Einige Tage später saß sie mit Severus im Lehrkräftezimmer und korrigierte Arithmantik-Aufsätze. Filch reparierte währenddessen einen der Stühle, der tags zuvor kaputt ging, als sich auf ihn gesetzt hatte. Nach gut dreißig Minuten des Schweigens unterbrach Amina dieses. „Wir sollten deine Verbände noch mal wechseln.", stellte sie fest und sah Severus an. „In Ordnung.", stimmte er ihr zu. Er hatte sich wegen des verbundenen Beines einen anderen, ebenfalls schwarzen, bodenlangen Umhang angezogen. So bräuchte er keine Hose, die ihm womöglich seine Verbände verrutschte.
„Mr. Filch. Sie werden mir assistieren." Amina sah zu dem Hausmeister, welcher sogleich hergeeilt kam und ihr die Verbände und die Salbe abnahm. Sie kniete sich vor ihren Patienten. Er hatte sein Umhang schon über sein Knie gezogen. Amina löste den alten Verband. „Die Wunde blutet nicht mehr so schlimm, hat aber immer noch Wundwasser.", informierte sie ihn, als sie auf die Bisswunde blickte. Sie betastete die Haut außen rum vorsichtig, um mögliche Schwellungen zu erkennen. Severus zog scharf die Luft ein. „War das der Kerberos im dritten Stock?", fragte Filch entgeistert. Severus nickte und verzog dabei keine Miene. „Hatten Sie nicht ausweichen können?", fragte der Hausmeister weiter.
Dann platzte es aus Severus raus: „Verdammtes Biest. Wie soll man eigentlich auf alle drei Köpfe gleichzeitig achten?(10) Amina...", er unterbrach seine Schimpftirade und wandte seinen Kopf in Richtung Tür. „Potter!(10)" Er ließ den Umhang los. Amina stand auf und trat zurück. Severus sah wütend aus. Sie sah zu dem Jungen. Er wirkte verunsichert. Sie hatte ihn vor lauter Konzentration gar nicht bemerkt. Potter fragte Severus nach irgendeinem Buch, doch Severus schickte ihn raus aus dem Lehrkräftezimmer, ohne auf seine Frage einzugehen. Der Junge verschwand so schnell, wie er gekommen war.
Amina kniete sich wieder hin und schob, ohne ein Wort zu verlieren, den Umhang wieder nach oben. „Mr. Filch. Die Salbe." Sie streckte die Hand in Richtung des Hausmeisters aus, dieser reichte sie ihr ungeschickt. „Kommst du morgen eigentlich zum Quidditch-Spiel?", fragte Severus sie möglichst desinteressiert klingend. Schließlich waren sie nicht allein. Amina schüttelte den Kopf. „Ich habe mich schon ein ganzes Jahr vor diesen Spielen gedrückt. Ich habe nicht vor, jetzt anzufangen, meine Zeit damit zu verschwenden." „Ein hartes Urteil. Es spielt Gryffindor gegen Slytherin. Es wird ein gutes Spiel.", mischte sich Filch mit ein. „Ein Ballsport bleibt ein Ballsport. Egal, wer gegen wen wann spielt.", antwortete sie und gab ihm die Salbe zurück. Er reichte ihr den Verband.
„Du magst keinen Ballsport?", fragte Severus. Sie hatten sich noch nie über ihre Abneigung gegen Ballsportarten unterhalten. Kein Wunder also, dass er sie nicht kannte. „Genau. Ich mag sie nicht. Sei das jetzt ein Muggelsport, wie Fußball oder Basketball oder ein Zauberersport, wie Quidditch oder Quodpot. Solange mindestens ein Ball in Spiel ist, bleibe ich davon fern.", erklärte sie und zog den Verband an, was Severus ein schmerzhaftes Stöhnen entlockte. „Entschuldigung." Sie lockerte den Verband wieder etwas. Sie war nicht gut auf Ballsport zu sprechen. Sie hatte in ihrem vierten Jahr in Hogwarts einen Klatscher an die Schulter bekommen. Diese waren bekanntlich aus Metall und es hatte Wochen gedauert, bis sie ihre Schulter wieder richtig benutzen konnte.
Als sie diesen Vorfall ihren Eltern erzählte, hatten die sie aufgefordert, mit ihnen ausweichen zu trainieren. Was darin endete, dass sie überall blaue Flecken und Prellungen von verschiedenen Bällen und Flüchen hatte. Sie hatte ihre Eltern dafür gehasst. Noch heute zuckte sie zusammen, wenn ihr oder jemand anderem ein Ball zu nahe kam. Es war die reinste Folter für sie ein Quidditch-Spiel zu sehen. Es war nicht so, dass sie Angst vor ihnen hatte, aber sie assoziierte sie mit Schmerzen und wenn sie dies vermeiden konnte, indem sie nicht zu einem Quidditch-Spiel ging, dann tat sie dies ohne schlechtes Gewissen.
Severus schien zu merken, dass da mehr hinter dieser Abneigung steckte, denn er fragte sie erst danach, als sie am Abend allein auf seinem Sofa lagen. Amina hatte ihren Kopf wieder gemütlich in seinen Schoß gelegt. „Warum magst du keine Ballsportarten?", fragte er sie und strich mit seiner Hand durch ihr Haar. Sie erzählt ihm von ihren Eltern und dem Ausweichtraining. „Ich habe es so sehr im Kopf, dass Bälle Schmerzen verursachen. Ich kann es nicht genießen, dabei zuzusehen." Sie schloss einen Moment ihre Augen. Severus strich ihre Narbe entlang. Amina genoss seine Berührung und seufzte wohlig auf. „Dann werde ich morgen allein auf Potter und Quirinus aufpassen. Warum hast du Potter vorhin eigentlich nicht bemerkt? Sonst spürst du doch schon aus einiger Entfernung, wenn sich jemand nähert." In seiner Stimme klang Besorgnis mit. Amina antwortete, ohne ihre Augen zu öffnen: „Ich war auf dein Bein konzentriert und war unachtsam. Was war das eigentlich mit dem Buch?" Sie öffnete ihr sehendes Auge und schaute ihn an.
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Die Alchemistin - Bis in den Tod
FanfictionSie kam nach Hogwarts, um ihren Urgroßvater zu finden und sie blieb, um zu kämpfen. Amina Tahnea, Meisterin der Alchemie und Arithmantik, geborene Legilimentorin und ehemalige Lehrling des Ehepaars Flamel, wollte nichts weiter als eine Lehrstelle in...