Hanging Tree- Jennifer Lawrence
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Anscheinend versteht mein Bruder aber direkt meine Sorge. Unsere andere Brüder helfen momentan sicherlich nicht dazu bei, Valentinos schlechtes Gewissen zu reduzieren. Umgehend erhebt sich Blake mit mir in seinen Armen und wir machen uns auf direktem Wege zurück zu den anderen. Hoffentlich kommen wir rechtzeitig, bevor Valentino sich noch verrückt macht!
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AmeliaInnerhalb von wenigen Minuten kann ich schon die zwei Wohnmobile in der Ferne ausmachen. Mein ältester Bruder trägt mich weiterhin in seinen Armen und hat vermutlich auch nicht vor mich innerhalb der nächsten Meter runterzulassen. Trotz allem sind wir ziemlich schnell unterwegs, wahrscheinlich sogar schneller, als wenn ich laufen würde. Durch zwei meiner Eigenschaften, die liebevoll auch ‚Fliegengewicht' und ‚Zwergengröße' genannt werden, störe ich meinen Bruder nämlich nicht allzu stark in seinem Bewegungsablauf ein. Den Rest machen seine sehr langen und vor allem muskulösen Beine. Meine Beine sehen dagegen leider aus wie Streichhölzer. Die Wohnmobile kommen mit jedem Schritt näher und immer mehr wird erkennbar. Aber nicht nur für uns. Auch der Rest unserer Familie scheint unsere Umrisse nun zu erkennen. Die Gegenstände, die ich als Stühle identifizieren kann werden nach hinten geschoben und mehrere Personen kommen uns entgegen. Wenig später werde ich stürmisch aus den Armen meines ältesten Bruders gezogen, lande aber direkt in den nächsten.
„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, Sweety!", flüstert mir Leonardo ist Ohr. Lange bleibe ich aber nicht in seinen Armen, denn durch einen heftigen Ruck werde ich nach hinten gezogen. Dadurch, dass mein jüngster Bruder absolut unvorbereitet darauf war, hat er keine Chance mich rechtzeitig festzuhalten. Mein Gleichgewicht kann ich nun auch nicht mehr halten, weshalb nun die Schwerkraft den Rest macht. In Millisekunden überlege ich, wie ich mich in der Luft drehen soll um den Sturz aus knapp zwei Metern zu überstehen ohne mir dabei irgendetwas auszurenken. Meine Gedanken sind aber vollkommen umsonst. Bereits als ich mich noch zur Hälfte in Leonardos Armen befinde, wird die andere Hälfte von zwei starken Händen umfasst. „Es ist auch meine Schwester also her mit ihr!", fordert der Übeltäter namens Luciano seinen einzig jüngeren Bruder auf. Eine Wahl lassen tut er ihm aber auch nicht, denn mit nur einer Bewegung zieht er mich vollständig aus Leonardos Armen und stattdessen in seine. „Wo wart ihr denn so lange? Wir aber vor allem ich habe noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen!",schimpft er sogleich drauf los, während er mich feste an sich drückt. Vielleicht ein bisschen zu feste, denn nach ein paar Sekunden habe ich das Gefühl zu ersticken. Luciano merkt dies aber gar nicht und die anderen sind noch viel zu sehr damit beschäftigt zu diskutieren, wer das Recht hat mich halten zu dürfen. Mich fragen sie gar nicht erst, denn ich würde für mich selber stimmen. Entgegen zum Glauben meiner Brüder habe ich nämlich auch funktionierende Beine, welche ich auch meistens gerne benutze. Zumindest benutzt habe, denn wenn mich mein Bruder nicht bald seine Arme um mich herum ein wenig lockert, dann kann mein Blut bald nicht mehr richtig zirkulieren und dann hätte ich ein kleines Problem.
Die einzigen, die es bemerken sind meine Eltern. Mein Vater reagiert zum Glück ziemlich schnell und befreit mich rechtzeitig, bevor noch irgendwas passiert. „Ey! Das ist meine Schwester!", beschwert sich Luciano sich und gestikuliert währenddessen mit seinen Händen wild in der Luft herum. „Und es ist meine Tochter, die ich gerne lebend haben möchte und nicht zerdrückt wie ein Pfannkuchen!", argumentiert er dagegen. Seine Tonlage lässt absolut keinen Raum für Widersprüche zu. Erst jetzt scheint es meinem Bruder zu dämmern, was passiert ist. „Oh mein Gott, Cutie! Das wollte ich nicht! Es tut mir so leid!", entschuldigt er sich sofort. „Alles gut! Noch bin ich ja nicht zum Pfannkuchen mutiert!", beruhige ich ihm mit einem sanften Lächeln. Augenblicklich entspannt er sich ein bisschen, denn man hat ihm deutlich angesehen, dass er sich Vorwürfe gemacht hat. Ganz verschwunden sind sind diese aber auch noch nicht. Ein kleines Lächeln entsteht nun aber trotzdem auf seinem Gesicht. Dieser so friedlich scheinende Augenblick hält nur leider nicht so lange an. „Jetzt erzähl aber mal, welchen Jungen ich umbringen muss, weil er dich zu lange angestarrt hat!", knurrt mein jüngster Bruder hinter mir. Erschrocken drehe ich meinen Kopf zu Seite und erkenne dort Leonardo mit verschränken Armen und einem nicht sehr begeistert aussehenden Gesichtsausdruck stehen. Erschrocken und mehr als panisch überlege ich nach einer Antwort, die ich ihm geben könnte wo ich nicht lügen muss, aber auch nicht die Gefahr besteht, dass der Junge, mit dem ich Blickkontakt hatte bald nicht mehr lebt. Die Drohungen von meinen Brüdern sollte man wirklich ernst nehmen, denn sie machen sie wirklich wahr. „Er-", beginne ich halte abet dann inne. Verflucht nochmal, was kann ich denn jetzt sagen? „Ich kann dir später alle Informationen geben!", schaltet sich Blake dazwischen. Mit einem Herzklopfen, was man wahrscheinlich nicht mehr messen kann, schellt mein Blick zu ihm. Ich dachte er wäre auf meiner Seite? „In Ordnung, aber ich möchte sie möglichst bald haben! Nicht, dass sich dieses Schwein noch vom Acker macht, bevor der Spaß überhaupt begonnen hat!", zischt Leonardo als Antwort. Stumm nickt mein ältester Bruder. „Na dann ist ja fürs erste alles geklärt!", erwidert er nun freundlich. Für ihn vielleicht, aber nicht für mich. Immer noch panisch versuche ich Blickkontakt zu Blake herzustellen. Dieser Blockt ihn aber jedesmal ab. Erst nach einiger Zeit erwidert er mein Blick mit einem Augenzwinkern, was mich durchatmen lässt. Er hilft mir tatsächlich und steht auf meiner Seite. Ein paar Sekunden herrscht wieder eine Stille. Niemand der streitet, niemand der weint, niemand der redet. Einfach Stille.
„Wo ist Valentino?",fällt es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Durch die Tatsache, dass ich fast wie ein Wanderpokal weitergereicht worden bin und schließlich fast erdrückt wurde, habe ich den Hauptgrund für mein Auftreten hier vergessen. Statt ihm zu erklären, dass ich nicht sauer auf ihn bin oder sogar Angst habe, bin ich immer noch hier in den Armen meines Vaters gefangen und habe ihn einfach vergessen. Verwirrt gucken sich die anderen um. „Also bis vor kurzen war er noch hier!", erklärt mir Santiago. Leider hilft mir diese Aussage kein Stück weiter, denn ich brauche ihn jetzt. Er braucht mich jetzt. „Ich gucke ihn den Wohnmobilen nach! Ihr könnt euch schon einmal auf die Suche machen!", weißt unsere Mutter uns an. Sie versteht genau, warum es mir gerade jetzt so wichtig ist mit meinem Lieblingsbruder zu reden und behält währenddessen noch einen klaren Kopf. Ich bewundere sie dafür sehr.
In zwei Gruppen aufgeteilt machen wir uns in der näheren Umgebung auf die Suche nach meinem Bruder. Weit kann er noch nicht sein, wenn er vor kurzem noch hier war.
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Nur der Wille zählt
AdventureKurz nach ihrem zehnten Geburtstag beschließt Amelia Lucia Hernández endlich erwachsen zu werden. Sie möchte ihre eigenen Entscheidungen treffen können und endlich selbstständig werden. Dabei gibt es nur leider ein Problem: Ihre Familie darf davon a...