12| Wieder zurück zum Anfang

328 10 1
                                    

__________________________________
| Terrified - Childish Gambino und Again - Noah Cyrus, XXXTENTACION|
__________________________________

Schreckhaft haute ich meinen Laptop zu und drehte mich ertappt um. Natürlich stand niemand geringeres als Leonardo Collins hinter mir mit einem wissenden Grinsen im Gesicht. „Wenn du dir heimlich Fotos von mir anschauen möchtest, dann ist eine öffentliche Bibliothek eventuell nicht der beste Ort dafür.". Lässig lehnte er sich an die Wand und hatte seine Hände in den Hosentaschen vergruben. Er trug ein weißes Hemd mit einer grauen Anzugshose. Das weiße Hemd war etwas zerknittert und seine Haare waren unordentlich. Auch, wenn die schlecht beleuchtete Bib vieles verstecken ließ, konnte ich deutlich die müden Augen hinter Leonardos Grinsen erkennen. Wahrscheinlich hatte er einen äußerst anstrengenden Tag.

„Du bist so grandios, dass ich deine Fotos jederzeit überall anschauen könnte.", sagte ich ironisch und lächelte leicht. „Ich fühle mich geschmeichelt, aber auch etwas beunruhigt. Sollte ich mir Sorgen machen?", fragte er lachend. Eifrig nickte ich „Unbedingt! Pass auf vielleicht entwickele ich mich noch zur Stalkerin. Sei besser auf der Hut", „Ok, vielen Dank für die Vorwarnung", antwortete er belustigt und ging wieder. Ich würde es niemals laut zugeben, aber ich hatte gehofft, er würde noch etwas bei mir bleiben.

Als ich meinen Laptop wieder öffnen wollte, kam Leonardo plötzlich zurück und setzte sich mit seinen Sachen an meinen Tisch. Er ist doch nicht gegangen. „Wieso bist du eigentlich hier? Werden dir deine Bücher nicht mehr aufs Zimmer geliefert?", fragte er sarkastisch. „Ich kann mich zuhause nicht konzentrieren. Und da deine Klausur ja so schwer sein wird, brauchte ich einen ruhigen Ort zum Lernen.", erwiderte ich wahrheitsgemäß. Er blickte mich kurz an und schien zu überlegen. „Dann will ich dich nicht weiter stören", er stand auf, doch ich griff reflexartig nach seinem Arm. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und mir fehlten die Worte. Wieso habe ich das gerade getan? Wie als hätte ich mich verbrannt, ließ ich seinen Arm wieder los und entschuldigte mich. „Wenn du magst, kannst du hier bleiben. Ich bin eigentlich sowieso fast fertig mit Lernen", ich versuchte entspannt zu klingen, im Gegensatz zu meinem unruhigen Herz, welches dermaßen stark am pochen war. Nun fielen mir die Worte von vorhin ein als ich mich Stalkerin genannt hatte und wie komisch diese Handlung gerade gewesen sein muss. Um nicht wie eine Verrückte zu wirken, fügte ich noch rasch hinzu, dass ich ihn jedoch nicht aufhalten wollte, falls er bereits beschäftigt war. Dabei versuchte ich irgendwelche Emotionen in Leonardos Gesicht ausfindig zu machen, aber er hatte ein Pokerface aufgesetzt. Zu meiner Erleichterung setzte er sich wieder auf den Stuhl und erst jetzt bemerkte ich wie klein der Einzeltisch tatsächlich war.

„Da du ja fertig bist mit Lernen, kannst du mir mit der Korrektur dieser Klausuren aus vorherigen Semestern helfen. Das würde sicherlich eine gute Übung für dich sein.", schlug er vor, doch sein Ton ließ keine Widerrede zu. Ich beschwerte mich aber auch nicht, da er Recht hatte. Leonardo stellte den Stapel an Klausuren in die Mitte des Tisches und fing an zu korrigieren. Als er merkte, dass ich noch nicht begonnen hatte fragte er, ob ich das Lösungsblatt benötigte. „Nein, natürlich nicht", entgegnete ich selbstbewusst und nahm eine Klausur. Dachte er etwa immer noch, dass ich mir meine Noten nicht selbst erarbeitet hatte? Zielstrebig so viele Klausuren wie möglich zu korrigieren, startete ich zu arbeiten.

Ich wusste nicht wie lange wir dort saßen, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit und gleichzeitig kurz an. Mittlerweile war es aber dunkel draußen und mein Körper fühlte sich angespannt an vom langen Sitzen. Ich knackte meinen Nacken und warf einen Blick auf den Stapel. Nur noch wenige Klausuren waren übrig, weshalb ich Leonardo noch zu Ende helfen wollte. Außerdem wollte ich auch nicht zu früh nachhause und würde jede Ablenkung dankend annehmen. Also griff ich zur nächsten Klausur, doch Leonardo hatte anscheinend die selbe Idee und unsere Hände berührten sich. Ich hielt die Luft an und zog meine Hand flink wieder zurück. Mental gab ich mir einen Facepalm. Man, ich verhielt mich wie ein scheues Reh. Was war heute nur los mit mir? Nervös schaute ich nach oben und traf auf Leonardos undefinierbaren Augen. Seine Hand lag immer noch auf der Klausur, doch er bewegte sich nicht.

Avoiding Professor Collins (Student/Teacher Relationship)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt