Kapitel 42

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Sweet Dreams- Eurythmics
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„Ich gehe dann mal wieder! Ich hoffe dich in der nächsten Zeit nicht wieder bewusstlos oder verletzt wiederzusehen, Amelia!", predigt mir Martin. „Ich gebe mein bestes!", lache ich. Mal gucken wie lange ich ohne Verletzung oder Unfall schaffe. Zusammen mit meinen Eltern verlässt Martin mein Zimmer und nun bin ich mit all meinen sieben Brüdern in meinem Zimmer. Diese stehen in einem Halbkreis mit verschränkten Armen vor mir. Ich Blicke durchbohren förmlich meine Haut. Ich will gerade erfragen, ob sie nichts anderes zutun haben, als mich in meinem Bett zu beobachten, als mir Valentino plötzlich eine Frage stellt mit der ich nicht gerechnet habe. „Was ist im Waschraum des Restaurants passiert?". Mit großen Augen starre ich ihn an. Das alle nicht begeistert sein werde ist schon einmal vorprogrammiert...
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Amelia

Na toll, warum müssen jetzt ausgerechnet meine Eltern nicht da sein? Sekunden vergehen in denen keiner was sagt. Eine Stille herrscht, die mich immer mehr zum zweifeln bringt. Die Wahrheit werden sie so oder so herausfinden, dass ist klar. Ich habe allerdings Angst, dass sie mich dann noch mehr beschützen lassen. In letzter Zeit ist ja so einiges passiert und davon zurückschrecken mich noch mehr von der Außenwelt abzutrennen um mich zu beschützen, werden sie definitiv nicht. Dabei ist es ja eigentlich mein Ziel, selbstständiger zu werden. Meine eigenen Entscheidungen treffen zu können, ohne jemanden um Erlaubnis zu bitten und vor allem nicht mehr so abhängig zu sein. Egal wo ich hingehe, momentan muss ich teilweise sogar bis zu vier Sicherheitsmänner mitnehmen. Nur für mich. Aus meiner Sicht ist das viel zu übertrieben. Wenn es aber nach meiner Familie gehen würde, würden sie mindestens das Doppelte verordnen. Davon konnte ich ihnen zum Glück noch in letzter Sekunde abraten. Am liebsten würde ich zuerst mit meinen Eltern besprechen was wir meinen Brüdern sagen, denn schließlich waren sie am Ende dabei und können ihre Ideen notfalls noch stoppen, bevor sie überhaupt weitergegeben werden. Anscheinend habe ich mir viel zu lange darüber Gedanken gemacht, denn ein Räuspern holt mich zurück in die Realität. Fragend blicke ich sie an. „Wir haben dich bereits mehrmals angesprochen, allerdings hast du nicht reagiert! Wo warst du denn mit deinen Gedanken?", fragt Blake mich einfühlsam. Währenddessen setzt er sich an den Rand meines Bettes, zieht mich zu sich rüber und schlingt seine Arme um mich, sodass ich mich an ihn lehnen kann. „Das ist nicht so wichtig...", murmle ich. Wenn ich ihnen jetzt sagen würde, an was ich gedacht habe, dann bringe ich sie vielleicht auch noch auf Ideen. Ideen, auf die ich sehr gut verzichten kann. „Na dann kannst du uns jetzt ja sagen was im Restaurant passiert ist. Ich weiß nur, dass du mit den anderen beiden auf Toilette gehen wolltest, allerdings habe ich nicht damit gerechnet dich bewusstlos wiederzubekommen. Dann hätte ich mir das nämlich dreifach überlegt, dich einfach so gehen zu lassen. Mom und Dad wollten uns auch nicht sagen, was es mit den beiden Jungs auf sich hat!", beschwert mein jüngster Bruder sich.

„Das stimmt, denn wir waren selbst nur am Ende dabei. Allerdings haben wir von Markus und Juan eine Zusammenfassung gesagt bekommen. Sophie und Lina waren nämlich nachdem du umgekippt bist ziemlich aufgelöst!", ertönt plötzlich die Stimme meiner Mom. Unsere Blicke schellen sofort zu der Stelle, wo die Stimme herkommt. Am Türrahmen steht sowohl meine Mutter, als auch mein Vater. „Wir würden aber gerne noch deine Version hören, Prinzessin", fügt mein Vater noch hinzu. Damit liegen wieder alle Blicke auf mir. Na super! Können sie nicht einfach die Zusammenfassung von Sophie und Lina erzählen? Tief atme ich einmal aus und ein, ehe ich anfange zu sprechen: „ als wir gerade unsere Hände am waschen waren, traten plötzlich diese beiden Jungs ein. Sie fragten uns nach unserem Alter und als wir ihnen das nicht sagen wollten, meinten sie plötzlich, dass sie es wissen müssen wegen irgendeiner Heirat. In ihrer Kultur ist es irgendwie üblich schon so früh zu heiraten, weshalb sie sich ranhalten müssen. Dann haben sie uns ,als es uns zu blöd wurde, gegen unseren Willen festgehalten und versucht nach draußen zu verschleppen. Hat nicht ganz geklappt! und dann wart ihr auch schon da...", beende ich meine Erzählung zum Ende hin an meine Eltern gerichtet. Ich habe zwar ein paar Sachen weggelassen, aber immerhin ist es nicht gelogen. Während meinen Brüdern fast die Augen aus den Köpfen fallen, nicken meine Eltern nur. Bevor Santiago aber auch nur anfangen kann zu sprechen, ertönt auch schon die Stimme meines Vaters. Inzwischen stehen sie auch nicht mehr am Türrahmen, sondern haben sich an unseren Halbkreis angeschlossen. „Das haben Lina und Sophie anscheinend auch gesagt, allerdings erzählten sie, dass auch etwas noch bevor ihr auf Toilette gegangen seit passiert ist.", erklärt mein Dad. Er guckt mich eindringlich an und ich muss langsam sagen, dass diese Blicke anfangen zu brennen. „Stimmt! du hast dich am Eingang auch ein bisschen seltsam verhalten! Was hatte es damit auf sich, Engel?", fragt Blake nun. Seinen Kopf hat er auf meiner Schulter abgelegt, sodass ich ihn jetzt mit meinem rechten Auge leicht erkennen kann. Ich muss laut schlucken. Diese Situation habe ich versucht zu verdrängen und es auch bis eben erfolgreich geschafft. Unsicher gucke ich zu Valentino. Er strahlt von meinen Brüdern immer die meiste Ruhe aus. Als er meinen hilfesuchenden Blick erkennt, nickt er mir kaum merklichen ,aufmunternd zu. Wenn ich daran denke, wie meine Familie auf diesen Teil reagieren wird, wünschte ich mir wieder bewusstlos zu sein. Dort hat mich keiner in ein Verhör genommen, noch mit den Blicken förmlich durchbohrt.

Als ich merke, dass ich jetzt nicht mehr drum rum reden kann, packe ich aus. „Also eigentlich war ja am Anfang alles ganz gut, bis ich plötzlich einen durchdringenden Blick auf mir gemerkt habe. Als ich diesen Blick folgte, sah ich, dass er von dem jüngeren Jungen stammt. Er sah mir von Anfang an nicht sonderlich sympathisch aus, weshalb ich unsicher wurde. Als wir dann zu den anderen gegangen sind, hat er mir beim vorbeigehen auf den Po geschlagen. Mein Blick hat die Brüder nicht interessiert, stattdessen hat der jüngere mit dem älteren eingeschlagen. Das wars eigentlich...", flüstere ich am Ende. Mehr ist ja auch wirklich nicht passiert, aber das reicht meinen Brüdern anscheinend um nur so vor Wut zu brodeln.

Fernando

Mit so etwas hatte ich schon gerechnet, weil Sophie und Lina schließlich das selbe behauptet haben. Es dann aber nochmal aus dem Mund seiner eigenen Tochter zu hören, macht einen noch wütender als zuvor. Meine Söhne sehen das anscheinend genauso, allerdings sind diese außer sich vor Wut. Als ich das Gefühl habe, dass mein ältester sie fast mit seinen Armen erdrücken wird, eile ich ihr zu Hilfe und nehme sie stattdessen in meine Arme. Es dauert auch nur ein paar Sekunden, als die erste Träne ihr Auge verlässt um anschließend auf mein Hemd zu fallen. Beruhigend streiche ich ihr immer wieder über den Rücken, bis sie irgendwann in einem ruhigen Rhythmus zu atmen beginnt und mir somit vermittelt, dass sie eingeschlafen ist. Vorsichtig lege ich sie zurück in ihr Bett und decke sie zu. Dann blicke ich zu den anderen. Schmerzlich blicken meine Söhne zu ihrer kleinen und schlafenden Schwester. „Wo sind die beiden jetzt?", fragt mein jüngster schweratmend mit Tränen in den Augen. Mit dieser Frage habe ich schon gerechnet. Sobald jemand Amelia verletzt, sehen sie rot.

„Die beiden und ihre Eltern sind in Lagerhalle 6! ich treffe mich jetzt mit Markus und Juan dort und dann gucken wir mal, was mit ihnen passiert.", erkläre ich ruhig auch wenn ich das alles andere als bin. „Ich komme mit!", bestimmt Matteo. „Ich auch!", schließt sich Leonardo an. „Ich komme auch mit!", fügt Alejandro hinzu. So geht es weiter, bis alle meine Söhne bekannt gegeben habe, dass sie mitkommen wollen. Tief atme ich einmal aus und einmal ein, ehe ich zu sprechen beginne: „Ich kommt nur mit, wenn ihr euch zusammenreißt! ich habe keine Lust darauf mich um vier Leichen kümmern zu müssen!", stelle ich klar. „Keine Sorge, dass wäre viel zu harmlos für das was sie gemacht haben!", zischt Luciano. Ich schenke drauf meiner Frau nur einen bereuenden Blick zu, welchen sich mit einem Kichern und Schulterzucken erwidert. Na dann mal los...

Nur der Wille zähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt