer, ich schätzte mal das lag nicht zuletzt an meinem Blutverlust, denn feucht fühlte es sich ebenfalls an. Vielleicht lag es auch nur an meiner Körperwärme. Oder an beidem.
Irgendwann war ich bereit mich aufzusetzen, also nahm ich all meine Kraft zusammen und drückte mich mit meinen Armen nach oben. Bei jeder Bewegung durchzog ein stechender Schmerz meinen Körper. Wäre ich doch nur vor ein paar Tagen dort begraben gestorben, dann würde mir das jetzt erspart bleiben.
Ich hatte keine Orientierung, der kleine, fensterlose Raum war stockdunkel. Ich tastete den Boden ab und kroch langsam in eine Richtung, irgendwann würde ich die Wand schon spüren. Und tatsächlich, nur wenige Meter neben mir war sie endlich; die Wand.
Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen sie und streckte meine Beine aus. Vollkommen erschöpft saß ich da, ohne jegliche Körperspannung. Die tiefen Wunden in meinem Mund pochten und fühlten sich heiß an, mit Sicherheit würden sie sich entzünden
Immerhin hatten sie nach ein paar Stunden aufgehört zu bluten und ich musste nicht mehr die ganze Zeit mein eigenes Blut schlucken.
Irgendwann öffnete sich die Tür einen Spalt, waren die zwei Tage wirklich schon rum? Mein Körper war noch nicht bereit für weitere Folter.
Das grelle Licht durchflutete den Raum, wie automatisch schlossen sich meine Augen, es war definitiv zu hell nach all den Stunden in der Dunkelheit.
Als ich hörte wie jemand die Tür abschloss, versuchte ich meine Augen langsam zu öffnen. Ich hatte erwartet den General wieder zu sehen, allerdings stand Commander Miller an der Tür.
Wortlos ging er vor mir in die Hocke und stellte seinen Beutel mit der amerikanischen Nationalflagge neben sich. Was wollte er von mir? Sollte er mich jetzt foltern? Hatte er überhaupt die Eier dafür? Vermutlich nicht.
Er nahm mein Kinn und drehte meinen Kopf nach links und rechts um sich die Ausmaße der Verletzungen anzuschauen.
„Wieso hast du nicht kooperiert? Dann wäre es nicht so weit gekommen."
Als er keine Antwort von mir kam, seufzte er und kramte etwas aus seinem Beutel. Es waren Tupfer und eine durchsichtige Flasche mit einer milchigen Flüssigkeit.
Er gab etwas von der Flüssigkeit auf einen der Tupfer und verteilte sie somit auf den Wunden in meinem Gesicht.
„Warum machst du das?", fragte ich mit rauer Stimme. Ich konnte es mir wirklich nicht erklären. Es gab keinen logischen Grund.
„Deine Wangen sind dick und dein Kiefer blau, wir sollten das im Auge behalten bevor eine Entzündung entsteht", sagte er ohne auf meine Frage zu antworten.
„Du bist unloyal", merkte ich an. „Dein General könnte dich dafür erschießen."
So war es im Krieg, wenn man sich weigerte Befehlen nachzugehen, wurde man getötet.
Seine Augen wurden zu Schlitzen und seine Hand schnellte zu meinem Hals. „Du solltest dankbar sein, ich müsste das hier auch nicht machen", sagte er zwischen zusammengepressten Zähnen. Er übte mit seiner rechten Hand einen Druck auf meiner Kehle aus, was mich automatisch nach Luft schnappen ließ. „Ich könnte dich hier auch einfach sterben lassen. Deine Wunden würden sich entzünden, du würdest Fieber bekommen und schlussendlich daran sterben."
Er hatte Recht. Ich nickte. Trotzdem verstand ich das alles nicht.
Endlich nahm er seine Hand von meinem Hals und ich konnte wieder normal atmen. Die Luft strömte in meine Lungen und mein Körper entspannte sich etwas.
Der Commander öffnete seinen Helm, nahm ihn ab und legte ihn beiseite. Zum Vorschein kamen hellbraune Locken, welche etwas verschwitzt aussahen.
Er holte eine kleine, dunkle Flasche aus seiner Tasche und setzte sie an meinen Mund.
„Antibiotikum", sagte er. „Trink einen Schluck."
Anschließend kümmerte er sich noch um die zwei Wunden an meinem Brustkorb.
Immer wieder suchten seine grauen Augen den Blickkontakt zu meinen. Ich konnte das nicht wirklich zu ordnen, das erinnerte mich etwas an die aufdringliche Krankenschwester von der Krankenstation. Vielleicht lag es einfach an der Mentalität der Amerikaner.
„Okay", sagte er. „Das hätten wir erstmal erledigt. Ich habe noch Wasser und etwas zu essen dabei. Pass aber auf und achte auf die offenen Wunden in deinem Mund."
Er reichte mir eine kleine Flasche Wasser und etwas in Aluminiumfolie gewickeltes.
„Ich komme morgen wieder, stirb nicht bis dahin." Mit diesen Worten schaltete er das Licht wieder aus und verließ den Raum.
Ich hatte tausende Fragen. Wie konnte jemand so unloyales ein Commander sein? Wieso besaß er so viel Menschlichkeit? Wieso kümmerte er sich so um mich? Und wieso schaute er mich immer so an?
Mitt zittrigen Händen öffnete ich die Aluminiumfolie und vom Vorschein kam ein Brötchen. Die letzten Tage hatte ich nur irgendeinen undefinierbaren Brei zu essen bekommen.
Vermutlich wäre der Brei heute besser gewesen, denn ich bekam meinen Mund nicht weit genug auf um in das Brötchen beißen zu können. Also musste ich mir immer ein kleinen Stück abtrennen und es so essen. Verdammte Schmerzen.
Aber immerhin hatte ich was im Magen, auch wenn sich das essen etwas schwieriger gestaltete.
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Freut mich das ihr das Kapitel gelesen habt🫶🏽
Wenn es euch gefallen hat, lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen. Und wenn ich etwas besser machen könnte; lasst es mich ebenfalls wissen❤️
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War, Love, and other feelings [Band 1]
РазноеWas ist wenn die Gefangenschaft auf einmal gar nicht mehr so schlimm ist, weil der Anführer des Gegners doch ziemlich attraktiv und offensichtlich schwul ist? Nathan Johnson ist ein junger Soldat, welcher schon sehr früh in den Krieg ziehen musste...