Mister und Misses Johnson

779 49 8
                                    

Die nächsten Tage verliefen gut. Ich kam schnell wieder auf die Beine und konnte kleinere Strecken im Krankenhaus und in dem Außengelände laufen.

Meine Ausdauer war durch die Bettruhe sehr schlecht geworden und ich hätte sie am liebsten so schnell wie möglich wieder verbessert, allerdings musste ich meinem Körper Zeit geben.

Isaac war jeden Tag bei mir im Krankenhaus, hin und wieder hatte er etwas zu erledigen, doch spätestens am Abend war er bei mir. Wir teilten uns jede Nacht mein Bett. Die Krankenschwestern waren nicht sonderlich begeistert davon, doch Isaac konnte sich immer durchsetzen.

Isaac war eine sehr dominante Persönlichkeit und tat alles dafür, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Für mich war es sehr interessant ihn außerhalb des Krieges zu sehen und ihn nochmal auf eine neue Art und Weise kennenzulernen.

Manchmal konnte ich mein Glück gar nicht fassen, ich wusste nicht womit ich Isaac verdient hatte. Er kümmerte sich sehr gut um mich und tat alles dafür, dass ich die bestmögliche Behandlung bekam.

Isaac reichte mir ein großes Tablet und setzte sich neben mich.

„Leg das einfach hier hin, du siehst sie dann als hochaufgelöstes Hologramm", erklärte er mir.

Ich war aufgeregt, seit Beginn des Krieges hatte ich nicht mehr mit ihnen gesprochen. Ich wusste nicht wie es ihnen ging oder wo sie mittlerweile wohnten. Im Prinzip wusste ich nicht einmal ob sie noch am Leben waren.

Mit zittrigen Fingern tippte ich auf „anrufen" und wartete.

Nur wenige Sekunden später tauchten sie vor mir auf. Die Gesichter meiner Eltern.

„Nathan! Oh Nathan wir sind so froh dich zu sehen", sagte meine Mutter mit tränenüberströmten Gesicht. „Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht."

„Wieso hast du dich nie gemeldet mein Junge?" Nun meldete sich auch mein Vater zu Wort.

Na, wieso hatte ich mich nie gemeldet? Mal abgesehen von der Tatsache das wir wir Krieg hatten. Natürlich hätte ich auf altmodische Weise einen Brief schreiben können, aber ich wollte es nicht.

Mein Vater hatte mir meine Kindheit und Jugend gestohlen, nur weil er versessen darauf war, dass ich zur british Army gehe. Meine Mutter hatte nichts gegen ihn unternommen.

Natürlich hatte ich mir Sorgen um sie gemacht, allerdings war ich auch unglaublich sauer und enttäuscht.

„Ich hatte keine Möglichkeit", sagte ich knapp. „Wie geht es euch?"

„Wie soll es uns gehen? Wir haben uns jahrelang Sorgen um dich gemacht, du bist unserer einziges Kind." Mein Vater fing an mich zu belehren, während meine Mutter immer noch total aufgelöst war.

„Wo bist du mein Schatz und wer ist dieser junge Mann neben dir?"

„Ich bin in Amerika", antwortete ich meiner Mutter. „Und das ist Isaac."

„Hallo", warf Isaac kurz ein.

„In Amerika, was machst du dort?"
Skeptisch schaute mich mein Vater an.

„Das ist eine lange Geschichte. Die Zusammenfassung ist; ich war schwerverletzt, Isaac hat mich gefunden und aufgenommen, ich habe an der Seite der US Army gekämpft und nun bin ich hier, weil... erstens weil ich hier medizinisch bessere Chancen habe und zweitens... weil ich bei Isaac sein will."

Sollte ich sagen wir sind ein Paar? Denn das stimmte ja nicht. Keine Ahnung was wir waren.

„Du hast... an der Seite von... Amerika...?"
Mein Vater war fassungslos. Sein Nationalstolz war viel zu groß.

So verlief das Gespräch bis zum Ende. Mein Vater hielt mir ein paar Dinge vor und meine Mutter machte sich Sorgen. Trotzdem war ich froh, dass sie noch lebten.

Fünf Tage später
„Hier wohnst du?", fragte ich perplex.

Wir standen vor einem großen Haus, mit typisch amerikanischen Vorgarten. Damit hatte ich nicht gerechnet, mit 24 schon so ein modernes Haus. Auch sein Auto... woher hatte er das Geld?

„Seitdem ich bei der Army bin, mach ich nur Auslandseinsätze. Außerdem war ich Commander und bin nun General." Er grinste mich breit an und steckte den Schlüssel ins Schloss.

Meine Frage hatte sich somit schon beantwortet.

Alles fühlte sich auf einmal wieder so normal an. Es fühlte sich so an, als würden wir ein stinknormales Leben führen, ohne Schmerz, Krieg und Tod.

Konnte ich endlich ein eigenes Leben führen, ohne meinen Vater an der Seite und ohne Krieg? Das klang viel zu schön um wahr zu sein, aber für den Moment glaubte ich daran.

„Du musst mir die nächsten Tage Miami zeigen", sagte ich grinsend.

Isaac ignorierte meine Aussage und stellte das Gepäck ab.

„Jetzt zeig ich dir erstmal dein neues zu Hause."

Mein neues zu Hause? Unser neues zu Hause. Oder etwa nicht?

War, Love, and other feelings [Band 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt