31. Dankbar

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„Halt dich von mir fern mit deiner Psycho Scheiße! Hau ab!" fauchte ich sie an und warf ihr einen drohenden Blick zu. Danach drehte ich Sarina den Rücken zu, wischte mir meine Haare aus dem Gesicht und rannte einfach los. Quer über den Parkplatz hinweg bis zur Straße. Ich hielt nicht an, egal, unter welchen Schmerzen ich litt. Komplett außer Atem landete ich auf irgendeiner Hauptstraße, kurz vor der Altstadt.

In diesem Moment war mir alles sowas von egal. Mit meinem weißen, schlapprigen Oberteil und meiner grauen, flauschigen Jogginghose, rettete ich mich auf den Bürgersteig und stürzte auf die Knie. Vielleicht hätte ich mich schlau machen sollen, wo ich überhaupt lang musste, um nach Hause zu kommen.

Meine Hand war mittlerweile komplett schwarz und ich spürte nichts mehr. Alles tat so unfassbar weh. Von diesem ganzen Schmerz schossen mir Tränen in die Augen, die ich nicht zurückhalten konnte. Mit nass geweinten Wangen versuchte ich, meinen schwachen Körper zu tragen und aufzustehen.

Todmüde und total schlapp, sank ich zurück auf den Boden. Was, wenn das alles doch kein Scherz war? Was, wenn ich wirklich kurz davor war, zu sterben, ohne dass ich es so wirklich wusste? Nach diesem Gedanke lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Warum lief ich vor der einzigen Hilfe davon? Ich konnte es selbst nicht verstehen.

Zum zehnten Mal versuchte ich mich aufzurappeln und weiterzugehen. Meine Beine zitterten vor sich hin, und meine durchgehenden Rückenschmerzen machten es mir nicht gerade einfacher voran zu kommen. Mitten auf der Straße stoppte ich und schaute mich plötzlich panisch um.

Tausende von Menschen zogen an mir vorbei, und jeder Kontakt griff meinen Körper immer mehr an. Nach einer Weile starrte ich nur noch geradeaus ins Nichts. Das grelle Licht der Straßenlaternen, der Autos und andere Dinge brannte mir in den Augen. Ich nahm kaum noch Geräusche, um mich herum wahr. Nicht mal mehr das Hupen von den Autos, die hinter mir standen und darauf warteten, weiter zu fahren. Ich sah auch nicht die skeptischen Blicke der Menschen, die an mir vorbei gingen. Ich spürte nur, wie sie mich durchbohrten.

Und dann war es endgültig vorbei. Ein starkes Stechen überflog meinen ganzen Körper und beförderte mich wieder zu Boden. Es fühlte sich an wie ein Krampf im ganzen Körper. Allerdings wurde es nicht schwarz um mich herum, sondern alles wirkte verschwommen und grell. Hatte ich nun alles verloren? War jede Hilfe jetzt noch zu spät? Nein.

Jemand packte mich unter den Armen und zog mich auf die Beine. Wer es gewesen war, wusste ich nicht. Nach diesem Moment schaltete sich alles ab. Ich war taub, bekam keinen einzigen Hilferuf mehr aus mir heraus und ich konnte nicht wahrnehmen, was passierte. Alles war und blieb verschwommen...

Es war hell. Warm und zugleich eisig kalt. Als ich langsam ein Auge nach dem anderen öffnete, und an eine weiße Decke schaute, blieb mein Kopf leer. Keine einzige Frage, die ich mir stellte. Eine Person beugte sich über mich hinüber und verharrte so. Ich blinzelt ein paarmal und betrachtete schließlich das besorgte Gesicht von Doktor Clarkson.

„Mark?" kam ganz leise und heiser aus meinem Mund. Eine zweite Person tauchte in meinem Sichtfeld auf. Sarina. Meine Augen fielen wieder zu, und ich atmete erleichtert durch. Ich war dankbar. Unendlich dankbar. Dass ich noch am Leben war.

Sarina hatte recht gehabt das hier war meine letzte Hoffnung. Und ich? Wollte nicht zuhören. „Ich nehme an, du weißt wo du bist richtig?" fragte mich Sarina. Ich öffnete ein Auge und nickte ihr geschwächt zu. Ein zartes Lächeln, überflog ihr Gesicht. Ihre Hand wanderte zu meinem Gesicht und ein Finger strich über meine Wange.

Merkwürdigerweise beruhigte mich dies ein bisschen. Tatsächlich lag ich die nächsten Tage halb im Koma. Nicht ansprechbar und verträumt ohne Ende. Schlaf holte ich definitiv nach, und es tat Verdammt gut.

Freitag Morgen ging es mir zum aller ersten Mal seit langem wieder gut. Die Schmerzen wurden weniger, meine Haut fühlte sich gesünder an und meine Augen schwellten ab. Es klopfte an meiner Zimmertür und Sarina spähte um die Ecke. „Hast du dich mittlerweile daran gewöhnt, dass dir eine Hand fehlt?" Kam von ihr.

Und nein, es war ungewohnt, ohne eine linke Hand zu leben. Aber hätten die Ärzte sie nicht amputiert, hätte es sich verbreitet und weitere Körperteile wären betroffen gewesen. Also war ich schon ganz froh, dass es so passiert war. Ich biss mir auf der Unterlippe herum und starrte den Boden an. Sarina kicherte leise.

Expire - Kampf gegen den TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt