Kapitel 56

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Hold Back The River- James Bay
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Also spätestens jetzt glaube ich an die Liebe auf den ersten Blick, denn so wie die beiden sich angucken kann man nur sagen: da haben sich zwei gefunden!
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Santiago

Mit meiner kleinen Schwester begebe ich mich ins innere meines Lieblingscafés. Sobald man die Türschwelle übertritt kommt einem sofort der Geruch von süßen Backwaren entgegen. Die Einrichtung ist von innen genauso wunderschön eingerichtet wie von außen. Zugegebenermaßen interessiere ich mich nie für irgendwelche Inneneinrichtungen, denn schließlich bin ich beruflich in der Mafia und kein Innenarchitekt. Diese Einrichtung muss aber selbst ich einen Moment bestaunen. Ich bin hier zwar schon längst nicht mehr das erste mal, allerdings ist es doch jedes mal aufs neue unglaublich. Da wir aber heute noch was vorhaben und das etwas anderes als sowohl die Inneneinrichtung als auch das äußere Auftreten eines Cafés zu bestaunen ist, schiebe ich Amelia vorsichtig zu meinem Stammplatz. Ein Platz direkt am Fenster. Ich werde meine Schwester jetzt auf jeden Fall öfters mit hier hinnehmen, denn diese kommt überhaupt nicht mehr aus dem Staunen heraus. Nach ein paar Sekunden löst sie sich aus ihrer Schockstarre und schon beginnt förmlich ein Verhör. Bei unserem Gespräch werden wir aber unterbrochen, als plötzlich eine wunderschöne Stimme neben mir erklingt. Gespannt blicke ich nach links und sehe, dass neben unserem Tisch eine Kellnerin steht. Eine Kellnerin in Form einer absoluten Traumfrau. Ich weiß, dass man niemals nur wegen des Körpers urteilen sollte, aber ich sage mir immer: Aussehen zieht an und Charakter hält fest. Selbst wenn diese Frau nur einen halb so guten Charakter hat wie sie aussieht, dann ist hat sie mein Herz innerhalb von wenigen Tagen erobert. Und ich behalte recht. So wie sie sich mit meiner kleinen Schwester unterhält weiß ich, dass das sie die eine ist. Keine Frau ist mehr wert als die Frau, die an deiner Seite bleibt, egal was du gemacht hast, egal wie du bist und egal was du hast. Ich war noch nie diese Art von Mann, dem es nur um Sex ging. Für mich bedeutet es sich einander vertrauen. Sex nur für die Befriedigung zu haben oder Stress abzubauen ist falsch. Wenn da drin aber Liebe liegt ist so viel mehr als sich nur nahe zu sein. Aber zu oft benehmen sich, die Leute dabei, wie bei einer Fitnessstunde, mechanisch. Durch das Gespräch zwischen den beiden erfahre ich, dass die Schönheit vor mir Chayana heißt. Ein wunderschöner Name für eine wunderschöne Frau. Ich schätze sie auf ungefähr Anfang zwanzig ein. Es ist echt verwunderlich, dass ich sie bisher noch nie hier im Café kellnern gesehen habe. Schließlich setze ich mich hier fast jeden zweiten Tag rein und versuche abzuschalten. Durch ein Räuspern werde ich aber aus meinem verwirrenden Gedankengang geholt. Leicht schüttle ich meinen Kopf und blicke direkt in das breit grinsende Gesicht von Amelia.

„Alles ich habe ja noch nicht so viel Ahnung von Liebe und so, aber das zwischen euch früher oder später noch was laufen wird ,sieht selbst ein blinder!", schmunzelt sie. Gerade will ich anfangen ihr zu widersprechen und sie davon zu überzeugen, dass sie sich da nur was einbildet, als ich von ihr unterbrochen werde bevor ich überhaupt anfangen konnte zu sprechen. „Du brauchst es gar nicht zu versuchen mir das als Einbildung zu verkaufen, denn das war es nicht. Es war Liebe auf den ersten Blick und so wie sie dich am Ende angeschaut hat und sich ein Glitzern in ihren Augen gebildet hat ,ist sie auch an dir interessiert!",erklärt sie mir. „Ihr würdet wirklich ein wunderschönes Pärchen abbilden und perfekt zusammenpassen. Selbst wenn ihr bisher nur kurz Augenkontakt hattet, hat man gespürt, dass ihr wie für einander geschaffen seit", redet sie wie ein Wasserfall weiter. Dann unterbreche ich sie aber. Wie kann es einem zehnjähriger Mensch bitte so schnell auffallen und daraus so viel Schlüsse ziehen? „Du hast recht! Ich finde sie echt interessant und werde vielleicht versuchen ein bisschen Kontakt auszubauen!", schmunzle ich ihr entgegen. Nun wird ihr Grinsen breiter. Bevor sie allerdings darauf antworten kann, wird sie von der Engelsstimme die Chayana gehört, unterbrochen. „Hey, und habt ihr euch schon entscheiden können?", fragt sie. Dabei zitiert wieder ein wunderschönes Lächeln ihr Gesicht. „Also ich nehme einen Kaffee und was möchtest du, Zwerg?", antworte ich ihr und blicke anschließend meine kleine Schwester an. „Kann ich eine heiße Schokolade haben?", fragt sie freundlich. „Aber natürlich! Sonst noch was?",fragt Chayana an uns beide gerichtet. Während Amelia mit einem ‚Nein' antwortet, antworte ich mit einem ‚Ja'. Verwundert blickt mich meine kleine Schwester an. „Sie nimm noch ein kleines Käsebrötchen!",bestelle ich. Dabei nicke ich mit dem Kopf Richtung Amelia. „Ich habe aber keinen Hunger", bekomme ich nur von ihr hören. War abzusehen, dass es nicht ohne Proteste geht. „Amelia, du musst jeden morgen was essen und wenn du noch mit mir zu deiner Überraschung fahren möchtest, dann würde ich jetzt an deiner Stelle etwas essen!", drohe ich ihr und blicke sie eindringlich an. Mit einem theatralischen Seufzer, den ich unkommentiert lasse nickt sie ergeben. „Also dann einen Kaffee, eine heiße Schokolade und ein kleines Käsebrötchen?", fasst die Frau mit der Stimme eines Engels noch einmal höflich zusammen. „Ja, dass wäre es!", stimme ich Chayana zu. Mit einem ‚Kommt sofort' entfernt sie sich anschließend von unserem Tisch.

„Wenn ich das Brötchen aufesse, sagst du mir dann wo wir hinfahren?",fragt sie mich mit einer extra zarten Stimme und  dem Versuch den Hundeaugenblick zu imitieren. Das letztere gelingt ihr nicht sonderlich gut. „Du wirst es noch früh genug erfahren!", verspreche ich ihr. Dabei drehe ich nicht mit einem leisen Lacher wieder zu Chayana, welche mit unserer Bestellung zum Tisch kommt. Das Kaffee hat wieder einmal sehr gut geschmeckt und auch Amelia hat auch alles ohne große Widerworte aufgegessen und getrunken. Nach dem Bezahlen wo ich ordentlich viel Trinkgeld für Chayana hinterlasse, verlassen wir das Café und begeben uns zurück zum Auto. Voller Vorfreude schnallt sich meine kleine Schwester an. „Also jetzt schnell zu unserem eigentlichen Ziel, denn lange halte ich diese Ungewissheit nicht mehr aus!",jammert sie am Ende. Amelia hasst es, wenn sie ungewiss ist. Die erste Zeit kann sie das Gefühl noch ganz gut verstecken, allerdings fängt sie immer spätestens nach fünf Minuten mit ihrem Gejammer an. Wirklich ernst nehmen kann man sie dabei aber nicht, weshalb ich umso lieber mache. Als großer Bruder hat man schließlich so einige Verpflichtungen und seine kleine Schwester in den Wahnsinn zutreiben ist eine davon.

Nach ein paar Minuten, welche laut Amelia viel zu langsam vergehen, parke ich vor unserem Zielort und sobald ihre Augen aus dem Fenster blicken, weiten sich ihre Pupillen um ein vielfaches.

Nur der Wille zähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt