Kapitel 2

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Da war sie, die Polizeiwache. Mein Vater hatte vor wenigen Sekunden auf seinem beschrifteten Parkplatz geparkt. Hier würde ich von nun an meine nächsten sechs Wochen verbringen, abgesehen vom Wochenende. Gott sei Dank.

Meinem Vater folgend betrat ich die Wache. Aus dem Augenwinkel sah ich rechts von mir einen blonden Jungen auf den Stühlen mit Handschellen um sein Handgelenk herum vor der Rezeption am Empfang sitzen.

Er bemerkte meinen starrenden Blick und schaute mich ebenfalls an. Plötzlich wurde er von einem der Polizisten am Arm gepackt, hochgezogen und nach hinten gebracht. Ich vermutete, dass sie ihn in einen der Verhör Räume brachten.

Sein blondes Haar lag perfekt nach hinten gerichtet. Sein schwarzes Shirt ließ wie einen Schatten sein makelloses Gesicht hervorscheinen. Durch die nach hinten gefesselten Arme kamen seine Muskeln ebenfalls zum Vorschein.

,,Jens wird dir deine Aufgabe zeigen. Ich muss mich eben um etwas kümmern'' riss mich mein Vater aus den Gedanken. Ich nickte ihm nur zu und sah, wie er in dieselbe Richtung wie der Polizist mit dem Blondschopf lief.

,,Mach dir aus dem Knaben nichts, den wirst du noch öfters hier sehen. Ist wie ein Stammgast in einer Kneipe'' hört eich Jens scherzen. Ich drehte mich zu ihm und und hielt ihm meine Hand hin, zum üblichen Handschlag, den wir uns immer gaben, wie beste Freunde.

,,Freut mich dich zu sehen'' entgegnete ich ihm.
,,Mittlerweile etwas her, Kumpel'' sagte er, was stimmte. Das letzte Mal war ich tatsächlich vor zwei Jahren hier. Mit 16 Jahren, bevor mein Vater mir endlich einen Teil meiner Freiheit zurückgegeben hatte.

,,Hast du mich vermisst?'' neckte ich ihn grinsend, während ich ihm in den Nebenraum folgte, wo schon förmlich 100 Akten gestapelt auf dem riesigen Tisch lagen. Mit einem zur Seite gelegtem Kopf starrte ich ihn an.
,,Ich weiß, eine Drecksaufgabe'' sagte er.
,,Aber wenigstens muss ich die jetzt nicht mehr machen'' klopfte er mir lachend auf die Schulter.

,,Dein Vater will es erstmal langsam angehen, damit du dich hier gut einfindest. Momentan nehmen die Akten wie ein Haufen Kakerlaken zu, wodurch wir eine helfende Hand gut gebrauchen könnten, um sie zu erweitern'' erzählte er.

Ich fuhr mir durch die Haare und nickte.
,,Dann würde ich mal sagen, fange ich langsam an.''
Nachdem Jens mir kurz und knapp erklärt hatte, was meine Aufgabe genau war, verließ er den Raum.

Ich stand vor dem Haufen Akten und versuchte mir erst einmal einen Überblick zu verschaffen.
Alle Akten die sich auf dem Tisch befanden waren voller als voll. Sie mussten erweitert werden, was hieß, dass ich für jeden Ordner einen zweiten anlegen und Kennzeichen musste. Dazu aus dem alten Ordner alle Aktivitäten der letzten drei Monate in den neuen umheften.

Eigentlich eine sehr einfach Aufgabe, wären es nur nicht so viele. Das würde mit Sicherheit den ganzen Tag lang dauern, aber das war vermutlich auch der Grund, wieso es erst überhaupt so viele waren. Womöglich gleichzeitig eine Art Bestrafung von meinem Vater für das Tattoo.

Es waren erst 10 Minuten vergangen, die ich begonnen hatte, als ich lautere Stimmen wahrnahm. Ich legte die Akte, an der ich gerade arbeitete, zur Seite und lief zur Türe, die ich direkt am Empfang bei Jens stehen ließ.

,,Lass dich davon nicht irritieren'' entgegnete mir Jens, während er ebenfalls etwas Papierkram zu machen schien. Plötzlich bemerkte ich, dass eine dieser Stimmen die meines Vaters war.
Ich schaute zum Ende des Ganges, wo sich eine der Türen öffnete und der Blonde herauskam, gefolgt von einem Polizisten und meinem Vater.

Erst nachdem sie vor und nicht mehr hinter dem Empfang gestanden hatten, wurden ihm die Handschellen abgenommen.
,,Ich will dich hier nicht mehr sehen, hast du das verstanden?'' entgegnete mein Vater ihm lautstark.
,,Hör ich nicht zum ersten Mal, big boss'' zwinkerte dieser ihm zu, ehe er für eine Sekunde zu mir geschaut hatte und durch die Türe verschwand.

Nun schaute mein Vater in meine Richtung.
,,Hast du nichts zu tun?'' entgegnete er mir und lief an uns vorbei.
,,Nimms dir nicht zu Herzen. Er ist immer sehr gereizt, wenn der Bursche hier ist'' klärte mich Jens auf.

,,Wer ist er?'' fragte ich ihn.
,,Ich darf dir leider keine Auskunft über ihn geben'' entgegnete er.
,,Stimmt, tut mir leid'' antwortete ich und widmete mich wieder den Akten.

Drei Stunden waren bereits vergangen, die ich dort an diesen Akten hockte und hatte erst die Hälfte fertig. Es war doch mehr Arbeit, als ich zunächst angenommen hatte. Aber ich war ja noch gute drei weitere Stunden hier.

Als ich die nächste Akte in die Hand nahm, fiel eines der Blätter daraus. Diese Akte war mit Abstand die bisher größte von allen. Die meisten Blätter lagen nur noch lose darin. Ich hob das Blatt auf auf dem ein Bild abgebildet war. Sofort realisierte ich, dass es der Blonde von heute Morgen war.

Mir wurde ausdrücklich verboten auch nur ansatzweise zu lesen, was in den Akten stand und bisher hatte es mich auch nicht interessiert, bei dieser tat es das aber schon. Ich wollte wissen, wer er war. Er schien hier nämlich wohl schon sehr vertraut gewesen zu sein und seine überfüllte Akte schien mir sehr verlockend.


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So etwas Ähnliches wie George dort mit den Akten machen muss, musste ich wirklich. Nur waren es vier volle Schränke, gefüllt mit Akten. Glaubt mir, es ist mehr Arbeit, als man denkt...😂



Rebel Heart [ 1+2 Teil ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt