28. Psyisch gestört

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Ich zuckte mit den Schultern und blieb stumm. Sie führte mich zu einem runden Tisch mit gemütlichen Sitzbänken und legte das Gebäck auf einem Teller auf den Tisch. „Iss ruhig, hab ich hier im Café gekauft und ist auch nicht vergiftet" sagte sie mit einem noch breiteren Grinsen als vorher.

Ein unsicheres Lächeln huschte über meine Lippen. Wer war sie? Und warum tauchte sie immer so plötzlich in meiner Nähe auf? Tummelte es durch meinen Kopf. „Mir fällt gerade auf, dass ich mich noch gar nicht vorgestellt habe. Ich bin Sarina". Für einen Moment hielt ich inne und ließ mir den Namen förmlich auf der Zunge zergehen.

„Klingt doch hübsch" „Ich weiß" fügte Sarina stolz hinzu und pickte ein Stück vom Bagel auf. Sie tunkte es in die Erdbeermarmelade und verschlang es anschließend wie ein ausgehungerter Hund. „Hast du gar kein Hunger?" „Nein" sagte ich schnell, bevor sie noch weiter sprechen konnte.

Sarina sah mich aus ihrem müden Augen unbeeindruckt an und griff zu einem weiteren Stück. Ich verstummte und schaute mich nur im Raum um. Ein kleiner Kiosk baute sich neben der Tür auf, und direkt gegenüber erstreckte sich schon die Sitzecke aus gemütlichen Bänken und Stühlen, die eher wie runde Sessel waren. An der langen Wand direkt rechts von mir hingen aneinandergereiht Bilder von Ärzten.

Mein Blick wanderte durch die Bilder und stoppte bei einem Bekannten Gesicht. Doktor Clarkson war darauf abgebildet, mit einer Auszeichnung in Goldschrift, direkt darunter.

„Sag bloß, du magst ihn?" hörte ich Sarina hinter mir sagen. Ich warf einen Blick über meine Schulter zu ihr und verzog meine Stirn. Wen meinte sie? Sarina seufzte, rückte ein Stück vor und sagte: „Doktor Clarkson". Ich schluckte etwas verwirrt. „Jetzt frag mich nicht, ob ich irgendwie Gedanken lesen kann. Ich kann nur vermuten, dass du dich gerade gefragt hast, wen ich meine. Aber die Antwort hast du ja nun" plapperte sie vor sich hin, ohne mich dabei anzusehen.

Stattdessen fesselte ihr Blick den letzten Bagel in ihre Hand. „Er ist sehr nett zu mir" kam von mir. „Aha" brummte Sarina nach einer Weile. „Warum fragst du? Kannst du ihn etwa nicht leiden?" „Ich kann generell keine Ärzte leiden, Jessie" antwortete sie in einer ernsten Tonlage und biss in ihren mit Marmelade, getränkten Bagel.

Ich fühlte mich unwohl, als sie meinen Namen mit in ihre Antwort eingebracht hatte. Sowas taten Leute selten bei einem Gespräch. „Beschäftige dich doch nicht unnötig mit den Ärzten in diesem Labor". Sarina blickte auf und schaute mir direkt in die Augen. Ihr Blick brannte fast schon in meinen Augen so fixiert sah sie mich an.

„Oh, das tue ich leider ziemlich oft. Judith der kleinen miesen Bitch würde ich gerne noch ihr zweites Auge rausreißen, so dass sie irgendwann endgültig blind aus dem Fenster in den Tod stürzt. Wo wir eben schon von Doktor Clarkson gesprochen haben. Ihm würde ich Arme und Beine abhaken und sie in Würfel zerstückelt. Die kann man dann schön in der Pfanne anbraten und zu einem Salat servieren" flüsterte Sarina mir zu und fing danach frech an zu kichern.

Ich konnte nicht erklären, warum mir ein kalter Schauer den Rücken herunterlief. Ohne weiter mit ihr zu reden, stand ich auf und bewegte mich zur Tür, während ich meinen starren Blick nicht von ihr abwandte. „Hallo? Was soll das denn jetzt?!" fauchte sie mir nach. Zügig riss ich die Tür auf und ließ sie hinter mir zu fallen.

Meine Beine bewegten sich immer schneller und schneller, bis ich in rannte. Ich bog nach rechts ab und stürmte in mein Zimmer. „Huch Jessie? Geht's dir gut?" sprach Doktor Clarkson mich etwas besorgt an. „Ja ja" keuchte ich und sprang ins Bett. Mein Gesicht war Kreidebleich, was ich im gegenüberliegenden Spiegel erkannte.

Damals sah ich nur so aus, wenn mir übel war. Anscheinend hatte sich dies geändert. Ich hatte Angst. Angst, weiter hier zu sein und Angst vor den Gestalten, die hier durch die Gänge und Räume schlichen mit ihren verstörenden Vorstellungen. „Sag bitte immer Bescheid, wenn du dich hier unwohl fühlst. Schließlich bist du nicht die einzige Patientin mit einer seltenen Krankheit" „Wer ist diese Sarina?" fragte ich und ignorierte, was er davor gesagt hatte.

„Sarina?" wiederholte er den Namen und tat so, als hätte er ihn noch nie zuvor gehört. Dabei wusste er zu 99,9 %, wer sie war. Er blieb stumm. Anscheinend sprach er nicht gerne über sie. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er zum Wort. „Sarina ist psychisch gestört. Sie trägt irgendeinen Virus in sich, der zu komischen Wahnvorstellungen führt. Sie ist zwar noch ein junges Kind, aber dennoch sollte man sie nicht unterschätzen. Wir hatten schon einige Probleme mit ihr, die ganz schön ausgeartet sind".

Expire - Kampf gegen den TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt